Sampler – Electronic Signals From Italy
 

Sampler – Electronic Signals From Italy
22nd Century Music (2019)

(11 Stücke, 56:19 Minuten Spielzeit)

Wie es der Name schon sagt, präsentiert der Sampler „Electronic Signals From Italy” elektronische Musik von italienischen Musikern. Insgesamt elf Künstler haben sich mit ihren Stücken auf dem Silberling verewigt. Den Freunden der elektronischen Musik dürften dabei vor allem die beiden Namen Gabriele Quirici (aka Perpetual Defence) und Alessandro Ghera (Alexynth Project, ex-Alerick-Project) bekannt sein. Diese beiden Musiker haben letztes Jahr unter dem Namen Colisseum das Album „Adventus” veröffentlicht.

 

 


Aber auch Piero Monachello (aka Alluste) und Gino Zuliani (aka Delphi) sind in der Szene nicht ganz unbekannt. Piero Monachello startet dann auch gleich den Sampler mit seinem Stück „Wave Runner”. Sanfte Flächen eröffnen diesen ersten, 7:17minütigen Track, der auch zugleich der Längste des Sampler ist. Diese Sounds schieben sich direkt unter die Haut. Nach gut drei Minuten kommt ein sanfter Sequenzerrhythmus auf und der Track nimmt langsam Fahrt auf. Piero zaubert dabei herrliche Klangbilder, die ansatzweise an Tangerine Dream erinnern, aber durch eigene ambiente, harmonische Klangmuster bestimmt werden. Ein sehr schönes Stück.

Gino Zuliani hat den 5:22minütigen Track „Phase Change” beigesteuert. Er arbeitet hier mit sehr schönen Stereoeffekten, denn die Klänge wechseln stetig von links nach rechts und umgekehrt. Nach etwas mehr als einer Minute kommt dann ein pulsierender Rhythmus auf, der den monotonen Klangfolgen Drive verleiht. Diese Klangmuster werden dann leicht variiert. Das klingt ungewöhnlich aber äußerst spannend.

Roberto Alfano, der als Kalyso firmiert, ist mit „Closing Theme (From Dark City)” vertreten. Düstere Sounds und ein gemächlicher Rhythmus bestimmen hier das Bild. Nach gut einer Minute kommen aber hymnische Sounds auf, die das Melodiebild charakterisieren. Ebenfalls recht düster wirkt „Approaching V354 Cephei”, das aus der Feder von Gabriele Quirici aka Perpetual Defence stammt. Gabriele erstellt hier Klangmotive und Stimmungsbilder, die in der ersten Minuten jegliche Harmonie vermissen lässt. Sobald dann aber der Sequenzer gestartet wird, klingen die Soundformationen harmonischer, bleiben aber mehr abstrakt.  

Andrea Debbi (aka Lensflare) ist mit dem Stück „Equinoxe” dabei. Wer hier an den bekannten Titel des französischen Elektronikers Jean Michel Jarre denkt, der liegt aber falsch. Sich wiederholende Harmoniefolgen werden streckenweise mit einem Rhythmus aus der Drummachine kombiniert. Der Track lebt von den Variationen der Klänge und Rhythmen.

Alessandro Ghera steuerte das rhythmische Stück „The Sands Of Tie” bei. Der 5:46minütige Track ist eine Mischung aus Kraftwerkschen Elementen und House/Trance. Nach gut zwei Minuten wird es dann sogar leicht rockig, wenn der Schlagzeugrhythmus einsetzt. Im Mittelteil erinnert die Pianopassage gar an Robert Miles. Das geht richtig gut ab.

Ein stampfender Beat und perlende sowie flächige Synthies machen aus „Kepler 186b” von Rossano Quaresmini eine fast tanzbare Nummer. Ein schöner Track, der mit seinen 2:42 Minuten (dann wird der Track einfach ausgefadet) aber etwas kurz geraten ist. Zunächst mysteriös geht es dann in Gianfranco Grilli’s Stück „Mintaka” weiter. Ungewöhnliche Klangfarben und im Hintergrund wabernde Synthierhythmen bilden eine eigenartige Stimmung. Nach etwas mehr als zwei Minuten ändert sich die Klangfarbe der Synthies, was mich an den experimentellen Eroc erinnert. Ein reizvolles Stück mit außergewöhnlichen Klangstrukturen.

Herrliche Sequenzerrhythmik und Synthesizersounds bietet dann das Stück „Synth Hazard” von Marco Michinelli. Melodisch und von wunderbaren Sounds durchzogen kann dieser Track fesseln. Mit an Wave erinnernde Sounds sowie einer Spur Vangelis („Albedo 0.39”) zeigt sich dann „The Sentinel” von Paolo Baccillieri. Rhythmisch und melodisch ist dieses Stück. Den Abschluss bildet dann das Stück „Fifth Atmosphere” von Giuseppe Baccillieri. Ob bzw. wie sein Verwandschaftsverhältnis zu Paolo Baccillieri ist, ist aus dem Cover nicht ersichtlich. Dieser letzte Track ist noch mal sehr atmosphärisch und erzeugt durch die Harmonien wieder ein wohliges Gefühl beim Hörer. Ein schöner Ausklang aus diesem gelungenen Sampler.

„Electronic Signals From Italy” ist zum Glück nicht der x’te Sampler mit „Berliner Schule”-Anleihen. Die vertretenen Künstler zeigen hier eine ganz eigene Handschrift. Wer sich ein Bild über die italienische Elektronikszene verschaffen möchte, der sollte hier zugreifen.

Stephan Schelle, Juni 2019

 
   

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