Sampler - Colour & Music
 

Sampler – Colour & Music (2003)
Label: PRUDENCE 398.6648.2
CD: 10 Tracks / 56:09

Das Elektroniklabel Prudence bringt mit dem Titel Colour & Music einen Sampler heraus, der insgesamt zehn Musiker/Gruppen des Labels präsentiert. Ausgesucht wurden die Stücke nach dem von Dr. Frank Anders jr. benannten Farbtest für ein Schnellverfahren zur Charakter- und Schicksalsdiagnostik.

Der Grundgedanke, dass einige Menschen beim Hören von Tönen Farben sehen können, hat das Label bewogen einige Stücke mit den unterschiedlichsten Farbtupfern auf die CD zu bringen. Ein in C-Dur geschriebenes Stück leuchtet beispielsweise für diese Menschen Weiß, eines in D-Dur Gelb-Orange und bei A-Dur sehen sie ein helles Rot. Das informative Booklet erklärt die Eigenschaften der einzelnen Farben und gibt an, welchem Stück welche Farbe zugeordnet wurde. Jedes der auf der CD enthaltenen Stücke hat eine andere Farbe.
 

 

 

Die CD, deren einzelne Titel Laufzeiten zwischen 2:27 und 10:08 Minuten Länge haben, beginnt mit der Gruppe Gingko Garden. Der Song Secret Call ist ein locker leichter Titel, den man gut nebenbei hören kann. Er bietet eine schöne Melodie im Deep Forest-/ bzw. Enigma-Stil der schon gewisse Ohrwurmqualitäten besitzt. Die Farbgebung gelb (= dynamisch anregend) passt meines Erachtens gut zu dem Stück.

Elektronische Musik gepaart mit ethnischen Klängen empfangen den Hörer auf dem Track Voices In The Wind von Bernd Scholl. Während er auf seinen früheren Alben eher ruhige, tranceartige Stücke veröffentlichte, ist dieser Track von seinem Album Mystic Voyage rhythmischer. Eine schöne manchmal schon zuckersüße Melodielinie wird von einem Trommelloop begleitet. Dazu werden Sprachfetzen eingewoben. Das Stück liegt musikalisch irgendwo zwischen Fernost und den nordamerikanischen Indianerstämmen. Der sehr eingängige Titel hat die Farbe Orange bekommen, welche für Wärme und Aktivität steht.

Nun folgt mit Encinerada der für mich wohl schönste Titel von Alquimia’s CD A Separate Reality aus dem Jahr 2001. Elektronische und akustische Instrumente sowie Alquimia’s engelsgleiche Stimme bilden die Substanz dieses über 10minütigen faszinierenden Songs. Sie hat eine unglaubliche Ausstrahlung, das wird besonders bei ihren Liveshows deutlich. Durch die Instrumentierung und die Art ihres Gesanges hat dieses Stück einen leichten mittelalterlichen und klassischen Einschlag. Diesem sehr schönen Song wurde die Farbe rot, die u. a.  für Freude und Feste steht, zugeordnet.

Auf dem kürzesten Stück der CD wird es nun rhythmischer, denn die Band Drum’n’Space wird ihrem Namen gerecht. Jedoch geht das hier bei dem Titel Walks noch gemäßigt zur Sache. Tribalartig entwickelt sich der Song, der anfangs noch etwas monoton und hypnotisch wirkt, dann aber melodisch abgeht. Einziger Kritikpunkt: Bevor das Stück so richtig an Fahrt gewinnt, ist es schon zu ende. Schade, denn ich möchte mehr davon.

Bei Delago’s Stück Air Ameva verleiten die romantischen Klänge den Hörer sanft davon zu schweben. Dem Titel wurde die Farbe rot, die neben den Attributen Freude und Feste auch für die Liebe steht, zugewiesen. Und die Liebe fällt einem bei diesem Stück unweigerlich ein. Ich stelle mir die Frage, wo mein Partner ist, denn ich will auf der Stelle kuscheln. Zu diesen sanften Klängen gesellt sich bei genauerem Hinhören zeitweise ein dumpfer Didgeridoo-Sound, der erst nicht als solcher empfunden wird. Aber keine Angst, auch wer das australische Instrument nicht mag, wird bei dem Song genüsslich abheben, denn der Mix passt gut. Zum Ende des Liedes erklingen noch Zeilen eines Gebetes. Was das allerdings mit dem Song zu tun hat, bleibt mir verborgen.

Es folgt als nächstes der Titel Blue Lagoon von Joe Weineck, den ich mal mit dem Attribut Easy-Listening versehen möchte. Das soll aber kein Negativmerkmal sein, denn Joe schafft es, dass der Titel nicht ins klischeehafte abdriftet. Durch den Rhythmus und den Sound fühle ich mich beim Hören gedanklich an einen Strand versetzt, an dem gerade die Sonne untergeht. Das Stück macht einfach Spaß. Die Farbe Lila, die man diesem Stück zuordnete, soll bedeuten, dass es einem so halbwegs geht. Das irritiert mich allerdings, denn ich finde dass der Song eine gewisse Fröhlichkeit verbreitet.

Nun kommt Peter Mergener zu Gehör. Sein Titel Touch The Guitar stammt von seinem Livealbum Instinct Traveller und bietet neben den sehr schönen Synthieklängen vor allem eine von Achim Elsen im Stile von David Gilmour gespielte E-Gitarre. Pink Floyd-Fans werden meines Erachtens ihre Freude an diesem Stück haben. Im Übrigen findet man auf der kompletten Live-CD von Mergener weitere Gitarrensounds in diesem Stil. Toller Song, ich mag diesen Stil von Peter Mergener sehr. Die Farbe Braun, die diesen Titel darstellen soll, mögen vor allem Menschen, die mit beiden Beinen auf dem Boden stehen und Stabilität und Treue schätzen.

Der Track Nummer acht von Nasser Kilada mit dem Titel Tarnima hebt sich von den bisherigen Stücken schon sehr ab. Beginnt er noch sanft mit einigen Gitarrenklängen, wird nach wenigen Momenten ein nahöstliches Flair geboten. Obwohl der Track für westliche Ohren etwas gewöhnungsbedürftig ist, finde ich ihn trotzdem spannend.

Es geht mit dem Stück Djambee von Althea W. ethnisch weiter, allerdings hat dieser Song vor allem durch seinen Gesang und die Gitarre jazzigere Element, auch klingt das Stück afrikanisch. Die Melodie wiederholt sich stetig und strahlt damit eine gewisse, wenn auch rhythmische Monotonie aus.

Der außergewöhnlichste Titel kommt am Ende der CD. Die Band Opera To Relax bietet mit ihrem Stück Upon The Temple Bell einen Stilmix aus Dead Can Dance und Anne Clark. Durch den teils asynchronen Rhythmus und eine darüber liegende sanfte Melodielinie (Klavier) sowie dem teilweise einsetzenden Sprechgesang kommt diesem Titel etwas Experimentelles zu. Ich würde den Song als Soundgebilde beschreiben, der eine gewisse Ruhe ausstrahlt.

Der Sampler bietet einen guten Überblick über die Künstler des Prudence-Labels. Dazu erfährt, man noch aus psychologischer Sicht etwas über die Bedeutung von Farbe und Musik. Eine rundum gelungene CD, die auch denen gefallen wird, die sich nicht für elektronische Musik interessieren.

Stephan Schelle, Dezember 2003 

 
   

CD-Kritiken-Menue