Anima Mundi - Insomnia
Progressive Promotion Records (2018)

(9 Stücke, 58:07 Minuten Spielzeit)

Die aus Kuba stammende Band Anima Mundi veröffentlicht am 10.10.2018 ihr mittlerweile sechstes Studioalbum unter dem Titel „Insomnia“. Es ist der zweite Teil einer Trilogie die 2016 mit „I Me Myself“ begann. Schon die Covergestaltung zeigt deutlich („I Me Myself“ zierte eine offene Hand in blauem Design, auf „Insomnia“ ist eine geschlossen Hand in rotem Design zu sehen), dass es mit dem Vorgängerwerk verbunden ist. Musikalisch haben sich die Kubaner aber weiterentwickelt und zeigen auch den Mut zu experimentellen Klängen.


Thematisch geht es darum, dass die Erde von politischen, finanzstarken und technologischen Kräften regiert wird, die eine Maschine kreiert haben, die künstliche Ängste produziert. Diese Maschine kann durch die erzeugten Ängste die Menschen zu ängstlichen und verletzten Tieren machen.

Roberto Diaz (Gitarren, Soundeffekte, Gesang) und Virginia Peraza (Keyboards, Soundeffekte, Backgroundgesang) sind die Eckpfeiler von Anima Mundi. Daneben gehören noch Aivis Prieto (Gesang), Marco Alonso (Schlagzeug, Perkussion, Saxophon) und Yaroski Corredera (Bass, Basssynthesizer) zur Band. Neun Stücke mit Laufzeiten zwischen 3:51 und 11:14 Minuten Spielzeit finden sich auf der CD die im vierseitigen Digipack mit 20seitigem Booklet erscheint. Im Booklet sind neben allen Songtexten auch sehr ansprechende Fotografien enthalten.

Die Band hat sich weiterentwickelt und bietet auf dem neuen Album eine Mischung aus teils spacigen, psychedelischen und auch experimentellen Klängen die gar mit jazzigen Motiven versehen sind und mischen dies in ihren typischen Progrock. Bestes Beispiel dafür ist der die CD eröffnende Longtrack „Citadel“. Dieser beginnt zunächst mit Effekten die nach einem Sendersuchlauf im Radio klingen und dann mit druckvollen, leicht düsteren Sounds übergehen. Das klingt zunächst eine Spur nach Porcupine Tree um dann aber schon eine leicht angejazzte Note zu bekommen, die sich hier mit Art- und Progrock verbindet. Vor allem die ungewöhnlichen Keyboardsounds wirken streckenweise unterkühlt. Nach gut fünf Minuten dieses mehr als elfminütigen Tracks kommen dann im zweiten Part des Stückes („Scenery“) Sounds auf, die sehr stark an Pink Floyd’s „Welcome To The Machine“ erinnern. Im letzten Part, dem Instrumental „Broken“ bieten sie dann eine hochgradig spannende Mischung aus druckvollen Porcupine Tree-Stil und Jazzrock.

„Nine Swans“ fügt sich nahtlos durch Donnergrollen an „Citadel“ an. Hier gehen Anima Mundi recht psychedelisch und atmosphärisch ans Werk und lassen das Ganze recht monumental mit einem leicht düsteren Sound ausklingen. „Electric Credo“ mit einem wiederum zunächst leicht floydigen Einschlag, der aber schnell in einen sehr perkussiven Teil übergeht, schließt sich ebenfalls nahtlos an. Der verfremdete Gesang ist nicht von dieser Welt. Dieser Track wirkt ungewöhnlich. Da ist das folgende „The Hunter“ aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. In diesem sehr atmosphärischen und ruhigen Track tritt der typische Stil von Anima Mundi zu Tage.

Das epische Titelstück, das mit Soundeffekten beginnt, klingt mystisch, vor allem durch die trompetenhaften Einschübe. Das gut vierminütige Instrumental „Electric Dreams“ setzt der Mystik noch eins drauf und wirkt wie ein vertonter Fiebertraum. Experimentell und jazzig zeigt sich dann „The Wheel Of Times“ vor allem die Basslinien und der Trompetensound, sowie der weibliche Gesang verstärken diesen Eindruck.

Mit „New Tribe’s Totem“ ist ein weiterer Longtrack auf dem Album, der es auf mehr als zehn Minuten Spielzeit bringt. Auch dieser Track zeigt sich von seiner ungewöhnlichen Seite vor allem durch die Keyboardsounds, experimentellen Klanggebilden und dem entrückten Gesang von Aivis. Das Saxophon, das in den letzten Minuten zum Einsatz kommt unterstützt diese Stimmung.

Besonders hervorzuheben ist bei diesem Album, dass Roberto Diaz den letzten Song des Albums „Her Song“ ihrem langjährigen Fan Heidi Burgs (einige werden sie als Besucherin des Night Of The Prog Festivals kennen) gewidmet hat, die im Dezember 2017 verstorben ist. Ein Foto von ihr findet sich auch im Booklet der CD. In ihren letzten Tagen hatte sie einen Text über ihre Gefühle zu Anima Mundi‘ Musik und wie sie sich in den schweren, dunklen Zeiten, in denen sie gesundheitlich abbaute fühlte, verfasst. Sie erlaubte Roberto ihre Lyrics zu vollenden und einen Song daraus zu machen. Das Ergebnis ist ein unter die Haut gehender Progsong, der die CD beendet.

Mit „Insomnia“ ist der kubanischen Rockband Anima Mundi ein eindrucksvolles neues Werk gelungen, das ihren Mut zum Experiment und für neue Klänge beweist. Gerade die Mischung aus unterschiedlichen Stimmungen, Sounds und Stilen ist es, die das Album so spannungsreich macht.

Stephan Schelle, November 2018

   

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