Otarion - Under Surface
 

Otarion - Under Surface
MellowJet Records (2018)

(
10 Stücke, 70:35 Minuten Spielzeit)

Im Frühjahr 2018 erscheint das mittlerweile sechste Otarion-Album beim deutschen Label MellowJet Records. Zuvor veröffentlichte Rainer Klein, der sich hinter dem Pseudonym verbirgt, schon einige Alben bei anderen Labeln. Aber vor allem in den letzten Jahren hat sich Rainer’s Musikstil, der nicht nur traditionelle Elektronikmusik beinhaltet sondern auch Progressiverock oder Soundtrack artige Elemente in seine Musik einbaut, stetig entwickelt. Seine bisherigen bei MellowJet Records erschienenen Werke sind von hoher Qualität und auch sein neuester Output, der den Titel „Unter Surface“ trägt, steht dem in Nichts nach.

 

 


Rainer schreibt in dem Booklet über sein neues Album:
Zu dem unverkennbaren Otarion-Stil gesellt sich dieses Mal eine gehörige Portion Postrock. Dies steigert das Empfinden, in eine Welt aus Emotionen einzutauchen. Melancholisch und zugleich hoffnungsvoll wird hier ein wunderschöner Spannungsbogen gehalten. Eine Atmosphäre aus Vertrautheit und Unbekanntem verwebt sich mit Otarion’s Stücken und erzählt so eine Geschichte aus Erinnerungen und Gedanken, welche in jedem Hörer des Albums persönlich zum Leben erweckt wird.

Der Albumtitel, den man sinngemäß als „unter der Oberfläche“ übersetzen kann, weist darauf hin, dass es sich bei dem neuen Werk um ein sehr persönliches Werk von Rainer Klein handelt. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Fotos im Booklet, das alte Aufnahmen zeigt, auf denen Rainer vermutlich als kleines Kind zu sehen ist.

Mit dem 3:47minütigen „Prelude“ leitet Otarion in sein neues Album ein. Es knistert zunächst wie bei einer Vinylscheibe und eine melancholische, zarte Pianomelodie erklingt dazu. Nach einer Minute setzen dann eine weibliche Stimme und eine Art Cellosound ein um diese Melancholie noch zu verstärken. Nach einer weiteren Minute öffnen sich die Sounds, wechseln zu einer Art Orgel und es kommt ein weit entferntes Stimmgewirr hinzu und man hat das Gefühl in die Erinnerungen von Rainer Klein hineingezogen zu werden. Nahtlos geht es in den ersten Track „Behind The Doors“ über, das passend mit Schritten und dem Öffnen sowie Schließen einer Tür atmosphärisch beginnt. Es erklingt eine Kombination aus weiblicher Stimme und Streichinstrument, kombiniert mit Orgelklängen und zieht einen schon zu diesem Zeitpunkt tief in die Otarionklangwelten hinein. Nach gut zwei Minuten kommen Rhythmus und Gitarrenklänge auf und die Stimmung wird auf eine neue Ebene gehoben die ab Minute Drei rockige Elemente mit einbaut. Das ist absolut faszinierend und fesselnd.

Das ganze Album ist sehr homogen und komplex aufgebaut, so dass man es im Ganzen hören sollte. So wirkt beispielsweise das 2:19minütige „The Abandoned Place“ wie ein atmosphärischer, Soundtrack artiger Übergang zwischen den Stücken „Behind The Doors“ und dem Titelstück, das mit Glockenschlägen beginnt, dazu einige surrealistische Sounds einwebt und nach gut 45 Sekunden an Fahrt aufnimmt. Hier entwickelt sich ein toller Track mit Sequenzerlinien, Percussion, Arpeggios, verzerrten Streichersounds und herrlichen Flächen um dann wieder in einen von E-Gitarren durchzogenen rockig-loungig-elektronischen Part überzugehen. Das ist perfekt gemacht und stellt eine homogene Verbindung aus Elektronik und Rock dar, ohne dass eine der beiden Seiten zu dominant wirkt. Otarion entwickelt diesen Elfminüter weiter und ändert im Verlauf Struktur, Melodie, Dynamik und Rhythmus.

„Refractions“ zeigt sich von einer Intensität wie es Sigor Ros vermögen und vermischt das dann noch mit einem sanften Rockpart, der mich teilweise im weitesten Sinne an sanfte/hypnotische Songs von Crippled Black Phoenix erinnern.

Die Kombination aus perlenden, atmosphärischen Gitarren- und Synthieklängen vernebelt einem in „A Different Way“ dagegen förmlich die Sinne um im weiteren Verlauf in einen rhythmischen, treibenden Track zu münden. Es folgen weitere vier Tracks, die diese Qualitäten fortsetzen.

Rainer Klein aka Otarion hat es mit seinem neuen Album „Under Surface“ mal wieder geschafft Stücke mit hohem Suchtfaktor einzuspielen. Man ist bei diesem Album von der ersten Sekunde an gefangen und wird bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Ein tolles Album, das sowohl für Elektronikfans als auch für Freunde des atmosphärischen Artrock geeignet ist.

Stephan Schelle, April 2018

 
   

CD-Kritiken-Menue