[‘ramp] - Synchronized Or Die
 

[‘ramp] - Synchronized Or Die
Doombient Music (2017)

(
5 Stücke, 76:21 Minuten Spielzeit)

Hinter der Bezeichnung [‘ramp] verbirgt sich der Elektronikmusiker Stephen Parsick, der seit 20 Jahren – wie er selbst augenzwinkernd sagt – für „unerwünschte Geräuschbelästigung“ im Bereich des Doomambient sorgt. Fünf Jahre hatte er pausiert um dann im August 2017 zum 20. Jahrestag des ersten [‘ramp]-Konzertes sein zehntes Album mit dem Titel „Synchronized Or Die“ zu veröffentlichen. Damit feierte er auf seinem Label Doombient Music quasi zwei Jubiläen gleichzeitig. 

 

 


Das Album, das in einer auf 222 Exemplare limitierten, nummerierten CD-Auflage erschienen ist, präsentiert sechs Longtracks mit jeweils mehr als zehn Minuten Spielzeit. Daneben gibt es aber die Stücke auch als Download im flac-Format über die Bandcamp-Seite von [‘ramp].

Stephen schreibt über die Entstehung des Albums: Die vergangenen 20 Jahre waren jedoch nicht nur in musikalischer und künstlerischer Hinsicht umtriebig: viele Veränderungen und manche Hindernisse machten mehr als nur einmal einen persönlichen oder künstlerischen Kurswechsel notwendig. Deshalb entschloss ich mich, nach dem Konzert im Bochumer Planetarium im Juli 2012 und dem darauffolgenden Livealbum „Astral Disaster“ alle Stöpsel zu ziehen und für eine unbestimmte Zeit eine kreative Pause einzulegen. Ihm wurde klar, dass die vorangegangenen zehn Jahre sehr viel an Substanz gekostet hatten und begannen, ihren Tribut einzufordern. Statt weiterzumachen und halbgare Alben zu veröffentlichen bloß um der Veröffentlichung Willen, beschloss ich, mich auf neue Arbeitsweisen und neue musikalische Ziele zu konzentrieren.

Das Ergebnis zeigt sich nun in „Synchronized Or Die“, mit dem Parsick zu seinen Wurzeln zurückkehrt. Die Stücke sind sehr Sequenzerlastig. Die ersten Entwürfe hatte Parsick schon während der Vorbereitungen auf das 2012’er Konzert in Bochum erstellt und während seiner „Auszeit“ durch neue Arbeitsweisen mit Sequenzern weitergeführt. Seine Arbeitsweise beschreibt er folgendermaßen: Ohne Computerunterstützung oder Midi-basierte Audiosoftware arrangierte er komplexe mehrstimmige und polyrhythmische Sequenzertracks auf einem Mehrspurrekorder. Mit ein paar altmodischen Synchronizern aus den 1980ern und einer Clicktrack konnten so mehrere Sequenzerrhythmen aufeinandergeschichtet und während der Abmischung auf Stereo weitere Sequenzen live eingebunden werden. Diese Arbeitsweise ist dann auch in den Albumtitel „Synchronized Or Die“ sowie in die Covergestaltung eingeflossen, die die alten Friendship SRC zeigen.

Während Stephen Parsick beim Stück „Torque“ seinen Kollegen Axel Jungkunst mit seinem Arsenal großer modularer Synthesisersysteme mit ins Boot holte, der in diesem Stück für das tragende Sequenzergerüst sorgte, hat er die restlichen Stücke im Alleingang eingespielt.

Den Beginn macht das 15minütige Titelstück, das sich langsam aus dem Off entwickelt. Herrlich pumpende und pulsierende Sequenzerrhythmen bauen sich langsam auf und werden mit harmonischen Klangtupfern versehen. Immer mehr Klänge schichtet Parsick aufeinander ohne den Grundrhythmus groß zu verändern, sodass sowohl die Harmonien als auch die Dynamik zunehmen. Er schafft es den Spannungsbogen des Stückes über die volle Strecke aufrecht zu erhalten.

Geräuschsamples starten in das zehneinhalbminütige „2600“. Hier baut Parsick zunächst eine etwas unterkühlte, technologische Stimmung auf. Sobald aber technoide Sounds aufkommen (hier erinnert die Musik auch an Mark Shreeve, mit dem Parsick auch schon gemeinsame Sachen machte) wird es melodisch ohne die technoide Stimmung abzubauen. Wer Musik von Shreeve oder Redshift & Co. mag, kommt hier auf seine Kosten.

„Hanging Gardens“ ist mit 21:27 Minuten Spielzeit der längste Track des Albums. Auch sind es wieder pulsierende Sequenzen, die den Unterbau für Parsicks Stück liefern. Wie im Titeltrack baut er hier wieder mehrere Klangschichten aufeinander auf um so ein rhythmisches, melodisches Stück zu kreieren. Durch die Vielfalt und Variation der Klänge kommt auch in diesem Stück zu keiner Zeit Langeweile auf. Das ist genau die Musik, die ich mag.

Das elfminütige „Torque“ bietet mit seinen Sequenzerrhythmen, den Klangfarben und der sanften Melodieführung eine Mischung aus „Berliner Schule“ und britischem Stil á la Redshift. Mit dem 18minütigen „Godzilla“ endet dann die CD. Das Stück startet mit Sounds, die nach einem verfremdeten Didgeridoo klingen. Dann setzten aber nach wenigen Momenten Flächen ein, denen ein Rhythmus folgt als würde ein Riese gemächlich durch den Raum stampfen. Darauf schichtet Parsick – wie bei den vorangegangenen Stücken – weitere Sounds und lässt die Entwicklung des Stückes voranschreiten. Auch hier kommen mir Acts wie Redshift in den Sinn.

Von dem Begriff Doomambient sollt man sich bei dieser Produktion nicht beirren lassen, denn die Klangfarben, die Parsick hier benutzt, sind alles andere als dunkel. „Synchronized Or Die“ ist ein klasse Album für alle Freunde der Sequenzer orientierten Elektronikmusik, die in der Nähe von Redshift liegt. Bei derartiger Qualität lasse ich mich gerne von Stephen Parsick „unerwünscht lärmbelästigen“. Mein Tipp: aufgrund der Limitierung schnell zugreifen.

Stephan Schelle, April 2018

 
   

CD-Kritiken-Menue