Ron Boots – Mea Culpa
 

Ron Boots – Mea Culpa
Groove Unlimited (2008)
(6 Stücke, 75:20 Minuten Spielzeit)

Hatte sich der niederländische Elektronikmusiker Ron Boots für sein letztes Album „See Beyond Time, Look Beyond Words“ zwei Jahre Zeit gelassen, so dauerte es nur gut ein halbes Jahr bis zum erscheinen seiner neuen CD, die den Titel „Mea Culpa“ trägt. Mea Culpa ist lateinisch und bedeutet soviel wie „meine Schuld“. Ursprünglich diente es als christliche Formel für ein Schuldbekenntnis, wird aber in der heutigen Zeit auch oft ironisch oder lässig für eine Entschuldigung genutzt. Ron schreibt im Booklet, dass der Titel seiner CD aber mit der vorgenannten Bedeutung nichts zu tun hat. Vielmehr lässt er das Mea Culpa für den sanften Beginn der Musik, der sich zum Ende hin steigert, gelten, denn dies sei nach seinen Worten genau die Musik, die er von „Ron Boots“ hören möchte. Da frag ich mich allerdings, für wen er zuvor die Musik gemacht hat.

 

 


Sechs Elektronikstücke (sowie einen Hiddentrack) bietet uns Ron Boots, von denen die beiden Parts von „Mea Culpa“ mit ihren 19 und fast 15 Minuten Spielzeit das Kernstück der CD darstellen. Und mit dem ersten Part von „Mea Culpa“ startet dann auch das Album.

Und tatsächlich beginnt Ron auf dem ersten Track recht spacig mit weiten Flächen und einigen flirrenden Effekten, die nicht gleich seinen üblichen Stil offenbaren. Und doch lösen diese harmonischen Flächen im Unterbewusstsein eine Erinnerung aus, die in die Richtung des Niederländers geht. Dann kommt ein träger rhythmischer Basston hinzu, der diese Erinnerung verstärkt. Und schon nach weiteren kurzen Momenten haben wir unseren Boots wesentlich deutlicher im Blickfeld, denn aus dem Hintergrund kommen weitere Synthieklänge, die so nur Ron aus dem Hightechgerät zaubern kann. Langsam entwickelt sich das Stück und wird in seinem Verlauf immer druckvoller, was daran liegt, das zum einen die Sequenzer mehr anziehen und Harold van der Heijden am Schlagzeug ebenfalls den Rhythmus vorantreibt.

„08:00 Sunday Morning“ ist der zweite Track des Albums. Auch hier eröffnen Flächen und Akkorde das Stück erst einmal sehr gemächlich und eher spacig. Nach gut anderthalb Minuten geht es hier dann auch rhythmischer weiter, den es schält sich eine Melodielinien und ein Rhythmus aus dem Hintergrund heraus. Ron hat diesen Track recht orchestral und etwas bombastisch mit Chören angelegt. Sieht so ein Sonntagmorgen bei Familie Boots aus? Klingt doch ganz beschaulich.

Es folgt der recht ruhig vorgetragene Titel „The Rose In My Life“. Dieser Titel scheint eine Liebeserklärung zu sein. Ron hält sich nicht lange mit ambientem Vorgeplänkel auf, sondern ein angenehmer Rhythmus bereitet den Weg für elektronische Klänge, die streckenweise an Vangelis erinnern. Er hat ja schon mit Gesang und Sprache gearbeitet, hier macht er es wieder. Die Gesangstimme, die Ron selbst übernommen hat und eine Art Sprachgesang darstellt, erinnert mich ansatzweise an Maxwell Fraser aka Maxi Jazz, den Sänger der britischen Formation Faithless. Ein recht untypischer Track für Ron.

„Mea Culpa II“ steht als nächstes an. Dieser Teil beginnt recht futuristisch und bietet ebenfalls wieder zu Beginn einige Effekte. Er hat hier wieder einen hypnotischen Rhythmus und seine typischen Harmoniefolgen zu bieten, die er dann noch durch flirrende Synthiesounds und ein paar wenige Klänge, die an Tangerine Dream erinnern, einstreut. Ich find den Track unwiderstehlich. Und ebenso wie bei „Part I“ nehmen der Rhythmus und der Druck im Verlauf weiter zu und steigern sich bis zum Ende um langsam ausgefaded zu werden.

Grillenzirpen, harmonische Flächen und Streicher lassen im Anfang von „For Does“ dem Hörer wohlige Schauer über den Rücken laufen. Das hat was von einer verträumten Ambientstimmung. Nach zwei Minuten kommen Rhythmen hinzu, ohne dass diese Stimmung durchbrochen wird. Auch wenn sich der Titel während seiner Laufzeit zu steigern weiß, bleibt diese wohlige Stimmung doch über die vollen, fast zehn Minuten, erhalten.

Als sechsten Titel hat Ron dann ein sehr rhythmisches Stück, das ohne Umwege sofort losgeht. „Quick Silver“ heißt es und bietet neben Gesang von Voices Of Passion auch funkige Gitarrensounds sowie sehr rhythmische Perkussion. Das Stück, bei dem sich Ron von Amanda Lear’s Song „Black Hole“ hat inspirieren lassen, sticht klar aus dem Album hervor.

Den Abschluss macht ein fast siebenminütiger Hiddentrack, der nicht im Booklet vermerkt ist. Bei diesem vermischt Ron wieder seinen eigenen Stil mit dem des großen Griechen, Vangelis.

Auch wenn man es bei dem Booklettext nicht vermuten würde, ist doch eindeutig Ron Boots Musik da drin, wo sein Name drauf steht. Und wenn Ron hier an einigen Stellen stilistisch auch ein wenig von seinem bisherigen Pfad abweicht, so ist seine Handschrift doch immer wieder zu erkennen. Mir gefällt das Album wieder gut, zeigt es doch einige andere Nuancen des niederländischen Elektronikmusikers.

Stephan Schelle, November 2008

 
   

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