Wave World - Tableaux
 

Wave World - Tableaux
Wave World Inc. / Virtual Factory Records (2011)
(15 Stücke, 79:00 Minuten Spielzeit)

Gert van Santen und Harry Kessels stellen das musikalische Duo der niederländischen Elektronikformation Wave World dar. Neben diesen beiden gehört noch Rolf van Slooten zum Projekt, der für die visuellen Effekte verantwortlich zeichnet. Es war einige Jahre ruhig um Wave World geworden, das hat sich in 2011 geändert, denn neben dem Auftritt beim Electronic Circus Festival in Gütersloh veröffentlicht das Projekt gleich zwei Alben. Neben „Hieroglyphs“ ist dazu das Album „Tableaux“ erschienen.

 


Die Musiker widmen sich auf „Tableaux“ dem Maler Pbalris, der in seinen frühen Jahren in einer Kombination aus Ölfarbe und indianischer Tinte surrealistische Bilder erschaffen hat. Bei seinen Bildern bzw. Motiven hat sich der Künstler von Situationen aus dem täglichen Leben und surrealistischen Traumwelten inspirieren lassen.

15 Bilder wurden so von Wave World vertont. Diese Bilder sind auch in dem 20seitigen Booklet enthalten. Die Bilder sind sehr farbenfroh und alles andere als düster. In einigen Bildern sind die Motive erkennbar, in anderen ist nicht heraus zu sehen, um was es sich handeln soll.

Die CD startet mit „The Covenant“. Zu Beginn hört man es rauschen und Grillen scheinen zu zirpen. Dann erklingt so langsam ein Pianomotiv auf dieser Grundlage. Das wirkt zunächst wie ein klassisches Stück, überzeugt mich aber nicht wirklich. Dann geht es nahtlos in den nächsten Track „Microscopic“ über, bei dem die beiden wesentlich elektronischer ans Werk gehen. Sanfte Harmoniebögen ziehen in typischer Wave World-Manier durch den Raum. Erst zum Ende hin kristallisiert sich ein Rhythmus heraus, der aber schnell wieder verschwindet. Gerade wo ich dachte, jetzt geht es los, da ist er auch schon wieder entschwunden.

Es folgt „Sunrise In The New World“, das von surrealistischen Klangmustern bestimmt wird. Hier erzeugen die beiden Stimmungen, ohne Harmonien oder gar Melodien zu spielen. Ob das nun zu dem Bild passt, muss jeder selbst entscheiden. Auf mich wirken diese Soundskulpturen leider zu minimalistisch und langatmig. „Recently In The Gamma Quadrant“ zeigt sich von spacigen Flächen durchzogen. Hier passt die Stimmung der Musik gut zur Bildvorlage, die eine Art Galaxie zeigt, die allerdings durch ihre Farbgebung recht psychedelisch wirkt. Das ist Spacemusik, so wie man sie kennt.

Im folgenden „The Web Is Spun …“ geht es dann wieder für meinen Geschmack recht schräg zu, denn die hier auf den Hörer treffenden Klangmuster sind leicht gespenstisch und skurril. In „The Secret“ herrscht dann wieder der Pianosound vor. Auch hier klingt das eher wie ein Klaviersolo, denn wie ein Elektronik-Track. Spaciger wird es dann wieder bei „Watcher Of The Skies“, das nicht im Entferntesten etwas mit dem Genesis-Titel zu tun hat. Weite Synthieflächen ziehen durch den Raum und lassen den Hörer durchs unendliche All schweben.

Schwebende Synthieflächen und Theremin-Sounds treffen in dem Stück „Saying Prayers“ aufeinander. Gerade das Theremin ist es, das diesen Track rettet, denn das Stück wirkt durch die gelungene Kombination traumhaft und schwebend. Das zehnminütige „Nanowasp“ wirkt durch seine flirrenden Synthiesounds und Geräuscheffekte wie von einer anderen Welt. Allerdings ist dieser Track auch recht langatmig, da wenig passiert, auch wenn zum Ende hin die Dynamik und Lautstärke zunimmt.

Im 3:26minütigen „Protection“ kommt dann so etwas wie eine Melodiefolge auf und auch das knapp zweiminütige „The Dance“ zeigt musikalische Strukturen und gar ein durch seine Klangfarbe mediterranes Flair. Diese kurzen Tracks sind dann aber doch zu wenig um das Album mit einer Gesamtspielzeit von 79 Minuten zu retten. Auch die restlichen Stücke bieten die zuvor geschilderte minimalistische Musikform, die nicht so meinen Geschmack trifft.

Sorry, aber dieses Album hat mir zu wenig Substanz, da ist „Hieroglyphs“ aus ganz anderem Holz geschnitzt. Ich gebe „Hieroglyphs“ klar den Vorzug vor diesem etwas zu verkopften und experimentellen Album. Es passiert mir zu wenig an Rhythmus und Melodie, so dass über weite Strecken bei mir Langeweile aufkommt. Schade drum. Wer aber auf minimalistische Elektronikmusik steht, der sollte das Album antesten.

Stephan Schelle, Oktober 2011

 
   

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