P'Faun - Sp`roque
 

P'Faun - Sp`roque
Eigenvertrieb (2018)

(
11 Stücke, 72:06 Minuten Spielzeit)

Thomas „Tommy“ Betzler (Schlagzeug, Perkussion), Michael Brückner (Synthesizer) und Sammy David (Gitarre, Bass) sind die Protagonisten hinter dem neuen Projektnamen P’Faun. Quasi eine Fortsetzung von Betzler & Brückner plus Sammy David. In der Dreierbesetzung traten Betzler & Brückner bereits beim 2016’er E-Live-Festival im niederländischen Oirschot auf. Anfang 2018 erscheint ihre erste EP unter dem Titel „Sp`roque“. Die fünf Stücke des Silberlings wurden zwischen November 2017 und Februar 2018 aufgenommen. 

 

 


In Zeiten, in denen Große Musiker mit neuen Alben auf den Markt kommen, die nicht einmal die 40 Minuten-Grenze überschreiten ist es schon erstaunlich, dass Betzler, Brückner & David ihr neuestes Werk von knapp einer Stunde Musik als EP herausbringen. Zieht man den Bonustrack mit seiner Laufzeit von 18:40 Minuten ab, dann liegt man bei den Stücken immer noch bei einer Gesamtspielzeit von gut 41 Minuten.

Die CD startet mit „Sp`roque - Part2“ (man könnte schon sagen typisch für Betzler & Brückner, das sie mit Part 2 beginnen und den ersten Part später nachschieben), in dem Tommy am Schlagzeug den Rhythmus vorgibt, während Michael atmosphärische Flächen unterhebt, während Sammy das Ganze mit sägenden, teils wie Walgesänge wirkende Gitarrensounds ergänzt. Wenige Momente später legen sie aber richtig los und die Gitarren klingen sehr rockig und zu Tommy’s Schlagzeugspiel sorgen Sequenzerrhythmen für einen weiteren Takt. Michael streut zudem einige Keyboardsoli ein. Dieser zehnminütige Track zeigt sich nun von einer sehr rockigen Seite und bricht damit die Grenzen von Elektronik und Rock auf um beides miteinander zu vermischen. Irgendwie wirkt das Stück aber auch sehr spacig, so dass sich die Freunde aus den Lagern beider Genres mit der Musik wohl fühlen.

An die zweite Stelle haben die Drei das elfminütige „Only One Life“ gestellt. Herrliche Gitarrenlicks eröffnen dieses Stück, in das sich sanfte Synthieflächen und -sequenzen hineinweben. Darauf setzt dann Tommy nach wenigen Momenten Percussionelemente, die das Stück organisch wirken lassen. Nach anderthalb Minuten kommt dann eine mediterran klingende Akustikgitarre hinzu und auch die Synthies haben etwas ethnisches, klingen sie doch nach 1.000 und einer Nacht. Versetzt wird das dann noch durch Orgelsounds, was wiederum einen leichten 70’er Jahre Touch bekommt. Es entwickelt sich eine hypnotische Soundkollage mit wunderbaren Harmonien. Es ist, als würde der Hörer vor den Boxen gefangen genommen wie die Schlage von ihrem Beschwörer. Die Struktur ändert sich in diesem Longtrack einige Male, ohne die hypnotische Wirkung zu verlieren. Ein klasse Stück.

„Sp’Roque - Part 1“ zeigt sich von einer anderen Gangart. Hier geht es zu Beginn mit einem sehr schönen Sequenzerrhythmus und pulsierenden Gitarrensounds recht elektronisch los. Es dauert gut eine Minute bis dann Tommy mit rhythmischen Beckenschlägen einsetzt. Langsam entwickelt sich das Stück, in dem weitere musikalische Komponenten hinzugefügt werden. Funkige Gitarrenriffs und ein treibendes Schlagzeug sorgen im weiteren Verlauf für den rockigen Part. Die Drei treiben das Stück unaufhörlich auf ein ekstatisches Ende zu, das dann aber ruhig ausklingt.

Mit 6:55 Minuten ist „At First Sight“ das kürzeste Stück auf dem Silberling. Das beginnt mit recht spacigen Synthieklängen und -flächen. Auf diese setzt dann Sammy David ein wunderbares Gitarrensolo, das leichte Gilmoure artige Züge aufweist („Wish You Were Here“ lässt grüßen). Nach zwei Minuten sorgen dann noch Synth-Klänge für einen rhythmischen Unterboden. Richtig rockig wird es dann aber nach etwas mehr als drei Minuten wenn Tommy nun sein Schlagwerk mit einbringt. Freunde von MorPheuSz werden ihre Freude an diesem Stück haben.

Als Bonus wurde der CD dann noch das 18:40minütige „Sequenzer Improvisation“ hinzugefügt. Düster beginnt dieses Stück mit experimentellen, dunklen Klängen. Es dauert etwas mehr als eine Minute bis sich dann ein Seqeunzerrhythmus herausschält und sich nach weiteren gut drei Minuten in einen treibenden Part wandelt, der leichte „Berliner Schule“-Züge trägt. Das Stück wird vom Synthesizer dominiert und entwickelt sich langsam aber stetig voran. Strukturell erinnert das an die Arbeiten eines Klaus Schulze, Michael nutzt hier aber andere Klangfarben. Hier kommen die Elektronikpuristen voll auf ihre Kosten.

Recht rockig zeigt sich die erste Veröffentlichung von P’faun aka Betzler, Brückner & David. Mit dieser Veröffentlichung sprengen sie die Grenzen zwischen Elektronik und Rockmusik. Die Drei haben aber bei ihren Stücken immer den Fokus auf Harmonien und Melodien gelegt. Mit „Sp`roque“ haben sie eine starke Visitenkarte abgegeben.

Stephan Schelle, März 2018

 
   

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