Uwe Reckzeh - Voyage
 

Uwe Reckzeh - Voyage
MellowJet Records

(
7 Stücke, 69:06 Minuten Spielzeit)

Der deutsche Elektronikmusiker Uwe Reckzeh scheint sich auf einen dreijährigen Rhythmus zur Veröffentlichung seiner Alben eingeschossen zu haben, denn das letzte Album „Surreal Dreams“ erschein im Herbst 2018. Im Mai 2021 folgt nun sein mittlerweile 13. Album unter dem Titel „Voyage“. Wie auf den bisherigen Alben, so zeigen auch die Stücke auf „Voyage“ einen Hang zur „Berliner Schule“, allerdings hat Uwe Reckzeh diesen Stil nur aufgesogen und in seiner ganz eigenen Handschrift verfeinert.

 

 


Uwe entwickelt in den sieben Stücken, die von den unterschiedlichsten Emotionen erzählen, die eine Reise bieten kann, neue Sounds und verwebt diese mit Elementen der „Berliner Schule“. Ein Konzeptalbum ist daraus aber nicht entstanden, vielmehr stehen die einzelnen Tracks mit Laufzeiten von 6:20 bis 17:58 Minuten Spielzeit für sich allein.

Den Start macht das 12:40minütige „Dragawhaa“. Harmonien und ungewöhnliche Rhythmusmuster und Effekte eröffnen diesen ersten Track recht abrupt. Die ersten vier Minuten bestehen aus atmosphärischen Sounds, in die sich dann ein Rhythmus einbringt und nach weiteren Momenten ein Sequenzer hinzugesellt. Das ist fesselnd gemacht, obwohl noch keine Melodielinie zu hören ist. Erst nach etwas mehr als fünf Minuten startet der Track dann richtig durch in dem Rhythmus, Flächen und Melodielinien eine Einheit bilden. Nun ist man in dem absolut faszinierenden Musikkosmos von Uwe Reckzeh angekommen. Repetitiv schraubt sich dieses Stück stoisch nach vorn und entwickelt sich nur langsam um am Ende in eine traumhafte Melodiepassage einzutauchen.

Dem folgt das 7:20minütige „Transalpen“. Erhabene Sounds starten in dieses Stück, das nach einer Minute einen schnellen Sequenzer- und einen Schlagzeugrhythmus aufkommen lässt, was wie eine Mischung aus Tangerine Dream und Klaus Schulze klingt und doch Uwe’s Handschrift trägt. Ein toller Track für Freunde der „Berliner Schule“. Mit 17:58 Minuten Spielzeit kommt dann „Later As Soon“, der längste Track des Albums, an die Reihe. Langsam und harmonisch startet Uwe in diesen Track, der zunächst einige Klangfarben von Tangeine Dream enthält, sich aber weiter entwickelt. Uwe sorgt durch einen sehr langsamen Rhythmus und die herrlichen Flächen zunächst für eine tolle Stimmung. Nach etwas mehr als fünf Minuten bekommt das Stück aber mehr Drive durch den schnelleren Sequenzerpart. Das ist perfekt gemacht.

Perlende Klänge und elektronisches Rauschen eröffnen das 8:45minütige „Tonescrapes“. Das klingt zunächst wie ein Zug, der in eine Station fährt. Auch einige Geräusche, die an einen über Schienenschwellen fahrenden Zug erinnern, sind kurz auszumachen. Das wirkt am Anfang noch etwas surreal, wandelt sich aber nach ca. drei Minuten in einen sehr schönen, Sequenzer orientierten Track. Düster beginnt zunächst das folgende 8:15minütige „Particles“. Nach wenigen Momenten wechselt Uwe in einen recht industriellen Klangmodus, der sich nach etwas mehr als zwei Minuten auflöst und in einen sehr rockigen und fast tanzbaren Part übergeht. Uwe hat hier einen tollen Rhythmus mit einer sehr eingängigen Melodie gepaart. Für mich das Highlight des Albums.

Das 6:20minütigen „Later As Possible“ verbindet den Tangerine Dream-Sound der frühen 80’er mit Uwe’s eigenem Stil. Das ist sehr rhythmisch und harmonisch angelegt und mit einer sehr schönen Melodielinie versehen. Den Abschluss bildet dann das 7:43mniütige „Voyniich“, in dem eine Spur Klaus Schulze hervorlugt. Uwe hat aber einen tollen Track erstellt, der von ungewöhnlichen Rhythmusklangfarben und herrlichen Harmonien durchzogen ist.

Man muss sich schon daran gewöhnen, dass es drei Jahre bis zur Veröffentlichung eines neuen Albums von Uwe Reckzeh dauert. Wer aber auf frische Sounds aus dem Klassenzimmer der „Berliner Schule“ steht, für den hat sich auch dieses Mal wieder das Warten gelohnt. „Voyage“ ist wieder ein hoch melodisches und rhythmisches Album geworden, in dem Uwe verschiedene Stilistiken der Elektronikmusik verbindet und daraus seinen ganz eigenen Sound macht.

Stephan Schelle, Mai 2021

 
   

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