Robert Rich & Ian Boddy - React
 

Robert Rich & Ian Boddy - React
DIN – something else music (2008)
(11 Stücke, 63:55 Minuten Spielzeit)

„React“ ist die nach dem 2001’er „Outpost“- und dem 2005’er „Lithosphere“-Album die dritte CD der Kollaboration des Briten Ian Boddy mit dem amerikanischen Elektronikmusiker Robert Rich. Waren die beiden erstgenannten Alben noch Studioproduktionen, handelt es sich bei „React“ um ein Livealbum, das während eines Auftritts für das 30jährige Jubiläum der Star’s End Radio Show in Philadelphia (im Juni 2007) mitgeschnitten wurde.

 

 


Robert Rich, dessen Instrumentarium aus MOTM modular, Keyboards, Flöten und Lap Steel Guitar besteht, ist für die flächigen und atmosphärischen Sounds zuständig, während Ian Boddy mit Sampler, Synthesizer und Apple MacBook Pro/Ableton Live seine typischen rhythmischen Elemente beisteuert.

Neben den Stücken „Ice Fields“ und „Edge Of Nowhere“, die vom Album „Outpost“ stammen und dem Titelstück der CD „Lithosphere“ finden sich noch neun weitere neue Stücke auf dem mehr als einstündigen Album.

Mit „Depth Charge“ startet die CD sphärisch/organisch. Es ist recht schwer diese Sounds zu beschreiben, denn zum einen erwecken sie bei mir das Gefühl einer Spacelandschaft, auf der anderen Seite klingt es aber auch recht irdisch. Melodie fehlt hier völlig, dafür malen die beiden Klanglandschaften, die dahinschweben. Das ändert sich auch nicht im nahtlos angrenzenden „Ice Fields“. Allerdings kommen bei diesem Stück harte, metallisch und technologisch klingende Rhythmusstrukturen von Ian hinzu, die mich manchmal an Soundtracks á la „Das Ding“ von John Carpenter erinnern. Diese manchmal etwas schräg klingenden Synthiesounds sind hypnotisch und schrauben sich ins Hirn. Gitarre und sanft stampfende Rhythmen, garniert mit einer angedeuteten Melodielinie vervollständigen diese wüste Mixtur.

Das folgende „Sojoum“ erstrahlt dann in sanfter Schönheit, denn hier herrschen wieder die weiten Flächen mit Flötensounds. Der Track klingt wie ein Sonnenuntergang auf einer sommerlichen Wiese. Ruhig dahin fließende Stücke wechseln sich mit rhythmischen Passagen ab und so kommt Ian bei „AxD“ wieder zum Zug. Der Track mit seinen Sequenzen und ungewöhnlichen Rhythmusparts ist wieder typischer Boddy-Stil. Einige Soundeffekte präsentieren uns die beiden bei diesem Stück, aus denen sich im zweiten Teil eine futuristische Stimmung entwickelt.

Leichte Urwaldstimmung durch elektronische Vogelstimmen und mystische Atmosphäre bietet „Veiled“, wiederum gewürzt mit kühlen futuristischen Soundscapes. Klingt es so auf entfernten, bewohnten Planeten? „Slow Hand“ ist zu Beginn ein ruhiger, aus einem Grundrhythmus (wie von einer Perkussion) bestehender Track, unter den sich basslastige Synthiesounds von Ian mischen. Pulsierend und mit sirenenhaften Stimmsamples wird er nach einigen Momenten weitergeführt. Der Hörer wird bei „Messages“ teilweise in eine Voyeurrolle versetzt, bei dem er einem Gespräch zwischen Personen auf einem Raumschiff lauscht. Eine sehr interessante Kombination verschiedenster Rhythmusklänge, die zum Teil einen starken indischen Touch aufweist, bietet „Lithosphere“.

Auch „Blue Moon“ entwickelt ein asiatisches Flair, während es im folgenden Titelstück wieder technologischer und unterkühlter weitergeht. Hier kommt eine sehr rhythmische Melodie zum tragen, die den Hörer in Trance versetzt. Diese rhythmischen Tracks gehören eindeutig zu meinen Favoriten. „Edge Of Nowhere“ beschließt dann die CD mit Hintergrundflächen, auf denen eine Art schlagender Rhythmus gelegt wurde. Das klingt zunächst recht monoton, hat aber seinen Reiz. Nach etwas mehr als zwei Minuten steigert sich der Track aber immer mehr und entwickelt sich zu einem hypnotisch, extatischen Werk. Ist das eine Art Rausch? Auf mich wirkt es jedenfalls so.

Wer auf außergewöhnliche Klangmalereien mit rhythmischen Elementen steht, der findet auf „React“ eine wahre Fundgrube an hypnotisierenden Sounds, so wie man es von Ian Boddy oder auch Robert Rich kennt. Aber ich finde dass gerade die Vermischung der beiden Stile den besonderen Reiz des Albums ausmacht. Neben ruhigen Flächen bekommt der Hörer auch die ein oder andere Rhythmuspassage um die Ohren gehauen. Ambient meets Rhythm.

Stephan Schelle, April 2008

 
   

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