Ron Boots – Derby!
 

Ron Boots – Derby!
Groove Unlimited (2009)
(9 Stücke, 78:41 Minuten Spielzeit)

Es ist doch noch gar nicht so lange her, es war im März diesen Jahres, als der niederländische Elektronikmusiker Ron Boots sein letztes Album mit dem Titel „Beyond The Boundaries Of Twilight“ veröffentlichte. Das war am 23.05. während seines Konzertes im Bochumer Planetarium zusammen mit seinem langjährigen Freund Harold van der Heijden am Schlagzeug und Frank Dorittke aka F.D. Project an der E-Gitarre. Und am 17.10.2009, passend zum E-Day in Oirschot, legt er schon einen Nachfolger hin.

 


Das Ganze ist um so erstaunlicher, weil die neue CD „Derby!“ an der die beiden obigen Musiker ebenfalls beteiligt sind, gerade mal anderthalb Monate zuvor bei einem Auftritt im britischen Derby (daher auch der Albumtitel) mitgeschnitten wurde.

Obwohl auf dem Cover die Namen aller drei Musiker prangen, so ist „Derby!“ doch ein echtes Ron Boots Album, denn das Set besteht aus Stücken seiner Soloalben. Wie bei früheren Ron Boots And Friends-Alben geht es hier wesentlich rockiger zu, als bei seinen Soloalben, daher kann man auch das neue Werk stilistisch sehr gut mit den frühren Livealben von Ron & Friends oder BaH vergleichen.

Auf dem Programm standen eine ganze Reihe von Stücken seiner letzten Soloalben wie „Acoustic Shadows“, „See Beyond Times, Look Beyond Words“ und „Beyond The Boundaries Of Twilight“ aber mit Tracks wie „Tainted Bare Skin At The International“, mit dem er ans 98’er Album „Tainted Bare Skin“ erinnerte und „Reattachment Of Worldly Affairs“, das eine Hommage an sein 94’er Album „Detachment Of Worldly Affairs“ darstellt, ging er weit in der Zeit seiner musikalischen Laufbahn zurück.

Die Liveatmosphäre wurde ebenfalls gut eingefangen, was bei Elektronikkonzerten ja nicht oft der Fall ist. Das zeigt sich dann schon zu Beginn im Applaus des Publikums, der auch zwischendurch zu hören ist. Dann startet Ron zunächst allein sein Programm mit „A Half Hour Of The Wolf“, einer etwas mehr als hälftigen Version des Stückes „Hour Of The Wolf“ vom „See Beyond Times, Look Beyond Words“-Album. Erst nach einigen Momenten setzt dann Harold mit dem Schlagzeug ein - Frank hält sich bei diesem Titel noch zurück - und lässt den Track rockiger wirken. „Howling Whispers“ (eine Anspielung an „Screaming Whispers“?) zeigt dann einen Frank Dorittke, der mit seiner Gitarre eine psychedelische Komponente mit ins Spiel bringt, was dem Titel gut zu Gesicht steht. Bei diesem Stück agieren die drei wie bei einer Jam-Session. Und mit „Reattachment Of Worldly Affairs“ kommt altbekanntes Livefeeling auf, da ich das Original schon so oft live erleben konnte. Das weckt sehr schöne Erinnerungen und man ist sofort im Boots-Kosmos verankert. Das Stück „Canyon“ (ein neuer Track?) zeigt eine absolut hypnotische Wirkung, bei der sich Ron und Frank ein wahres Duell liefern. Und im Stück A Storm In The Guildhall entfachen die drei förmlich einen hypnotischen, treibenden, elektrostatischen Sturm.

Die drei Musiker entwickeln bei ihrem Konzert in Derby eine Menge Druck und verleihen so den Stücken – im Gegensatz zu den Studioaufnahmen – noch mehr Dynamik. Ron und Freunde lassen die alten Zeiten, in denen jedes Konzert von ihm und seinen Mitstreitern förmlich zelebriert und gefeiert wurde, wieder aufleben. Schön, dass es Ron wieder so auf die Bühne treibt.

In dem vierseitigen Booklet schildert Ron kurz, wie sich das Wochenende mit dem Auftritt abgespielt hat. Man kann sehr gut mitverfolgen, welchen Aufwand Musiker in der Elektronikszene auf sich nehmen, um den Fans ein Konzert zu bieten.

„Derby!“ ist eine klasse CD, die aufgrund der schnellen Veröffentlichung (zwischen Aufnahme und Pressung) nicht an Qualität verloren hat. Sie zeigt einen sehr dynamischen Ron Boots mit zwei Musikern, die ihn nicht nur unterstützen, sondern sich auch sehr schön in die Tracks einbringen. Bei Harold van der Heijden ist das nicht verwunderlich, spielt er doch seit langer Zeit mit Ron zusammen aber auch Frank Dorittke erweckt den Eindruck, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Hier zeigt sich seine musikalische Klasse. Wer die Boots And Friends- oder BaH-Alben mochte, der wird sich auf diese CD stürzen.

Stephan Schelle, November 2009

 
   

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