Schiller - Atemlos
 

Schiller - Atemlos
Universal Music (2010)
(18 Stücke, 77,29 Minuten Spielzeit bzw. 29 Stücke, 128:24 Minuten Spielzeit)

Am 12.03.2010 kommt mit „Atemlos“ das mittlerweile sechste Album des deutschen Soundmagiers Christopher von Deylen auf den Markt, der bekannter unter seinem Künstlernamen Schiller ist. Und wie es bei seinen Produktionen üblich ist, so erscheint auch „Atemlos“ in verschiedenen opulenten Versionen. Neben der normale Edition, die im Digipack mit einer CD und einer DVD ausgeliefert wird gibt es noch die Deluxe Edition im Buchformat mit 30seitigem Booklet, zwei CDs und einer DVD sowie die Ultra Deluxe Edition, die auf 2.500 Exemplare limitiert ist und zusätzlich mit einer BonusCD mit den Stücken „Klangwelt 1“ bis Klangwelt 6“, sowie einem Leinwanddruck im Stil des Covers ausgestattet ist. Dazu ist die Ultra Deluxe Edition auch noch nummeriert und von Christopher signiert.

 


Aber kommen wir zur Musik. Die DoppelCD enthält 29 Stücke, von denen mir zur Besprechung 13 Titel auf der Promo-Version vorliegen. Aber auch diese Anzahl macht schon deutlich, welche Qualität das Album hat.

Wer die Musik von Schiller kennt, der weiß was ihn erwartet, denn Christopher’s musikalische Handschrift ist unverkennbar, so auch auf dem neuen Album. Seine Alben haben darüber hinaus viele gleichartige Konstante, als da wären: Kollaborationen mit unterschiedlichen Musikern (Sängerinnen und Sänger), ein Wechselspiel aus Gesangs- und Instrumentalnummern, perfekte Soundgestaltung und beste Klangproduktion. Und noch eine Konstante gibt es bei den Alben seit „Weltreise“, sie heißt Kim Sanders. Die Sängerin, die sich auch im Musical zu Hause fühlt, sorgt bei einem Stück für pures Gänsehautfeeling. Ihre Interpretation von „Under My Skin“ geht förmlich unter die Haut, denn sie singt zunächst in einer sanften Art, die mich an Madonna erinnert, danach schält sich aber ihre markante Stimme aus dem Song, die einen hohen Wiedererkennungswert hat. Schon dieses Stück, das hoffentlich auch auf der Tour präsentiert wird, gehört zu meinen Top-Favoriten.

Zunächst aber überrascht uns Christopher mit Ambientklängen in „Tiefblau“. Ein an- und abschwellender Synthiesound führt den Hörer in die Unterwasserwelt, die Christopher während einer vierwöchigen Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff Polarstern in die Arktis unternommen hat. Er konnte dabei mehrfach Eindrücke mittels eines Tauchroboters, den er selbst steuern durfte, unter Wasser genießen. In weiteren Instrumentaltracks wie „La Mer“ oder „Polarstern“ verarbeitet er diese Eindrücke weiter. „Le Mar“ ist eine wundervoll verträumte Klangwolke ohne Rhythmuselemente, in die man sich fallen lassen kann, und mit „Polarstern“ geht es zunächst perlend, dann im Stil traditioneller Elektronik unter die Wasseroberfläche.

Und wie gewohnt hat Christopher auch wieder eine Reihe von Interpreten um sich versammelt. Bei der Auswahl der Sängerinnen und Sänger ist ihm wieder ein besonders gutes Händchen gelungen, denn die Stimmen passen ganz hervorragend zu den einzelnen Songs. Ein Favorit ist für mich „Try“, das von der amerikanischen Sängerin Nadia Ali, die in Pakistan geboren ist, gesungen wird. Für mich hat dieser Popsong eine Menge Hitpotenzial und strahlt diese warme Natürlichkeit aus, die Schiller-Songs inne haben. In „Playing With Madness“ kommt die Schwedin Mia Bergström (sie ist Sängerin der Popband Itchycoo) zum Einsatz. Zunächst mit einer einfachen Pianolinie versehen, perlt nach wenigen Momenten eine typische Schillermelodie in den Vordergrund. Mia’s Gesang hat in diesem Stück einen ähnlichen Ansatz wie Jael auf „Sehnsucht“.

Der Schlagzeuger Jaki Liebezeit, der vor allem durch seine Zugehörigkeit bei der Krautrocklegende Can und bei der deutschen Formation Phantomband bekannt wurde und der bei vielen bekannten Musikern darunter u. a. auch auf Alben von Joachim Witt, Brian Eno, Michael Rother oder Depeche Mode trommelte, verfeinert zwei Stücke mit seiner außergewöhnliche Perkussionarbeit. Auf der Promo befindet sich das Stück „Leidenschaft“, das durch Jaki eine ganz besondere, hypnotische Note erhält. Die herrlichen Klangfarben des Synthies werden perfekt von der Perkussion hervorgehoben.

Mit Midge Ure, dem bekannten Solokünstler („Dancing With Tears In My Eyes“, „If I Was“) und Frontmann der britischen Band Ultravox hat Christopher sich wieder einen großen Namen auf das Album geholt. Beim Stück „Let It Rise“, das für meinen Geschmack etwas sehr ruhig beginnt und bei dem ich im ersten Durchgang erst etwas enttäuscht war, entwickelt sich aber nach kurzer Zeit (wenn der klackende Rhythmus einsetzt) zu einem richtig guten Song, der mich aus sofort packt. Aus diesem Stück sprüht dann förmlich der Spirit den nur Midge mit seiner unnachahmlichen Stimme zu erzeugen vermag. Eine gelungene Kombination aus den beiden Stilen. Entstanden sind die Aufnahmen in Midge’s Studio in Bath, in das Christopher eingeladen wurde.

Die aus Tschechien stammende Sängerin Lenka Kripac, die unter ihrem Vornamen Musik macht, ist mit sieben Jahren nach Australien gezogen und lebt seit ca. drei Jahren in Amerika. Sie haucht ihren Text bei „Sunrise“ aus den Boxen und wieder stehen mir die Haare zu Berge und ich frage mich, wie entdeckt Christopher nur immer wieder diese Stimmen. Sehr gut gefällt mir hier auch der metallische Rhythmus, der sich im Laufe des Stückes hinzugesellt.

„I Will Follow You“ mit dem Sänger Henree trägt neben den typischen Schillerelementen und -sounds auch einen Hauch Eurythmics. Ich hatte beim Gesang zunächst an deren Song „Here Comes The Rain Again“ gedacht, doch schnell ändert sich dieser Stil und der Sonmg gewinnt an Eigenständigkeit, der ebenfalls Hitcharakter hat. Die letzte Sängerin, die sich auf der Promo präsentiert, ist die aus Indonesien stammende und in Frankreich beheimatete Anggun. Wer nun glaubt, dass ein asiatischer Touch in die Musik á la „Berlin Bombay“ Einzug hält, der sieht sich getäuscht. Anggun’s Stimme und auch die Melodie von „Always You“ sind weniger in der Weltmusik als vielmehr im Blues verhaftet. Anggun’s rauchige Stimme schneidet den Raum und verleiht dem Titel eine magische Ausstrahlung. Und im „Reprise“ nimmt Christopher die Stimmung und Melodie noch einmal von „Always You“ auf und ergänzt sie um eine Mischung keltisch und französisch wirkenden Folk’s mit Gilmourartigen Gitarrenlicks.

Neben diesen Künstlern wirken auf dem fertigen Album noch Anna Maria Mühe (die wohl wieder einen Text spricht), die norwegische Indie-Rock-Sängerin und Komponistin Kate Havnevik sowie die italienische Sängerin und Musikerin Odette Di Maio mit, die den internationalen Reigen vervollständigen.

Mit „Atemlos“ ist Christopher wieder ein magisches Album gelungen. Auch wenn an der ein oder anderen Stelle Sounds aus den Boxen schweben, die man so schon von Schiller gehört hat, so überrascht er doch an vielen anderen Stellen durch neue stilistische Komponente, die seine Musik ungemein bereichern und spannend halten. Nach dem mehrfachen durchhören wird die Spannung und Begierde immer größer, das komplette Werk hören zu dürfen. „Atemlos“, ein „must have“ für all diejenigen, die auf gute Elektronik- und Popmusik stehen. Hohe Empfehlungsstufe!!!

Stephan Schelle, Februar 2010

Gestern trudelte die bestellte Limited Ultra Deluxe Edition bei mir ein. Die auf 2.500 Exemplare limitierte Edition enthält die Super Deluxe Edition, bestehend aus einem 30seitigen, buchformatigen Digipack inkl. zwei CDs (mit 20 Stücken) und einer DVD mit Videomaterial und zehn Stücken im 5.1 Dolby Surround-Format. Als weitere Beigabe der Ultra Edition befindet sich die CD „Atemlose Klangwelten“, die allein den Kauf der Edition rechtfertigt, sowie ein handsignierter und nummerierter Leinwanddruck des Covers.

Hatten mich die 13 vorab präsentierten Stücke schon gefangen genommen, so bietet die Limited Ultra Deluxe Edition die volle Ladung faszinierender Schiller-Musik. Christopher von Deylen hat sich mit „Atemlos“ mal wieder selbst übertroffen. Ein Meisterwerk, dass ich nur wärmstens empfehlen kann. Diese CD (am besten in der Ultra Edition) muss man haben.

Stephan Schelle, 13. März 2010

 
   

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