Robert Schroeder – Fata Morgana Der 1955 in Aachen geborene Robert Schroeder wurde in den frühen 70’er Jahren von der Musik des Elektronikpioniers Klaus Schulze inspiriert. Der Kontakt zu Schulze öffnete Schroeder dann den Weg in die Elektronikszene und so veröffentlichte er im Jahr 1979 sein Debütalbum „Harmonic Ascendent“ auf dem IC-Label, das zu diesem Zeitpunkt noch von Klaus Schulze betrieben wurde. In den vergangenen 40 Jahren ist Robert Schroeder ebenfalls zu einem der wichtigsten Vertreter dieses Musikgenres geworden. Dabei hat er einen eigenen, erkennbaren Stil entwickelt, den er über die Jahre immer wieder mit neuen Sounds erweitert hat. |
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Sieben
Stücke präsentiert Schroeder auf „Fata Morgana“ die Laufzeiten
zwischen 6:48 und 13:32 Minuten Spielzeit aufweisen. Genug Zeit, dass sich
die Stücke entwickeln können. Mit
zischenden Synthies, die durch den Raum fliegen und eine spacige Atmosphäre
bieten, beginnt der 7:53minütige Opener „Binary Streams“. Dem folgen
nach wenigen Momenten dann herrliche Flächen, die wie ein aufziehender
Sonnenaufgang wirken. Diese Flächen beamen mich nach kurzer Zeit beim Hören
dann aber in den Orbit und erwecken bei mir den Eindruck von hier oben einen
weiten Blick auf unseren Planeten und das All zu haben. Das ist Spacemusic
par Excellenz. Effekte und Gitarrenlicks verstärken diesen schwebenden
Eindruck noch. Nach etwas mehr als vier Minuten sorgen ein akzentuierter
Rhythmus sowie Gitarreneinwürfe, die einen bluesigen sowie mediterranen
Einschlag besitzen, für ein weiteres Flair. Der
zweite Track „Virtual Traps“ (11:06 Minuten) schließt nahtlos an.
Mystische Klanggebilde wirken zunächst auf den Hörer ein. Dann bilden sich
langsam Klänge heraus, die man von Schroeder kennt. Ein Sequenzer beginnt
ebenfalls seine taktgebende Arbeit und lässt eine Spur „Berliner
Schule“ mit großem Aachener Flair einfließen. Flächen ziehen über dem
Sequenzer hinweg und übernehmen nach wenigen Minuten dann den Hauptpart.
Nach nicht ganz vier Minuten bestimmen dann flirrende, schwebende und
wabernde Klangmotive und Harmonien das Bild, so als würde man in der heißen
Sonne flirrende Bilder erkennen, wie bei einer Fata Morgana. Diese Stimmung
zieht sich dann durch Robert’s Stück, das er mit weiteren Sounds
versieht, die für Abwechslung sorgen. Eine herrlich ambiente Stimmung wird
so aufgebaut, in dem Geist und Körper entspannen können. Der
nächste Track, der sich wiederum nahtlos anschließt, ist das 7:43minütige
„Cybercrime“. Von Beginn an werden Harmonien geboten die einen
Spannungsaufbau erzeugen. Der Sequenzer kommt nach einer Minute hinzu und
sorgt neben weiteren Klängen und Motiven für eine Veränderung. Jetzt
ziehen erneut Flächen durch den Raum, die aber nach nicht ganz zwei Minuten
mit einem treibenden, tranceartigen Rhythmusgroove unterlegt werden. Dazu
spielt Robert eine hinreißende Melodielinie. Das geht nicht nur ins Hirn,
sondern lässt auch die Gliedmaße zucken. Für mich wieder so ein außergewöhnlicher
Track, der die typische Handschrift von Robert Schroeder trägt. „Web
Faces“ ist mit seinen 13:32 Minuten der längste Track des Albums. Gemächlich
beginnt das Stück wieder mit weiten Flächen. Jetzt klingt der Sound durch
zischende und ratternde Synthies gar etwas industriell. Typische
Percussioneinwürfe leiten dann nach gut zweieinhalb Minuten in einen
treibenden, rhythmischen Track über, der wieder nur so vor den beliebten
Sounds des Aachener Musiker strotzt und doch neu und frisch klingt. Robert
spielt hier mit rhythmischen und sphärischen Elementen und wechselt im Stück
ein ums andere Mal die Dynamik, was den Spannungsbogen hochhält. Auch
das nächste Stück (6:48 Minuten) handelt im weitesten Sinne thematisch vom
Web. Es heißt „Digital Identities“ und versprüht den Charme eines
Klaus Schulze der frühen 90’er. Rhythmus und Synthiechöre sowie
Gitarrenklänge wandeln nun im Stil der „Berliner Schule“. Diesem Stil
verleiht Robert allerdings eine Frischzellenkur. „Dangerous Clicks“
(10:10 Minuten) scheint uns vor Websides mit kriminellen Inhalten zu warnen.
So düster wie der Titel, so düster zeigen sich auch die ersten Klangbilder
des Stückes. Dunkle Sounds und Rhythmen ziehen zunächst durch den Raum.
Robert erzeugt in diesem Stück vornehmlich Stimmungsbilder, die erst nach
mehr als vier Minuten in eine Melodielinie übergehen. Dann aber wird es
richtig melodisch und rhythmisch. Der Track entwickelt sich nun zu einem
unwiderstehlichen Stück, das richtig gut abgeht. Hier wünsche ich mir gar
eine Version, die nur diese Melodien und Rhythmen bietet. Die
CD wird dann mit dem 8:31minütigen Stück „The Berlin Code“ beendet.
Wie der Titel schon assoziiert, bewegt sich Robert in diesem Track erneut im
Umfeld der „Berliner Schule“, allerdings mehr als Ausgangspunkt für
seinen eigenen und jetzt modernen Sound. Vielleicht eine Hommage an seine
Anfänge, als er von Klaus Schulze maßgeblich inspiriert und unterstützt
wurde. Der Track ist sehr rhythmisch und zeigt Spurenelemente wie Synthiechöre
und Flächen der „Berliner Schule“, hat aber ein ganz anderes Flair als
das, welches wir aus unserer Hauptstadt kennen. Treibende Rhythmen, die wie
eine Dampflock in voller Fahrt wirken, bestimmen hier den Track. Darauf legt
Robert Flächen, Chöre, Harmonien und weitere rhythmische Elemente. Herzlichen
Glückwunsch Robert Schroeder, für ein solches Jubiläum, das mit einem
tollen Elektronikwerk gefeiert wird. „Fata Morgana“ beweist, dass Robert
Schroeder auch nach 40 Jahren Musikkarriere nicht müde ist immer wieder
neue Musik zu erschaffen und die Neugier nach neuen Sounds und Effekten
aufrechterhalten hat. Dadurch klingt seine Musik zum einen Vertraut, zum
anderen aber frisch und neu. Stephan Schelle, Juni 2019 |
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