Stefan Erbe - Metamorphosys
 

Stefan Erbe - Metamorphosys
Erbemusic.com (2025)

(12 Stücke, 63:02 Minuten Spielzeit)

Bereits im Februar 2025 ist das neueste Album des Hagener Elektronikmusikers Stefan Erbe unter dem Titel „Metamorphosys“ erschienen. Bekommen hab ich es beim Electronic Circus Festival im September in Lemgo. Das Album ist neben der CD-Version auch als Download erhältlich. Stefan Erbe ist bekannt für seine rhythmische Musik und so finden sich auch auf dem neuen Werk sehr rhythmische Tracks.

 

 


Stefan Erbe hat mit „Metamorphosys“ thematisch sein drittes Album eingespielt, das sich um die androide Protagonistin GENE dreht. Sie strebt auf gleich drei verschiedenen Ebenen das Ziel des Perfekt-Sein an. Egal ob es die Musik, die visuellen Bilder oder eben die Geschichte selbst ist, alle Elemente haben eine gemeinsame Intuition und stellen sich dieselbe Frage: Wann ist etwas wirklich perfekt?

So beginnt auch der Eingangstext im Innenteil des vierseitigen Digipak mit den Worten: „Der Drang nach Perfektion ist Motivation und Schicksal zugleich. Er veranlasst uns zu Höchstleistungen, hält uns aber im gleichen Moment auch den Spiegel der eigenen Unvollkommenheit vor“.

Das Ganze ist allerdings auch als Multimediakonzept aufgebaut, denn neben der Musik hat Erbe auch entsprechende Visuals erstellt, die bei seinen Konzerten die Musik unterstützen. So erklärt er im Innenteil des Digipacs: Wie auch schon in der Vorgeschichte aus dem Jahr 2023 vermengt Erbe die Musik mit selbstdesignten Visuals und zeigt erneut auf seinen Konzerten ein komplexes und KI-generiertes Universum aus Zukunfts-Gedanken und emotionaler Entwicklungen synthetischer Figuren, die sich den eigenen Widersprüchen und moralischen Entscheidungen stellen. Natürlich ist dieses Thema nicht gänzlich neu, aber Erbe präsentiert es eben auf (s)eine ganz spezielle Weise. Musik, Bilder und Geschichte bilden im Ganzen eine Einheit, die es so bisher noch nicht zu konsumieren gab. Einerseits hat man das Gefühl, dass Erbes musikalische Vorstellungen klar zu entziffern sind und man sich gänzlich in die Darstellung der Geschichte fallen lassen kann. Dennoch bleibt er in seinen Beschreibungen vage und überlässt den Besuchern viel Spielraum für eigene Interpretationen. Kein Detail verrät die endgültige Bedeutung, sondern offeriert eine veränderliche Motivation für die persönliche Sichtweise.

Die Musik ist auf dem Album rein instrumental und schließt nicht an das Konzept des Vorgängeralbums an, sondern öffnet erneut ein komplett neues Kapitel an ungehörten musikalischen Elementen, eingebettet in Erbes unverwechselbaren Sound aus sequenzierten Melodiegebilden, den tief verwobenen Drumtexturen und seiner immer sehr wandelbaren Klangästhetik.

Los geht es mit dem fast fünfminütigen „I Am Gene“, das vor allem durch seine herrliche Melodie besticht, die Erbe zunächst in einem Pianopart untergebracht hat, der aber später in einen herrlichen Synthesizerpart wechselt. Darüber hinaus hat er dem Track einen unwiderstehlichen Rhythmus spendiert. Das ist ein toller Beginn und gehört für mich zu den Highlights des Albums.

„No Remorse“ beginnt mit einem Knistern, so wie bei einer mehrfach abgespielten LP. Dann kommt ein pumpender Rhythmus auf, zu dem sich ein flirrendes Sequenzermuster hinzufügt. Darauf legt Erbe dann sanfte, flächige Harmonien. Ein düsteres Synthesizerrauschen startet dann das Stück „And Run“. Nach wenigen Momenten kommen dann rhythmische Elemente auf, die von Flächensounds durchzogen sind. Ab Minute Eins gesellt sich dann ein pumpender Beat hinzu, der phasenweise mit perlenden Klangmustern verwoben wird. Dann setzt Erbe aber eine Melodielinie darauf und der Track geht richtig los. Der Wechsel in der Dynamik macht den Track darüber hinaus spannend.

Es folgt das sechsminütige Titelstück. Hier kommt schnell ein Sequenzerrhythmus mit wehenden Flächen auf. Nach wenigen Momenten erklingt eine sehr schöne, eingängige Melodielinie, die eine gewisse Romantik verströmt. Trotz der Rhythmik verliert das Stück diese romantische Stimmung nicht.

Eine kleine Prise Vangelis erklingt in den ersten Sounds von „Lost Faith“. Schnell transformiert sich der Track dann aber in Erbes eigenen Stil. Harmonien werden hier mit akzentuierten Klangtupfern versehen, was eine ganz eigene Stimmung erzeugt. Ein sanfter, atmosphärischer Track, der in der zweiten Hälfte an Dynamik gewinnt.

In „Hope I Can Dream“ hat Erbe dann eine ungewöhnliche Rhythmik auf die flächigen Sounds gelegt. Das klingt zugleich auch spacig. Langsam mäandert das Stück dahin, bis sich dann so allmählich Harmonien herauskristallisieren. Flirrende Rhythmen, kombiniert mit einem pumpenden Beat präsentiert „Polaroids (The Art Of Love)“. Darauf setzt Erbe dann auch wieder eine sehr eingängige Melodie. „Earthformer“ ist dann ein treibender Track mit druckvollen Sequenzerrhythmen und Beats. Und cineastisch geht es dann im abschließenden „Ultimate (The Final Chapter)“ zu Ende.

„Metamorphosys“, das neueste Werk des Hagener Elektronikmusikers Stefan Erbe, bietet wieder alles, was man von ihm kennt und mag. Da werden herrliche Flächen, Harmonien und Melodiebögen mit teils druckvollen Rhythmen unterlegt. Und Coverartwork und Konzept sprechen ebenfalls für sich.

Stephan Schelle, Oktober 2025

 
   

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