Stan Dart - Retrospective
 

Stan Dart - Retrospective
SynGate Records (2020)

(12 Stücke, 77:43 Minuten Spielzeit)

Richard Hasiba macht seit vielen Jahren unter dem Namen Stan Dart Musik – im Wesentlichen im Bereich der Elektronikmusik. Über die Jahre sind aber auch viele Kooperationen und Arbeiten mit anderen Künstlern entstanden. „Retrospective”, das neue Album von Stan Dart versammelt hier einige über die Jahre entstandene Songs, die sowohl vollkommen neu, in anderen Arrangements oder bisher nur auf Social Media-Seiten veröffentlicht wurden.

 

 


Die Dutzend Stücke, die Stan Dart auf „Retrospective” versammelt hat, sind entweder als CD-Version beim Unterlabel Wave des SynGate-Labels oder aber über Bandcamp als 24Bit Download erhältlich.

Das sechseinhalbminütige Titelstück, mit dem das Album startet, ist ein komplett neues Stück von Stan Dart. Dieser Track zeigt sich sehr atmosphärisch mit zunächst schwebenden Klangmotiven. Nach gut 45 Sekunden kommt ein Rhythmus auf, der aber diese wunderbar schwebende Stimmung nicht durchbricht, sondern sie eher noch verstärkt. Enigma-artige Sounds und Rhythmen kommen dann nach ca. anderthalb Minuten auf. Jetzt ist auch eine verzerrte Stimme zu hören, die einen Text spricht. Insgesamt ein sehr relaxtes Stück mit Enigma-Anleihen.

Das folgende „Loneliness” ist ein bisher unveröffentlichter Track, der leichtes Science Fiction-Flair versprüht. Der sanft stampfende Beat treibt den Track stetig voran, lässt den Hörer dabei aber weiterhin in einer relaxten Stimmung zurück.

Im Jahr 2018 hat Richard Hasiba mit „Supernova” eine CD veröffentlicht, deren Musik in Zusammenarbeit mit der ESO (Europäische Südsternwarte) entstanden ist. Auf „Retrospective” findet sich nun mit „Supernova, Part II” ein neuer Track, der ebenfalls sehr sphärisch wirkt. Dieser ist mit Andrea Kubanek entstanden, die dem Stück durch ihr Cello-Spiel eine besondere Note verleiht. Der Track klingt wie der Soundtrack zu einer Weltraummission.

Auch der folgende Titel „Berlin (The City Never Sleeps)”, der hier im Retrospective-Mix vorliegt, ist in dieser Form bisher unveröffentlicht. Der Sequenzer orientierte Track wurde mit Auszügen aus der Rede von John F. Kennedy versehen, die er am 26. Juni 1963 vor dem Rathaus Schöneberg in West-Berlin gehalten hat und die in die Geschichte einging. Auch wenn man diese Worte schon oft gehört hat, so sorgen sie doch immer noch für Gänsehaut. Stan Dart hat diese mit einem passenden Rhythmus versehenen, so ist ein rhythmischer Soundtrack entstanden.

In „Aurora Borealis” (hier im Northern Light Mix) ist wieder Andrea Kubanek am Cello zu hören. Dieses Mal geht es aber nicht so sphärisch zu wie in „Supernova, Part II”, dafür sorgt ein New Wave-Rhythmus, der an Alphaville’s „Big In Japan” erinnert. Daraus wurde aber eine tolle Kombination. Spacig wird es dann wieder bei „Rings Of Beauty”, das einen unwiderstehlichen Rhythmus aufbietet, der im Hintergrund hypnotisch wirkt. Auch die führende Synthmelodielinie hat hypnotische Ausmaße, die sich dann in fast symphonische Sphären erhebt, bei denen Klänge, die nach einem Hackbrett klingen, eingestreut werden. Der Classic Mix von „Theme From Spaceflight” wirkt dann auch sehr klassisch, was an den Pianoklängen liegt, die sich auf sanften Flächen ausbreiten.

„Via Laboriosa” (im The Lost Mix) ist der erste Song des Albums, denn hier ist Petra Bonmassar am Mikro zu hören, die diesen mit ihrer sanften Stimme veredelt. Ihr Gesnag schiebt sich dem Hörer förmlich unter die Haut. In diesem Song sind erstmals Nähen zu Schiller zu erkennen.

Mit dem Briten Mark Dorricott hat Richard Hasiba aka Stan Dart schon einige Alben veröffentlicht. Das Stück „Distant Life” (im Deep Space Mix) ist ebenfalls eine Kollaboration der beiden Musiker. Sehr rhythmisch zeigt sich das Stück mit einer sehr eingängigen Melodie. Mich erinnert es vom Spirit ein wenig an Robert Miles‘ „Children”, ohne diesen Titel zu kopieren.

„Nichts anderes zählt” (Sensitive Mix) ist der zweite Song des Albums, bei dem dieses Mal Stefan Lichtenegger ans Mikro tritt. Dieser Song ist sehr stark im Schiller-Kosmos verhaftet. Ein toller atmosphärischer Song, der in deutscher Sprache gesungen wird. Mit „Regarded As Absent” ist dann ein dritter Song auf dem Album vertreten, der dieses Mal die Sängerin Olga Wojciechowska präsentiert. Wie auch die anderen Songs, so wandelt Stan Dart in diesem auf Schiller’s Spuren.

Das abschließende „The Dark Spot” (im Chillout Mix) zeigt mit Ewald Pfleger einen weiteren Musiker, der dieses Mal mit der E-Gitarre eine neue Note in den Sound von Stan Dart bringt. Schwebende Synthieflächen und Piano treffen zunächst auf herrlich eingestreute Gitarrenlicks. Im weiteren Verlauf wird es dann eine Spur poppiger, wobei die E-Gitarre – ähnlich wie bei Veröffentlichungen von Peter Mergener – dem Sound eine leicht rockige Note verleiht. Insgesamt zeigt sich der Track aber von einer sehr relaxten Seite.

Mit „Retrospective” hat Richard Hasiba aka Stan Dart mal wieder eine hervorragende Sammlung von Stücken zusammengestellt, die bisher in dieser Form nicht bzw. nur über Social Media-Seiten zu bekommen waren. Alle Stücke zeigen sich sehr melodiös und tragen, auch wenn Anleihen an andere Musiker herauszuhören sind, trotzdem Stan Darts Handschrift. Wer seine melodische Musik mag, kann hier bedenkenlos zugreifen. Ein klasse Album.

Stephan Schelle, April 2020

 
   

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