Anyone’s Daughter – Piktors Verwandlungen
 

Anyone’s Daughter – Piktors Verwandlungen
insideout / spv (1981 / 2008)
(14 Stücke, 63:29 Minuten Spielzeit)

„Piktors Verwandlungen“ ist ein Konzeptalbum, das auf der Vertonung eines Liebesmärchens des deutschen Schriftstellers Herman Hesse beruht. Die Idee, zu einer Hermann Hesse-Geschichte eigene Musik zu schreiben, kam der süddeutschen Art- und Progrockband Ende der 70’er Jahre, quasi in ihrer Anfangszeit. Ähnlich wie Grobschnitt’s „Solar Music“ wandelte sich das Stück im Laufe der Zeit und wurde bei vielen Livekonzerten von Anyone’s Daughter gespielt und zum Höhepunkt jedes Gigs. Das Stück lebte von der Dynamik und der Spielfreude der Band. Doch bevor man sich entschloss das ambitionierte Werk zu veröffentlichen, kamen mit „Adonis“ und „Anyone’s Daughter“ zunächst zwei andere Alben heraus.


Mit dem Stück „Moria“ vom 80’er Album „Anyone’s Daughter“ konnten Harald Bareth (Sprache, Gesang, Bass), Uwe Karpa (Gitarre), Matthias Ulmer (Gesang, Tasteninstrumente) und Kono Konopik (Schlagzeug) zwar einen veritablen Hit in alternativen Charts wie der „WDR Schlagerrallye“ (die hatte aber nichts mit Schlagermusik zu tun) landen, die Band wird aber immer mit dem Album „Piktors Verwandlungen“ in Zusammenhang gebracht.

Anyone’s Daughter brachten ihr „Kind“ quasi selbst zur Welt, da die verantwortlichen der Plattenfirma nicht vom Konzept überzeugt waren. Und so nahmen sie die Finanzierung selbst in die Hand, was dazu führte, dass sie aus Kostengründen die Aufnahmen für das Album bei Konzerten live mitschnitten. Das Konzert vom 18.01.1981 in Heidenheim entsprach schließlich ihren Anforderungen und wurde ohne Veränderungen – lediglich von Conny Plank abgemischt – auf Vinyl gepresst. Herausgekommen ist ein wunderbares Album, das die Band auf dem Höhepunkt ihres Schaffens in den 80’er Jahren zeigt.

Dass es sich um eine Liveaufnahme handelt, merkt man allerdings erst am Ende, wenn nach Beendigung des gesamten Werkes die Zuschauer applaudieren. Während des ca. 36minütigen, aus 13 Tracks bestehenden Stückes verhielten sich die Zuschauer sehr ruhig und lauschten andächtig der Musik. Das war nicht nur für die Aufnahme so, es wiederholte sich regelmäßig bei den Konzerten und zeigt, welche faszinierende Wirkung Musik und lyrischer Text auf die Zuschauer hatte.

In Fünf Parts wird die Geschichte von Hermann Hesse, in dem es um Veränderung, Selbstfindung, Liebe und letztendlich um den Sinn des Lebens geht, erzählt und am Ende in einigen Versen gesungen. Diese wurden aber etwas verändert, um den Klang der Worte besser mit Musik in Einklang bringen zu können. Die anderen Stücke werden instrumental dargeboten, wobei die Musik aus proggigen, jazzigen, krautigen und psychedelischen Elementen besteht. Man kann in einigen Passagen auch die Nähe zu den damals angesagten Bands wie Genesis, ELP, Yes oder deutschen Bands wie Grobschnitt und Novalis heraushören. Allerdings hatten Anyone’s Daughter schon ihren ganz eigenen Stil. Die Einspielung wirkt darüber hinaus sehr homogen.

„Piktors Verwandlungen“ gehört zweifelsohne mit zu den Wichtigen Veröffentlichungen des Krautrocks. Im November 2008 erfährt es nun endlich seine gebührende Anerkennung, in dem es in klanglich ganz hervorragender Form als remasterte CD bei insideout/spv erscheint. Das Label hat dem Album noch einige Extras wie eine gut 27minütige Demoversion des Stückes aus dem Jahr 1977 oder 1978 (das Aufnahmedatum ist nicht genau bekannt, zeigt aber wie sich das Stück entwickelt hat), einem Tourposter und sehr informativen Linernotes, gegönnt. In dieser Version ist das Album auf 2.000 Stück limitiert.

Wer das Album nur auf Vinyl hat oder sich aber für Prog-, Art- oder Krautrock interessiert kommt an dieser Wiederveröffentlichung Album nicht vorbei.

Stephan Schelle, November 2008

   

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