Vlad Nedelin - Postante Der Musiker Vlad Nedelin stammt aus Schweden und besitzt russische Wurzeln. Er studierte in St. Petersburg, lebte in Israel und wohnt seit 2005 in Stockholm, wo er als Musiker arbeitet. In 2015 veröffentlichte er sein Elektronikdebütalbum unter dem Titel „Postante“. Das Album ist sowohl als CD wie auch als Download (z. B. bei cd.baby.com) erhältlich. |
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Vlad
Nedelin hat den längsten Track „Totally Ripe“ gleich an den Anfang der
CD gestellt. Die ersten Minuten dieses Stückes gehören ambienten Sounds,
die zunächst aus Flächen bestehen und nach einigen Momenten durch Effekte
und Klangtupfer ergänzt werden. Nach gut zwei Minuten startet ein
Rhythmusmuster, das sich langsam steigert. Jetzt sind es auch Industrialklänge,
die Einzug in seine Musik halten. Damit erzeugt Vlad Nedelin Stimmungsbilder
und eine Art Kopfkino. Seine Musik bewegt sich allerdings jenseits von
melodiösen Pfaden. Das zieht er dann auch bis zum Schluss durch. Ein
Knistern wie bei einer startenden Schallplatte oder eines Radiosenders
leitet dann in den nächsten Track „Nothing Disappears“ ein. Nach nicht
ganz einer Minute wird dieser knisternde Sound förmlich durch den Wechsel
zu einer transparenten, perfekten Aufnahme verändert. Nun stehen Harmonien
im Vordergrund, die ansatzweise von einer Melodie begleitet werden. Das
erinnert mich in einigen Passagen an die Musik des Amerikaners Mark Dwane.
Dieser viereinhalbminütige Track gefällt mir sehr gut. Düster
wird es dann im siebenminütigen „Post Meridiem“. Die Klänge, die Vlad
hier zu Beginn auf den Hörer loslässt, klingen wie Regenprasseln, das
immer mal wieder durch ein Nebelhorn eines entfernten Schiffes durchbrochen
wird. Kurz darauf kommen Sounds hoch, die an ratternde Maschinen erinnern.
Das ist schon sehr bedrohlich und düster. Man wartet förmlich wie in einem
spannenden Thriller, dass im nächsten Moment etwas Schlimmes passiert. Das
folgende, siebenminütige „Yet To Be Told“ klingt wieder heller. Hier
kommen Rhythmusmuster auf, die mich an die britische Spielart der Elektronik
erinnern. Vergleiche zu Radio Massacre International oder Redshift sind zu
vernehmen. Dann setzt in der Hälfte ein zusätzlicher, pumpender Rhythmus
ein und die Stimmung wird hypnotisch. Immer wieder werden die Klänge von
Effekten durchbrochen, was aber sehr ansprechend durchgezogen wird. Ein
Track, der mir ebenfalls gut gefällt. Dem
lässt Nedelin dann mit „An Island“ einen Track aus Klangkollagen
folgen, der durch seine ambiente Struktur Stimmungsbilder erzeugt. Auch hier
baut er Effekte ein, die im Kopf eine Geschichte oder Szenerien aufkommen
lassen. Mit fast tanzbaren, technoiden Rhythmen ist „Through The Tunnel“
ausgelegt, klingt aber trotzdem recht unterkühlt und technologisch. Ein
sehr gut gemachtes Stück, bei dem ich mir eine Zugfahrt vorstelle. Das
gut anderthalbminütige „Ante Meridiem“ basiert auf Sampleaufnahmen von
Schritten auf einem metallenen Untergrund. Auch hier kommen Regentropfen und
Nebelhörner sowie fahrende Fahrzeuge ins Spiel. Damit geht es dann nahtlos
in den letzten, achtminütigen Track „Untouched“ über. „Postante“
ist ein elektronisches Ambientalbum, das mehr auf Stimmungsbilder, als auf
Melodien setzt. Nedelin schafft es über weite Strecken den Hörer mit
seinen Sounds an den Boxen zu fesseln, da durch den Einsatz von zahlreichen
Effekten unweigerlich das Kopfkino angeschaltet wird. Stephan Schelle, Februar 2016 |
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