Wolfgang Nachahmer - Eiszeit Nach dem 2017'er Album „Hexenkessel“ des anonym bleibenden Elektronikmusikers Wolfgang Nachahmer (es soll sich um einen Musiker handeln, der bereits seit Jahrzehnten elektronische Musik macht, aber für sein neues Produkt die reinen Klänge sprechen lassen will), ist 2018 die CDR „Eiszeit“ erschienen. Sein Pseudonym assoziiert, dass hier ein Stil nachgemacht wird, was sich aber mit dem Debüt keineswegs bewahrheitet hat. Vielleicht will uns der Musiker aber auch nur ein bisschen in die Irre führen. |
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Für
die Technikinteressierten hier die Listung der genutzten Instrumente: Arp
Omni 2, Arp Odyssey MK3, Oberheim 2 voice, Polymoog, Micromoog, Multimoog,
Moog Little Phatty, Crumar DS-2, Korg O1W/fd, Korg ER-1,Kawai 100P, Kawai
K5000S, Roland JD800, Yamaha A4000 Sampler, E- und Akustikgitarren. Sieben
Stücke mit Laufzeiten zwischen 3:46 und 6:03 Minuten Spielzeit sowie ein
Longtrack, der es auf 13:30 Minuten Länge bringt, finden sich auf dem
Silberling, der für Elektronikverhältnisse mit 48 Minuten eher kurz
geraten ist. Nachahmer
hat sich auf seinem zweiten Album dem Sound der 80'er Jahre verschrieben.
Allerdings zeigt sich seine Musik nicht ganz so eisig, wie es der Albumtitel
verspricht. Die „Berliner Schule“ ist aber, wie schon beim Erstling, als
Grundessenz in den Stücken verarbeitet worden und um einen eigenen Sound
erweitert worden. Schon
der Opener „Hermes“ weist in Richtung Tangerine Dream, allerdings nur in
Form von einigen Sequenzern und Klangfarben sowie Harmonielinien. Recht
flott kommt dieses Stück aus den Boxen auf den Hörer zu. Mit
verfremdeter Stimme beginnt dann das 5:28minütige „Monotaur“, während
im Hintergrund rhythmische Synthiesounds langsam die Oberhand gewinnen. Ein
stoischer Rhythmus aus dem Drumcomputer übernimmt dann den Grundrhythmus
auf dem die Melodiefolge gelegt wurde. Ein recht melodisches Stück Tuckernde
Sounds starten dann „Zaubertrank“. Langsam entwickelt sich eine einfache
Melodiefolge, die sich immer weiter in den Vordergrund schiebt, bis dann
Mellotron artige Klänge einsetzen. Mystisch wandelt dieser Track dahin um
dann mit Synthiechören und Streichersounds zu enden. Dass Titelstück
besteht zunächst aus zerhackten, schnell aufeinander folgenden Synthieklängen,
die dann durch technologisch wirkende Klänge abgelöst werden. Ich kann mir
bei diesem Sounds gut die weiße Weite einer Eislandschaf vorstellen. Auch
wirken die Sounds eine Spur bedrohlich, so als komme etwas auf den Hörer
zu. Dieser Track eignet sich damit auch perfekt für den Spannungsaufbau
eines Filmes. „Es
gibt keine mehr“ ist mit 13:30 (auf dem Cover ist der Track mit 13:15
angegeben) längste Track des Albums. Schnell kommen Sounds auf, die an
Tangerine Dream der 80'er Jahre erinnern. Die Klanglandschaften und
Melodielinien sind traumhaft. Hier kommen dann auch Gitarren zum Einsatz. Es
klingt so ein bisschen wie die Mischung aus Tangerine Dream und Alan
Parsons. Langsam entwickelt sich das Stück, steigert sich, um dann zum Ende
hin zu entschleunigen. Akzentuiert
mit zunächst spärlich gesetzten Synthietupfern beginnt „Kirlian“. Fast
wirkt es anfangs wie ein John Carpenter Track, doch sobald es nach etwas
mehr als einer Minute rhythmischer wird, entwickelt sich ein wunderbarer,
fesselnder Part, bei dem Nachahmer auf dem Rhythmus zu improvisieren scheint
und die Synthies teilweise zum zirpen bringt. Ein hypnotischer Track. Synthie-Winde
rauschen in „Die einsamen Schatten“ dahin. Dazu kommen dann auch recht
melancholische Klänge. Ganz anders stellt sich der Abschlusstrack „Der
Mothmann“ dar. Hackende Synthiemotive, unterlegt mit echohaften
Synthiesounds bestimmen zunächst das Bild. Nach und nach kommt dann aber
ein Motiv in den Vordergrund und auch der Rhythmus wird angezogen. Das
klingt hochgradig spannend. Vor allem im zweiten Teil, wenn der Rhythmus
noch mehr an Fahrt aufgenommen hat, wird dieser Track unwiderstehlich. Ein
tolles Stück, das für mich den Höhepunkt dieser Veröffentlichung
darstellt. Mit
seinem zweiten Album „Eiszeit“ hat der unter dem Pseudonym Wolfgang
Nachahmer agierende Elektronikmusiker ein weiteres Album mit tollen Melodien
und Sounds erstellt, das den Spirit der „Berliner Schule“ der 80'er
Jahre aufnimmt und sie mit einer eigenen Handschrift ausführt. Ein
gelungenes Werk das die Spannung der wahren Identität weiter anheizen wird. Stephan Schelle, April 2019 |
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