Vlad Nedelin - Postante
 

Vlad Nedelin - Postante
VN Music (2015)

(
9 Stücke, 53:56 Minuten Spielzeit)

Der Musiker Vlad Nedelin stammt aus Schweden und besitzt russische Wurzeln. Er studierte in St. Petersburg, lebte in Israel und wohnt seit 2005 in Stockholm, wo er als Musiker arbeitet. In 2015 veröffentlichte er sein Elektronikdebütalbum unter dem Titel „Postante“. Das Album ist sowohl als CD wie auch als Download (z. B. bei cd.baby.com) erhältlich. 

 

 


Geführt wird die Musik von Nedelin unter den Begriffen Ambient, Downtempo, Industrial und Musique Concréte. Neun Stücke mit Laufzeiten zwischen 1:21 und 10:23 Minuten finden sich auf dem Album.

Vlad Nedelin hat den längsten Track „Totally Ripe“ gleich an den Anfang der CD gestellt. Die ersten Minuten dieses Stückes gehören ambienten Sounds, die zunächst aus Flächen bestehen und nach einigen Momenten durch Effekte und Klangtupfer ergänzt werden. Nach gut zwei Minuten startet ein Rhythmusmuster, das sich langsam steigert. Jetzt sind es auch Industrialklänge, die Einzug in seine Musik halten. Damit erzeugt Vlad Nedelin Stimmungsbilder und eine Art Kopfkino. Seine Musik bewegt sich allerdings jenseits von melodiösen Pfaden. Das zieht er dann auch bis zum Schluss durch.

Ein Knistern wie bei einer startenden Schallplatte oder eines Radiosenders leitet dann in den nächsten Track „Nothing Disappears“ ein. Nach nicht ganz einer Minute wird dieser knisternde Sound förmlich durch den Wechsel zu einer transparenten, perfekten Aufnahme verändert. Nun stehen Harmonien im Vordergrund, die ansatzweise von einer Melodie begleitet werden. Das erinnert mich in einigen Passagen an die Musik des Amerikaners Mark Dwane. Dieser viereinhalbminütige Track gefällt mir sehr gut.

Düster wird es dann im siebenminütigen „Post Meridiem“. Die Klänge, die Vlad hier zu Beginn auf den Hörer loslässt, klingen wie Regenprasseln, das immer mal wieder durch ein Nebelhorn eines entfernten Schiffes durchbrochen wird. Kurz darauf kommen Sounds hoch, die an ratternde Maschinen erinnern. Das ist schon sehr bedrohlich und düster. Man wartet förmlich wie in einem spannenden Thriller, dass im nächsten Moment etwas Schlimmes passiert.

Das folgende, siebenminütige „Yet To Be Told“ klingt wieder heller. Hier kommen Rhythmusmuster auf, die mich an die britische Spielart der Elektronik erinnern. Vergleiche zu Radio Massacre International oder Redshift sind zu vernehmen. Dann setzt in der Hälfte ein zusätzlicher, pumpender Rhythmus ein und die Stimmung wird hypnotisch. Immer wieder werden die Klänge von Effekten durchbrochen, was aber sehr ansprechend durchgezogen wird. Ein Track, der mir ebenfalls gut gefällt.

Dem lässt Nedelin dann mit „An Island“ einen Track aus Klangkollagen folgen, der durch seine ambiente Struktur Stimmungsbilder erzeugt. Auch hier baut er Effekte ein, die im Kopf eine Geschichte oder Szenerien aufkommen lassen. Mit fast tanzbaren, technoiden Rhythmen ist „Through The Tunnel“ ausgelegt, klingt aber trotzdem recht unterkühlt und technologisch. Ein sehr gut gemachtes Stück, bei dem ich mir eine Zugfahrt vorstelle.

Das gut anderthalbminütige „Ante Meridiem“ basiert auf Sampleaufnahmen von Schritten auf einem metallenen Untergrund. Auch hier kommen Regentropfen und Nebelhörner sowie fahrende Fahrzeuge ins Spiel. Damit geht es dann nahtlos in den letzten, achtminütigen Track „Untouched“ über.

„Postante“ ist ein elektronisches Ambientalbum, das mehr auf Stimmungsbilder, als auf Melodien setzt. Nedelin schafft es über weite Strecken den Hörer mit seinen Sounds an den Boxen zu fesseln, da durch den Einsatz von zahlreichen Effekten unweigerlich das Kopfkino angeschaltet wird.

Stephan Schelle, Februar 2016

 
   

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