Stan Dart - Basilica
 

Stan Dart - Basilica
Eigenvertrieb / Bandcamp (2021)
(
13 Stücke, 111:14 Minuten Spielzeit)

Der österreichische Elektronikmusiker Richard Hasiba aka Stan Dart hatte im Jahr 2016 mit „Hometown Memories“ eine erste Liebeserklärung an seine Heimatstadt Graz eingespielt. Auch die drei „Murinsel“-Alben hatten ihre Inspiration in Graz. Am 10.04.2021 erscheint nun ein Album mit dem Titel „Basilica“ bei dem Richard musikalisch in die spanische Stadt Barcelona reist und sich im Wesentlichen mit der Architektur von Antoni Gaudi befasst. Ursprünglich sollte das Album in einer „Deluxe Edition“ rauskommen: Doppel-CD, 6seitiges Booklet & Remix-EP auf Vinyl. Leider kam die Finanzierung dieses Projekts nicht zustande. Aus diesem Grund ist das Album nur über seine Bandcamp-Seite zum Streamen und Downloaden erhältlich.

 

 


Schon Alan Parsons hatte sich 1987 auf seinem Album „Gaudi“ mit dem spanischen Architekten Antoni Gaudi beschäftigt. Darauf befindet sich unter anderem ein Titel über die berühmte Basilika Sagrada Familia. Das Kernstück des neuen Albums von Stan Dart ist ebenfalls „La Sagrada Familia“, das hier 30 Minuten lang ist. Ein weiterer Longtrack mit einer Laufzeit von 11:38 Minuten Länge befasst sich mit dem „Park Guell“, der mit finanziellen Mitteln von Eusebi Güell entstanden ist. Auch der letzte Titel „La Pedrera“ (Casa Mila) ist einem weiteren architektonischen Gebäude Gaudis gewidmet.

Bei den Stücken des Albums handelt sich um die musikalische Abarbeitung Richard’s Eindrücke, die er 2019 während eines Aufenthalts in Barcelona sammelte. Darunter der Besuch der von Antoni Gaudi geschaffenen „Sagrada Familia“, dem Park Guell und der Casa Mila (La Pedrera). Speziell die Kirche mit ihrer unvergleichlichen Architektur hat ihn besonders beeindruckt. Zudem ist Richard generell ein großer Fan von Gaudi und seiner naturverbundenen Art der Architektur. Die Freundlichkeit und Offenheit Barcelona’s hat ihn darüber hinaus sehr beeindruckt; es kommt selten vor, dass man sich an einem - an sich - fremden Ort gleich so wohl fühlt.

Richard hatte wie viele andere Musiker in der Pandemie-Phase des letzten Jahres viel Zeit gehabt, um sich mit neuer Musik zu beschäftigen. So konnte er noch mehr Zeit im Studio verbringen als sonst, und sich ausgiebig durch seine Erinnerungen „wühlen“ (in Form von Fotos und Videos) und sich intensiv mit den einzelnen Themen und deren musikalische Ausarbeitung beschäftigen. Entstanden sind die Stücke dann von März 2020 bis zum Jahresende.

Musikalisch bietet Richard Hasiba wieder melodische Elektronikmusik, die nur so vor tollen Melodien strotzt. Zwölf Instrumentalstücke und ein von Petra Bonmassar gesungener Titel umfasst das Album.

Dier ersten Zehn Stücke, beginnend mit dem 6:42minütigen Opener „Sunrise“ finden auf dem ersten Silberling Platz (sofern man sich die Stücke auf CD brennt). Diese zehn Stücke, mit dem abschließenden „Sunset“, bilden quasi einen musikalischen Tagesspaziergang durch die spanische Metropole Barcelonas. Wie ein Frühlingsmorgen sorgen luftige und mit Vogelstimmen verzierte Sounds für einen wohligen Beginn im Stück „Sunrise“. Nach gut einer halben Minute kommen die für Stan Dart bekannten Rhythmusmuster und wunderbaren Sounds auf, denen nach einer Minute Spielzeit ein pumpender Groove spendiert wird. Das sorgte für eine loungige, positive Stimmung, bei der man gleich mitwippen muss. Auch kommen in diesem Stück erstmals angedeutete gregorianische Chorstimmen auf.

„Apsis“ nennt sich der 5:28minütige, zweite Track. Hier startet Stan Dart mit einer Geräuschkulisse, die an einen Vorplatz eines Domes erinnert, denn man hört Stimmgewirr und Glockenschläge. Nach wenigen Momenten kommen unter die Haut gehende Flächen und Harmonien auf in die sich dann sakral anmutende Gesänge mischen. Das erinnert ein wenig an Acts der Marke Enigma und zeigt doch die Handschrift von Richard Hasiba. Ein sehr schöner atmosphärischer Track.

Es folgt der dritte Track „Antoni And Jose“, den Richard wie folgt beschreibt: Fiktiv, aber dennoch interessant, ist das Thema hinter „Antoni and Jose“ in dem ich ein fiktives Treffen von Gaudi mit dem im Vorjahr verstorbenen (und von mir hoch geschätzten) Musiker Jose Padilla beschrieb. Was wäre dabei als Song rausgekommen, wenn sich die beiden zu dem Thema unterhalten hätten ...? Dieses fünfeinhalbminütige Stück besticht ebenfalls durch eine eingängige Melodieführung und einen angenehmen Rhythmus, bei dem sich einige Tonfolgen wie Perlen an einer Schnur reihen. Ein Akkordeon artiger Sound verleiht diesem Stück ein gewisses Flair.

Es folgen weitere atmosphärische Tracks, die allesamt durch ihre Sounds und Rhythmusmuster für gute Stimmung sorgen. Mit dem 5:28minütigen „Waiting“ gibt es dann noch ein von Petra Bonmassar, die bereits bei vorangegangenen Alben Stan Dart’s beteiligt war, gesungenes Stück. Richard erklärt den einzigen gesungenen Titel wie folgt: Der Song „Waiting“ entstand noch in Barcelona - beeinflusst durch eine Führung durch den Park Guell wo ich zum ersten Mal hörte, dass Gaudi wohl ein relativ schüchterner Mensch war und sich Zeit seines Lebens dadurch nicht dem weiblichen Geschlecht zugewandt hatte. Bis auf eine Ausnahme, aber die Dame war zu der Zeit schon verheiratet ... Ich konnte mir gut vorstellen, dass es auch für diesen Vielbeschäftigten gelegentlich Zeiten gab, in denen er sich vielleicht an die Dame erinnerte und über ein anderes Leben (mit ihr) nachdachte. Petra Bonmassar’s Stimme passt perfekt zu diesem atmosphärischen Song, mit dem Richard wieder ein sehr schöner Song gelungen ist, der Popappeal besitzt.

Ruhig und hymnisch beginnt zunächst der letzte Titel des ersten Silberlings „Sunset“. Man spürt beim Hören quasi wie sich die Sonne in ihrem rötlichen Antlitz am Horizont verabschiedet, während sie noch die letzten wärmenden Strahlen aussendet.

Das Kernstück des Albums und erster Track des zweiten Silberlings, „La Sagrada Familie Parts I-V“, ist ein 30minütiger Track, der in „Part I: Entering The Basilica“, „Part II: Whispers And Voices“, „Part III: Past And Present“, „Part IV: Bells Of The Future“ und „Part V: Leaving The Basilica“ unterteilt ist. Die einzelnen Parts lassen sich allerdings nicht einzeln ansteuern, was aber auch nicht relevant ist, da sie insgesamt einen sehr guten Longtrack ergeben, der zum Highlight des Albums zählt. Dadurch ist aber nicht klar, wo die einzelnen Parts beginnen bzw. aufhören.

Ein langsam anschwellender Ton leitet in diesen Longtrack ein, was einen gewissen Spannungsbogen erzeugt. Vor meinem geistigen Auge erscheint die La Sagrada Familia in einem langsamen Kameraschwenk, um zunächst einige Details zu offenbaren. Dann kommen nach etwas mehr als zwei Minuten Pianotupfer und Gitarrenähnliche Klangmotive auf, die die Erhabenheit dieses außergewöhnlichen Gebäudes unterstreichen. Wir haben nun mit Richard das erhabene Gebäue betreten.

Streichersounds kommen dann nach etwas mehr als sechs Minuten auf und leiten dann in den zweiten Part über, der ebenfalls die Erhabenheit der Kathedrale musikalisch umsetzt. Wenig später kommen rhythmische Elemente und tropfenartige Klänge sowie ein etwas druckvollerer Rhythmus hinzu. Jetzt wird es gar ein wenig poppig mit leicht rockigem Einschlag, was Spurenelemente von Alan Parsons aufweist. Auch mischt Richard wieder sakrale Gesangsmotive hinzu. Weitere Struktur-, Rhythmus- und Melodiewechsel folgen und sorgen so für einen sehr abwechslungsreichen Longtrack.

Der zweite Track auf diesem Datenträger ist dann das 11:38minütige „Park Guell“. Zu Beginn hört man – wie schon zuvor im Opener „Sunrise“ - wieder Vogelstimmen und ein leichtes Stimmgewirr, so als würde man sich in einem großen Park befinden. Nach etwas mehr als einer Minute wird es dann durch den Einsatz einer Drummachine rhythmischer. Stilistisch ist Richard hier im weiten Umfeld von Schiller & Co. unterwegs.

Mit dem 5:42minütigen „La Pedrera“ lässt Richard dann das Album ausklingen. Der Track ist zunächst sehr orchestral angelegt und bekommt nach wenigen Momenten akzentuierte Rhythmusmuster. Darauf setzt Richard dann eine Gänsehaut treibende Melodielinie. Das ist ein sehr schön verträumter Ausklang aus seinem neusten Album.

Richard hat darüber hinaus noch fünf Remixe mit einer Gesamtspielzeit von 34 Minuten erstellt. Diese bekommen nun alle umsonst dazu, die sein Album runterladen - quasi als ein kleines Dankeschön seinerseits. Daneben hat er den Downloads auch noch Grafiken und Infomaterial als Bonusfeatures hinzugefügt, damit sich der Hörer ein gutes Bild davon machen kann, wie das Album entstand.

Richard Hasiba aka Stan Dart bleibt seinem hohen Standard auf seinem neuesten Album, „Basilica“, das den Untertitel „La Sagrada Familia“ trägt, treu. Wie auf seinen vorangegangenen Werken strotzen die Stücke nur so voller herrlicher Melodien. Ein klasse Album, das mehr Zuspruch verdient hat.

Stephan Schelle, April 2021

 
   

CD-Kritiken-Menue