PicturePalace Music - Midsummer
 

PicturePalace Music - Midsummer
Groove Unlimited (2010)
(10 Stücke, 65:14 Minuten Spielzeit)

Thorsten Quaeschning macht seit Jahren mit weiteren Musikern unter dem Pseudonym PicturePalace Music Elektronikmusik. Mit bis zu fünf weiteren Musikern geht er dabei auf die Bühne. Was zunächst als Vertonung alter Stummfilme begann (Der Regisseure Wiene und Murnau), hat sich längst zu einem perkussiven, druckvollen Liveact (auch ohne filmische Untermalung) gemausert. Sein neustes Werk „Midsummer“, das den Untertitel „Music For Sound Divers & Baptism Ceremonies“ trägt, ist gerade im Herbst 2010 erschienen.

 


Zehn neue Stücke, darunter drei Titel, in denen Texte von Ralph Waldo Emerson und William Shakespeare zum Besten gegeben werden, enthält das neue Album, das rechtzeitig zum Liveauftritt beim E-Live Festival im niederländischen Oirschot (Anfang Oktober) fertig gestellt wurde.

Seine Zusammenarbeit mit Tangerine Dream lässt sich an der neuen CD von PicturePalace Music deutlich erkennen. Schon der erste Track des Albums „Chill Crystal Zone“ könnte aus der aktuellen Ära des Berliner Elektronikurgesteins stammen. Und doch zeigt es durch den Einsatz von Kai Hanuschka’s Schlagzeigarbeit eine ungeheure Durchschlagskraft. Der Track wurde von Sascha Beator, dem zweiten Keyboarder, der einen wesentlichen Anteil an den Stücken hat, komponiert. Neben den elektronischen Elementen wirkt dieser erste Track recht rockig. Dafür sorgen unter anderem auch die beiden Gitarristen Djirre und Stephen Mortimer.

So druckvoll geht es aber nicht auf dem kompletten Album weiter, auch wenn das folgende „Midsummer’s Eve“ zunächst noch ein gewisses amerikanisches Rockflair einbringt. Auch hier sorgen E-Gitarre und Schlagzeug (dieses Mal sitzt Vincent Nowak hinter den Fellen) für einen rockigen Anstrich. „Midsummer’s Morning“ wurde nur von Thorsten Quaeschning, der alle Synthies und das Piano nutzte und Jürgen Heidemann, der den so genannten Sound-Stone bedient, eingespielt. Da brummt es zunächst und aus dem Off kommen sanfte Synthieflächen hervor. Auf dieser Grundlage spielt Thorsten einige Pianomotive, die melancholisch und verträumt rüber kommen.

Ein Highlight des Albuks ist für mich „Midsummer’s Day“, das einen tollen Rhythmus hat (im Stile von „Risk Pool“) und bei dem Thorsten einen Text mit Vocoder verfremdeter Stimme singt. Das hat starkes Potenzial und ist absolut Radio tauglich. Tolles Stück – so liebe ich PicturePalace Music. In „Seduction Crossing“ geht Thorsten dann allein zu Werke. Was zunächst recht mystisch und geheimnisvoll beginnt, geht ab ca. einer Minute in einen Sequenzer getriebenen, faszinierenden Part über. Stilistisch sind wir hier in der 80’er Jahre Phase von Tangerine Dream. Klasse Track.  Gruppendynamisch geht es dann wieder in „Right Of Ascension“ zu, in dem Elektronik auf Rockmusik trifft.

In „Drowning Someone’s Sorrow Into The Ocean Part I“ agieren Quaeschning und Heidemann wieder zusammen. Es beginnt mit einigen Klängen, die noch keine Melodie aufweisen. Wassertropfen und unheimlich wirkende Soundskulpturen bestimmen die ersten beiden Minuten. Hier bauen die beiden Stimmungen auf, die sphärisch wirken. Das elfminütige „Drowning Someone’s Sorrow Into The Ocean Part II“ nimmt diesen Sound zunächst auf, wechselt dann nach nur wenigen Augenblicken in einen Rhythmus, der sich zunehmend steigert. Nach gut anderthalb Minuten geht dann der Rhythmus richtig los und ein faszinierendes Stück Musik breitet sich vor dem Hörer aus. Fesselnd und hypnotisch zugleich. „Drowning Someone’s Sorrow Into The Ocean Part III“ führt diesen Rehythmus und die Melodie fort und ergänzt sie um einen von Jürgen Heidemann vorgetragenen Text von William Shakespeare (klingt nach sakralen Chören). Alles endet in einem stampfenden Rhythmus.

„Midsummer’s Night“ beendet dann die CD wieder sehr eingängig. Das Stück hat für mich ebenfalls Radioqualität. Vor allem der Vocodergesang, der Rhythmus sowie die eingängige Melodie machen aus dem Track einen richtig klasse Song.

PicturePalace Music haben sich durch ihre Veröffentlichungen in den letzten beiden Jahren und ihren Liveauftritten in 2010 zu einem absoluten Geheimtipp gemausert. Sie bereichern die Elektronikszene ungemein und haben mehr Beachtung verdient. Ihre Mixtur aus traditioneller Elektronik, Pop- und Rockmusik hat etwas faszinierendes, dem man sich nicht entziehen kann. Und in diese Kerbe schlägt auch das neue Album „Midsummer“. Eine Empfehlung nicht nur für Elektronikmusikliebhaber.

Stephan Schelle, Dezember 2010

 
   

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