Stan Dart - Ecclesia
 

Stan Dart - Ecclesia
SynGate Records (2017)
(
17 Stücke, 113:21 Minuten Spielzeit)

Richard Hasiba alias Stan Dart hatte mit seinem letzten Album „Hometown Memories“ seiner Heimatstadt Graz eine musikalische Liebeserklärung abgegeben, da bringt er thematisch im Sommer 2017 mit „Ecclesia“ ein Doppelalbum heraus, bei dem er sich ebenfalls von einem Bauwerk in Graz, nämlich vom Grazer Dom hat inspirieren lassen bzw. hat er auf dem Album diesem Gebäude die Musik gewidmet. Und was soll ich sagen, die CDR hätte aus meiner Sicht eine Veröffentlichung auf einem Majorlabel verdient gehabt, denn qualitativ steht sie in keinem Unterschied zur Musik von Schiller oder Enigma, deren Stilistiken zwischendurch aufblitzen.

 

 


Der CD liegt ein vierseitiges Booklet bei, das für mich (wie schon bei seinem letzten Werk) den einzigen Kritikpunkt an dieser CD darstellt, denn die Texte darin sind in solch kleiner Schrift, das ein älteres Semester wie ich es bin, eine Lupe dafür benötigt. Darin ist zu lesen, dass sich Richard auf der aktuellen CD dem Grazer Dom gewidmet hat, weil ihn von jeher seine Architektur beeindruckt hat. Davon hat er sich inspirieren lassen und ein tolles Album geschaffen, da sich neben sakralen Klängen und Samples vor allem wunderbare Melodien in den Stücken wiederfinden.

„Themen wie Tod oder das Leiden von Menschen – ob in Kriegsgebieten oder auch im Leben von Personen, die deine Nachbarn sein könnten – aber auch die unbändige Freude am Leben selbst, all das findet man in irgendeiner Weise manifestiert im Gebäude einer Kirche. Diese Themen bilden den Grundstock für meine Lieder von welchen ich hoffe, dass sie Euch gefallen.“ So ist es im Booklet zu lesen.

Mit dem 6:33minütigen „Ecclesia I (The Church, Part One)“ startet die erste CD. Als erstes hört man eine Art Ticken in das sich dann eine wunderschöne Melodie anschließt, die zunächst leichte Soundtrack artige Züge aufweist, dann aber in einen Part übergeht, der ein wenig an Schiller- und Enigma-Produktionen erinnert. Damit zeigt sich schon, dass Stan Dart auf dem Album neben traditioneller Elektronikmusik auch eine gehörige Portion Pop zu bieten hat. Eine weibliche Stimme verleiht dem ersten Track darüber hinaus eine sehnsuchtsvolle Atmosphäre.

„In Nomine (In The Name ..)“ beginnt mit einem Segnungswort, das sich anhört, als hätte es Richard in einer Kirche aufgenommen. Dem lässt er sofort einen knackigen Rhythmus folgen und baut in die Melodie immer wieder diesen sakralen Gesang ein, der damit sehr an Enigma erinnert und doch von Richard perfekt und im eigenen Stil umgesetzt ist. Für mich klingt das um Längen besser als das letzte Enigma-Album „The Fall Of A Rebel Angel“ aus dem Jahr 2016. Nahtlos geht es dann mit Stimmen wie aus einem Cafe oder einem Eingangsbereich in den nächsten Track „Vita (Life)“ weiter, das klar Schiller artige Züge aufweist. Wieder kombiniert er hier wundervolle Melodien/Harmonien mit perfekt abgestimmten, teils pumpenden Rhythmen. Dem Track spendiert er dann auch noch eine Melodie die mit einem Trompetensound eingespielt wurde und der ihm einen leichten jazzigen, loungigen Charakter verleiht. Solch einen Track hätte Christopher von Deylen wahrscheinlich auch gerne auf seinem nächsten Album. Für mich perfekt umgesetzt. Wunderbar akzentuierte Perkussion (erinnert mich etwas an die IC-Produktionen von G.E.N.E) und wiederum sakrale Gesänge sowie weite Flächen und sanfte Melodiebögen ziehen dann durch „Deus Misere (God Have Mercy)“, das beim Hörer eine entspannte Atmosphäre verbreitet.

Dem folgt dann mit „Malum (The Evil)“ der erste von zwei von Petra Bonmassar gesungenen bzw. gesprochenen Stücken. Hier weist die Richtung ebenfalls wieder stark in Richtung Enigma/Schiller. Der Track steht qualitativ denen von Michael Cretu’s bzw. von Deylen’s Projekten dabei in Nichts nach. Mit Petra Bonmassar hat Richard eine weibliche Stimme gefunden, die sich sehr gut in die Songs einfügt. Vor allem wenn sie den Refrain singt kann sich schnell eine Gänsehaut einstellen. Ich frage mich hier allen Ernstes, warum diese Musik „nur“ auf einem Elektronik-Indie-Label erscheint (ohne dem SynGate Label die Qualität absprechen zu wollen), wenn sie so viel Potenzial besitzt.

Elektronische Musik in Bestform gibt es dann noch in „Hora Trenebrarum (The Dark Hour)“, bei dem einige Sounds wie Glockenschläge wirken, auch wenn sie sich nicht so anhören und mit dem Sequenzer eine homogene Verbindung eingehen sowie in „Ascensus (The Ascent)“ das von düsteren, pumpenden und flackernden Klängen, die mit einer Art Kirchenorgelsound begleitet wird, bestimmt wird. „Hiems (Winter In The Hearts)“, mit dem die erste CD endet, stellt eine Kollaboration zwischen Richard Hasiba und Mark Dorricott dar. Hier ist es vor allem die Pianomelodie, die das Stück trägt. Allerdings schlitterte Stan Dart damit knapp an der Kitschgrenze vorbei, kriegt aus meiner Sicht aber noch die Kurve.

Die zweite CD bietet dann weitere sechs neue Stücke sowie zwei Instrumentalfassung der von Petra Bonmassa gesungenen Stücke und eine Alternativversion von „Vita“.

Der erste Track „Lacrimosa Caeli (The Lord Is My Shepherd)“ beinhaltet neben sakralem Gesang auch einen Text (Psalm 23), der von Universitätsprofessor Dr. Johann Pock gesprochen wird. Damit bewegt sich auch dieses Stück in Richtung Enigma. „Exsurge Domine (Arise, O Lord)“ zeigt sich ebenfalls mit seinen sehnsuchtsvollen Klängen und den sakralen Gesängen von einer Seite, die zwischen G.E.N.E. und Enigma pendelt. Ein Martinshorn leitet dann in das Stück „Via Laboriosa (The Ardous Way)“ ein, dass von Petra Bonmassa gesungen ist und bei mir schon in den ersten Momenten zu einer Gänsehaut führt, denn besser hätte dieses Stück auch ein Christopher von Deylen nicht hinbekommen. Was für eine Stimme!

Es folgen ein mit einem pumpenden und tanzbaren Beat ausgestattetes „Vox Praeterium (Voice From The Past)“ bei dem Lukas Hasiba mitgewirkt hat (Richard’s Sohn?), ein wiederum sehr rhythmisches „Sanctus“ sowie das abschließende „Ecclesia II (The Church, Part Two)“, das eine sehr schöne rhythmische Elektroniknummer darstellt und dass das Album sehr gut abrundet. Danach kommen noch die drei oben erwähnten Bonustracks.

Mit „Ecclesia“ ist dem Österreicher Richard Hasiba aka Stan Dart ein ganz großer Wurf gelungen, dem es wie schon Schiller und Enigma gelingt elektronische Musik und Pop perfekt miteinander zu verbinden. Wer die vorgenannten Acts mag, der sollte sich unbedingt dieses wunderbare Werk anschaffen. Es ist zu wünschen, dass Richard Hasiba mit diesem Album eine größere Hörerschaft findet.

Stephan Schelle, Juli 2017

 
   

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