Ron Boots – Signs In The Sand
 

Ron Boots – Signs In The Sand
Groove Unlimited (2012)
(3 Stücke, 57:49 Minuten Spielzeit)

Am 19. Mai 2012 trat der niederländische Elektronikmusiker Ron Boot zusammen mit Remy Stroomer in der St. Bavo Kirche im niederländischen Haarlem auf. Beide Musiker spielten einen Soloset. Im Oktober 2012 erscheint nun die neue CD von Ron Boots unter dem Titel „Signs In The Sand“, auf der große Teile seines Konzertes aus Mai 2012 enthalten sind. Ron Boots, der schon von Beginn an durch die Musik des großen Klaus Schulze inspiriert war, huldigt seinem Vorbild mit dieser CD, denn einiges auf dem Album erinnert an den Stil des Elektronikpioniers.

 


Sieht man sich den Katalog der Veröffentlichungen von Ron Boots, die er Solo oder gemeinsam mit anderen Musikern auf die Beine gestellt hat an, dann kann man Ron schon als Workaholic bezeichnen. Ganz nebenbei führt er auch nach das Groove Unlimited Label und organisiert zwei Mal im Jahr seine Elektronikfestivals im niederländischen Oirschot. Da fragt man sich, wie er es hinbekommt noch Zeit für eigene Musik zu finden. Das erstaunliche dabei ist aber die konstante Qualität, die Ron’s Werke aufweisen. Und so ist das auch mit dem neuesten Output unter dem Titel „Signs In The Sand“.

Drei Stücke, von denen zwei als Longtrack bezeichnet werden können, da sie die 20-Minuten-Grenze sprengen, hat Ron auf dieses Album gepackt. Streckenweise ist Ron’s Stil nicht aus der Musik zu erkennen, nutzt er doch zwischendurch immer mal wieder für ihn unbekannte Klangbilder und Rhythmusstrukturen.

Welche Zeichen hat Ron denn nun im Sand gefunden? Oder ist das eine Metapher für die Zeichen der Zeit, in denen er sich bewegt und musikalische Anköpfungspunkte zur „Berliner Schule“ steckt? Das eine Verbindung zu Klaus Schulze bei den neuen Stücken von Ron geschlagen wird, lässt sich schon am gut 27minütigen Eröffnungsstück erkennen, das schlicht „Klaustrofobia“ heißt. Hier wurde mal eben der Begriff Klaustrophobie in einen anderen Kontext gesetzt.

Murmelnd gesprochene Texte, so wie eine Art Beschwörung, hat Ron an den Anfang des Stückes „Klaustrofobia“ gestellt. Dann kommen fast schon experimentell wirkende Synthieklänge hinzu und die Stimmung wirkt recht düster und mystisch. Alles wird zunächst zu einem Geräuschknäuel zusammengedrückt und dann nach einigen Momenten (ca. nach drei Minuten) in sakralen Stimmungsbildern aufgelöst. Jetzt erklingen Soundtupfer, die wie Glockenschläge klingen und Chöre - wie Mönchsgesang –, die sich in dieses Klangbild einfügen. Ca. ab Minute 6 kommen dann endlich Sounds hinzu, die man so von Ron Boots oder auch Klaus Schulze her kennt. Sequenzer die ausgefeilt erarbeitet wurden und Harmonietupfer - gelegentlich fügen sich Melodiemuster ein - lassen den Track jetzt in eine neue Richtung gehen. Ron hat hier wieder unwiderstehliche Sounds kreiert, die eine hypnotische Wirkung haben. Wer seine Musik kennt und mag, der weiß, was ich meine. Sobald nach acht Minuten der Rhythmus einsetzt, hat Ron den Hörer spätestens gepackt und in seinem Musikkosmos gefangen. Das ist die Art von Musik, die ich bei Ron so schätze. Der Track entwickelt sich immer weiter und zielt, je länger er dauert in Richtung „Berliner Schule“.

Mit einem Übergang geht es dann nahtlos in den zweiten Track „Dream But Not Of Today“ weiter. Dieses Stück bringt es auf 23 Minuten Spielzeit und beginnt zunächst auch recht düster und experimentell. Zu Beginn sind es noch undefinierbare Klänge, die das Bild bestimmen. Da blubbert und wabert es, so als würde man sich in einem Sumpfgebiet befinden. Nach etwa zwei Minuten kommen dann erste, streicherartige Synthiesounds, die eine sehr melancholische und traurige Harmoniefolge spielen, an den Start. Erst nach gut sechs Minuten ändert sich das Bild und es wird freundlicher. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo wieder Boots-typische Sounds die Oberhand gewinnen, nicht ohne eine gewisse Mystik beizubehalten. Auch dieses Stück entwickelt sich über die volle Distanz immer weiter. Anzumerken ist noch, dass bei diesem Stück ein Part der Keyboardsolos von Erik van der Heijden stammt.

Den Abschluss bildet dann das fast achtminütige Titelstück, das aufgrund des fehlenden Übergangs allein für sich steht. Dieser Track ist nicht experimentell und auch nicht düster, sondern zeigt einen klanglich ausgereiften Boots. Filigrane Sequenzerrhythmen stellen den Unterbau für diesen wunderbaren Track dar. Auf diesem bietet Ron dann einen Sound, der durch die Streicher orientalisch wirkt und setzt obendrauf noch einen tollen groovigen Rhythmus. Für mich ist das Titelstück das eindeutige Highlight dieses Albums.

Ron Boots hat mit seinem neuesten Werk wieder eine qualitativ hochwertige Platte veröffentlicht, so wie es bei ihm auch nicht anders zu erwarten ist. Neben seinem typischen Stil ist auch die Nähe zu seinem Vorbild Klaus Schulze herauszuhören. Daneben gibt es auch einige recht experimentell wirkende Passagen. Insgesamt aber ein gutes, melodisches und rhythmisches Boots-Werk. Freunde seines Stils können hier wieder blind zugreifen.

Stephan Schelle, November 2012

 
   

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