Tom Seche - Step By Step
 

Tom Séché - Step By Step
Eigenvertrieb (2001)

Bei den letzten Schwingungenwahlen (2001/2002) hat der in Köln lebende Tom Séché den ersten Platz in der Rubrik "Bester Neuling" belegt. Gelungen ist ihm dieser Schlag mit seiner DebütCD "Step By Step".

Im Booklet der CD prangen die nachfolgenden zwei Zitate von klassischen Komponisten:

"Schweben zwischen Schlafen und Wachen" (Brahms)

und

"Nur Musik die aus dem Herzen kommt, vermag auch die Herzen anderer zu bewegen" (Schumann).
 

 

 

Die CD stellt ein gemeinsames Projekt von Tom und der Kölner Reha Nova Klinik dar. Tom arbeitet als Ergotherapeut in dieser Klinik und so sind die vorliegenden Kompositionen in Verbindung mit dem Alltagsgeschehen in der Rehabilitationsklinik entstanden. Schritt für Schritt, also Step by Step, lernen die Patienten in der Klinik sich wieder in den Alltag zu integrieren. Tom versucht mit seinen Stücken unterschiedliche Stimmungen wie Dramatik, Trauer, Angst, Entspannung und Zuversicht auszudrücken. Einige seiner Stücke werden in der Reha Nova Klinik zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Wer allerdings jetzt eine langweilige Esoterikplatte erwartet, liegt falsch.

Die CD hat eine Gesamtlänge von über 68 Minuten und enthält insgesamt 13 Stücke, wobei die Titel 4 - 6 (Zoologie Part 1 - 3) nicht nur thematisch, sondern auch musikalisch zusammengehören. Die einzelnen Titel haben eine Spielzeit zwischen 3:14 und 8:15 Minuten.

Toms klassische Klavierausbildung lässt sich in den Stücken auch nicht verleugnen. Gleich der erste Titel bringt mit seinen Streicherklängen und Flötensounds klassische Elemente und bildet einen sehr entspannten, ruhigen Einstieg in die Platte.

Stück zwei öffnet weite Klangräume durch die warmen Xylophon artigen Sounds. In den ersten gut 2 Minuten verändern sich die Sounds nur wenig, danach kommen weitere Stimmen hinzu und es entwickeln sich Soundstrukturen, die mit dem Amerikaner Jonn Serrie vergleichbar sind. Dem Stück sind zusätzlich Stimmsamples hinzugefügt, die allerdings nicht zu verstehen sind, aber zur Grundstimmung beitragen.

Titel drei "Steps" kommt etwas jazzig, was Rhythmus und Sound betrifft, daher. Das wird auch durch den Einsatz von Stimmen (Gesang, Sprache, Samples) verstärkt. Ein Stück, das auch auf so manche IC-Digit-Produktion passen würde.

Die Stücke Zoologie Part 1 - 3 gehen direkt ineinander über. Ihnen sind Natursounds (Regen, Gewitter, Vogelgeschrei, etc.) untergemischt, was sehr zur Stimmung beiträgt. Part 1 beginnt noch ganz sanft und ist von Klavier und Synthies sowie einer zarten Melodie bestimmt. Part 2 beginnt verhalten, steigert sich dann aber immer mehr. Durch den Einsatz der Gitarre und die Percussion klingt Part 2 recht frisch und sorgt für etwas mehr Pep. In Part 3 erklingt dann ein Didgeridoo. Dieser Part hat Elemente der Worldmusic zu bieten. Ein faszinierendes, hypnotisierendes Stück.

Als nächstes kommt "Sky Divers", das mit Geigenklängen beginnt. Diese Sounds schmeicheln dem Ohr des Hörers. Das Stück besteht aus zwei Passagen, die sich wiederholen. Vorangetrieben wird es dadurch, dass sich weitere Sounds hinzugesellen. Eine echte Melodie bietet dieses Stück nicht, es handelt sich mehr um angenehme Soundcollagen.

Der Applaus, der zu Beginn des nächsten Tracks "Bonjour" zu hören ist, zeugt nicht von einer Liveaufnahme, vielmehr ist er hinzugefügt worden. Dieses Stück ist wieder ein sehr relaxter Song, der mit Saxophonsounds versehen ist und wieder Ähnlichkeiten zu IC-Digit-Produktionen aufweist.

"La Nuit" beginnt mit einer vom Saxophon gespielten Melodie, die jedoch wieder eher in eine Soundcollage wechselt. Bei diesem Stück finden wir schöne Streicherflächen und Synthieloops.

Um einen sehr spacigen Titel handelt es sich bei "Á Orion". Er weist keine Melodien auf und ist von Synthieflächen geprägt.

Das einzige Stück, was auf dieser CD ein wenig aus dem Rahmen fällt ist "Konzertstudie Nr. 20 für Fagott – Adagio Cantabile". Im Gesamtbild wirkt er etwas störend, was bei einer Laufzeit von 4:36 Minuten zur Gesamtlaufzeit von 68 Minuten aber nicht weiter ins Gewicht fällt. Wie der Titel schon besagt, wird es hier klassisch und der Pfad der Elektronikmusik wird für kurze Zeit verlassen. Das Stück wird lediglich auf einem Fagott gespielt. Tom hat Marcel Séché (sein Bruder?) Platz für diese klassische Einlage gegeben. Komponiert wurde das Stück von Ludwig Milde. Ich - als Kunstbanause - betätige bei diesem Stück allerdings immer die Skiptaste zum Überspringen des Titels.

Im Titel "Brainspheres" bietet Tom wieder einen Sound á la Jonn Serrie mit absolutem Raumklang. Dem Ohr öffnen sich praktisch die Weiten des Klanguniversums.

Im letzten Titel der CD sind leichte Anleihen an den holländischen Elektroniker Ron Boots zu finden. Das Stück hat - wie einige der Titel auf dieser CD - etwas von einem Soundtrack. Die Songstruktur in diesem Track ist ausgeprägter als bei den vorherigen Stücken.

Tom schafft es auf der CD sehr schöne Klanggebilde zu erschaffen. Melodien, die die einzelnen Titel zu Songs werden ließen, findet man hier eher seltener. Dennoch, oder gerade deswegen, hat die CD/Musik ihren besonderen Reiz. Bei geschlossenen Augen kann man sich von seinen Gedanken und geistigen Bildern, die diese Musik hervorruft, entspannt treiben lassen. Durch die unterschiedlichen Stile, ist von Tom in Zukunft noch einiges zu erwarten. Er bzw. seine CD hat einiges an Potenzial zu bieten, was, wie man an dem Ergebnis der Schwingungenwahl sehen kann, auch den Fans der Elektronikmusik nicht verborgen geblieben ist.

Weitere Infos zu Tom und seinen Projekten findet ihr auf seiner ansprechenden Homepage unter:

www.tomseche.de

Stephan Schelle, 2002

 
   

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