At The Grove - Infinity
De Mist Records (2023)
(11 Stücke, 53:54 Minuten Spielzeit)

Am 22.09.2023 veröffentlicht der aus Münster stammende Dennies Abstiens das dritte Album seines Ein-Mann-Instrumental-Post-Rock-Projektes At The Grove unter dem Titel „Infinity“. Bereits sein 2021’er Zweitling „… And All The Fear We Left Behind“ konnte überzeugen. Auf dem neuen Album legt er jetzt elf neue Stücke vor. Sämtliche Produktionsschritte von der Songkomposition über das Recording aller Instrumente bis hin zum Mixing und Mastering hat Dennies Abstiens im Alleingang realisiert. Dabei wirkt das Ergebnis homogen und klingt wie ein Bandprojekt.


Inspiriert ist Dennies Musik von Bands wie Russian Circles oder Long Distance Calling. So ist die Musik geprägt von ausgefeilten Drum-Rhythmen, kraftvollen Riffs sowie eingängigen Gitarrenmelodien. Treibende, energiegeladene Parts, die stellenweise Richtung Post-Metal tendieren, werden regelmäßig von atmosphärischen Ambient-Elementen unterbrochen, die dem Hörer Raum für Atempausen und Momente des Innehaltens ermöglichen.

Obwohl „Infinity“ ein Instrumentalalbum ist, erzählt es eine Geschichte, indem es treibende Drums und schwere Gitarren mit eingängigen Melodien und eindringlichen Klanglandschaften verbindet, um die innere Aufruhr, die Kämpfe und die Unsicherheit der Themen des Albums darzustellen.

Auch wenn die Hörer der Musik sich ihr eigenes Bild machen sollen, so beschreibt Dennies die Intention, die hinter dem Album steckt wie folgt: Während sich die Musik entfaltet, stellen die schweren Riffs und komplexen Drums die Fragen nach dem Konzept der Unendlichkeit, der Möglichkeit, eine erfüllende endliche Existenz zu führen und dem Zusammenhang zwischen Tod und ewiger Transformation dar. Im Verlauf dieser musikalischen Odyssee tauchen immer wieder mit Klaviermelodien und Ambient-Gitarren verwobene Momente der Ruhe auf, die Perspektiven der Selbstbeobachtung und Klarheit bieten. Hier betrachtet „Infinity“ den Tod als eine Form der Unendlichkeit, bei der unsere physischen Körper würdevoll zersetzt und eins werden mit dem Kreislauf des neuen Lebens, wodurch der zeitlose Tanz des Daseins fortwährt. Im Verlauf der musikalischen Odyssee erforscht „Infinity“ diese philosophischen Dilemmata mit unvorhersehbarer Abwechslung zwischen schweren und atmosphärischen Passagen und kommt letztendlich zu dem Schluss, dass die wahre Bedeutung des Lebens in einem selbst liegt.

Das Album legt nahe, dass die Unendlichkeit des Lebens nicht allein von der Kontinuität unseres physischen Seins abhängt, sondern vielmehr durch die Erinnerungen, die wir in anderen hinterlassen, sowie durch die Transformation unserer Atome in die Schaffung neuer Lebensformen erweitert wird.

Das Album startet mit dem 3:57minütigen Stück „The Call“, das mit einem Sample eines Telefonfreizeichens und dem Wählen einer Rufnummer mit einer Wählscheibe (kennt im Handyzeitalter ja kaum noch jemand) und dem folgenden Besetztzeichen beginnt. Dann setzt der druckvolle Postrock von At The Grove ein. Druckvolles Schlagwerk und treibende Gitarrenriffs bestimmen hier das Bild und entfalten sich zu einem melodischen Track.

Eine fette Basslinie eröffnet dann das 4:50minütige „In Search“. Darauf setzt Dennies dann herrliche Gitarrenlicks und wiederum ein treibendes Schlagzeug. Hier ist die Nähe zu Bands der Marke Long Distance Calling deutlich herauszuhören. Elektronischer beginnt dann das 4:40mionütige „Lost Soul“. Keyboardsounds und elektronische Effekte bringen eine ambiente Stimmung, auf die dann eine sanfte Pianoharmonie/-melodie gespielt wird. Das hat was Sehnsuchtsvolles und leicht Melancholisches. Nach gut 1:20 Minuten kommt ein Schlagzeugrhythmus auf, während die Effekte verwehen und sich nun ein sanfter Postrocktrack entwickelt. Das geht direkt unter die Haut und mündet in einem ekstatischen Schlusspart.

Hardrock-/Metalriffs starten dann in den 3:55minütiigen Track „The Fallen“ in dem Dennies fast schon stakkatoartig Riffs auf die Hörer loslässt. Einer der härteren Tracks des Albums. Danach wird es wieder etwas ruhiger und atmosphärischer im 7:03minütigen „Days Of Solitude“. Ein herrlicher Postrocktrack, bei dem Dennies mit der Dynamik und der Lautstärke spielt. Mit dem folgenden 4:40minütiogen „Dreamland“ hat er dann noch einen absolut fesselnden und hypnotischen Track auf dem Album. Auch die weiteren Stücke halten die hohe Qualität.

Mit „Infinity“ ist Dennies Abstiens, der unter dem Namen At The Grove seine Musik veröffentlicht, ein tolles Postrock-Album gelungen. Vor allem die Atmosphären, die er mit seiner Musik aufbaut, gehen teilweise unter die Haut. Es geht aber auch manchmal richtig ab. Wer Bands der Marke Long Distance Calling mag, der liegt hier absolut richtig.

Stephan Schelle, September 2023

   

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