Thomas Jung – Painting The Sun
 

Thomas Jung – Painting The Sun
HOFA / Eigenvertrieb (2013)
(5 Stücke, 79:58 Minuten Spielzeit)

Dieser Tage erreichte mich ein Album, das der mir bisher unbekannte Elektronikmusiker Thomas Jung im Jahr 2013 veröffentlichte. Es heißt „Painting The Sun“ und stellt das Debüt im Bereich Elektronikmusic/Ambient des bereits seit 40 Jahren musizierenden Deutschen dar. Damit hat er sich einen Herzenswunsch erfüllt. Das er in den 40 Jahren auch reichlich Elektronikmusik konsumiert hat, das ist an den einzelnen Stücken deutlich herauszuhören, da sie doch einige Reminiszenzen zu den „Großen“ der Szene widerspiegeln.

 


Aber nicht nur im Elektronikbereich ist Thomas tätig, das zeigen seine Arbeiten in anderen Bands wie in der Frank Zappa Tribute-Band Frank Out und der Jazz-Rock-Band Session Group in denen er Keyboard spielt sowie in seinem Duett mit Barbara Fuchs bei dem er singt und Piano spielt. Aber auch Solo war er schon aktiv.

Er selbst sagt zu seiner Veröffentlichung: Es war schon immer einer meiner Träume, ein Solo-Album vollkommen autonom aufzulegen. Der Freiraum und die Klarheit der frischen See in Kühlungsborn inspirierten mich zu „The Dry Land“, „Hopp“ und „Ascending“; das zweiteilige „Painting The Sun“ entstand in meinem Studio „Thomas Jung Music“ in Kirchberg. Beide Titel sind in einem Take aufgezeichnet, wobei insbesondere mein Modular-Synthesizer die Basis für den warmen Sound liefert. „Painting The Sun Part 2“ wurde nur geringfügig verändert und mit einigen Ambienceklängen verfeinert.

Fünf Stücke deren Laufzeiten bis auf „Hopp“ alle jenseits der acht Minuten liegen (die beiden Parts vom Titelstück bringen es gar auf 31 und 25 Minuten), bietet das Album. Los geht es mit dem fast elfminütigen „The Dry Land“, bei dem Thomas zunächst einige Synthiesounds schichtet und so eine mystische Stimmung erzeugt. Nach gut zwei Minuten kommen hellere Töne hinzu, die sich langsam entwickeln und eine Art Harmoniefolge aufzeigen. Dann kommt eine Morseähnliche Rhythmik auf, die sich in ihren Klangfarben leicht ändert. Ab Minute vier kommt ein fetter Bassrhythmus ins Spiel, der unwiderstehlich aus den Boxen hämmert. Das erinnert mich an Ian Boddy. Ich liebe diese Art von Rhythmus. Eine Melodielinie wird nun gespielt bzw. Thomas wirft Versatzstücke von Klangfolgen in die Arena, die eine leicht jazzige Note haben. Das stellt auch eine Schnittstelle zu anderen Musikrichtungen dar und ist nicht nur in der traditionellen Elektronik verwurzelt. Immer intensiver wird die Musik von Minute zu Minute und man kann sich diesem Sound nicht entziehen. Zum Ende entspannt sich alles wieder in mystische Ambientklänge. Ein toller Beginn der CD.

Es folgt der 31minütige Part 1 vom Titelstück. Zunächst hört man Synthies rauschen, denen sehr helle Klänge (vergleichbar mit den Tönen, die man durch Reiben an einem Glas erzeugen kann) folgen und die eine sphärische Atmosphäre verbreiten. Langsam entwickelt sich dieses Stück und steuert dann auf einen Sequenzer betonten Part zu, der an die „Berliner Schule“ erinnert. Freunde der Sequenzer orientierten Musik kommen hier voll und ganz auf ihre Kosten.

Technoartige Rhythmen zeigt dann „Hopp“, das fast ausschließlich aus elektronischen, perkussiven Klängen besteht. Hier kommt mir die Band Supersempfft bzw. Roboterwerke in den Sinn, die Anfang der 80’er drei Longplayer herausbrachten. Das muss man richtig laut hören oder noch besser per Kopfhörer.

Der zweite Part des Titelstückes klingt zunächst wie ein Keyboardsolo eines Rockstückes, da Thomas hier sehr Songorientiert vorgeht. Doch nach gut zweieinhalb Minuten wird diese Melodie und Stimmung von einem Synthesizer-Windstoss hinfort geweht. Jetzt lässt Thomas seine Synthies blubbern und rauschen. Nach etwas mehr als sechs Minuten schält sich dann aber eine herrliche Harmonielinie heraus die mit einem eingängigen Rhythmus versehen ist und an Acts der Marke Ron Boots, Gert Emmens & Co. erinnert. In der zweiten Hälfte zeigt sich aber noch deutlicher die eigene Handschrift von Thomas Jung. Ein klasse Track. Das sanfte, fast schon hymnisch-symphonische „Ascending“ beschließt dann die CD.

„Painting The Sun“ ist ein sehr gelungenes Debüt im Bereich der Elektronik/Ambientmusik. Mit Thomas Jung betritt ein Musiker die Bühne, der durch seine Vielfältigkeit und sein Talent herrliche Harmoniebögen zu entwerfen, besticht. Hätte ich das Album schon früher auf dem Tisch gehabt, so wäre Thomas aus meiner Sicht ein aussichtsreicher Kandidat für den Newcomer 2013 bei der Verleihung des Schallwelle-Preises gewesen.

Stephan Schelle, Januar 2014

 
   

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