Keller & Schönwälder - Noir
 

Keller & Schönwälder - Noir
2003, Manikin Records MRCD 7066

Atmosphärisch klingt es aus den Boxen. Stimmfetzen und Geräusche lassen ein Flair wie bei einer Geschichte aufkommen. Die ersten Klänge hören sich nach den typischen amerikanischen Vertretern der Spacemusik wie z. B. Steve Roach an. Sollten Detlef Keller und Mario Schönwälder wirklich dem Titel der neuen CD Noir, was ins deutsche übersetzt schwarz bedeutet, ihren Hang zu düsteren Sounds entdeckt haben?

Die neue CD bietet fünf Stücke mit Spielzeiten von 4:56 bis 29:00 Minuten Länge. Insgesamt bringt es der Silberling auf mehr als 75 Minuten. Die ersten drei Stücke sind mit Noir - Movement One bis Three betitelt. Diese drei stellen auch die jeweils längsten Stücke und somit den Hauptpart der CD dar.
 

 

 

Wie gesagt, geht es sehr langsam los. Da zirpt und wabert es am Anfang und ein tiefer Basston erklingt im Hintergrund. Aufbauend auf den Grundgeräuschen spinnen dann langsam Sounds und Harmonien ein Netz. Ja, man könnte die Musik wirklich aufgrund des tiefen Basses, der die Grundlage des Tracks bildet, etwas düster nennen. Dann erklingen die typischen Elemente der Berliner Schule um sich jedoch wieder mit anderen Klängen abzuwechseln. Diese stetig wellenförmige tiefe Basslinie erweckt bei mir Assoziationen zu Wellenbewegungen unter Wasser. Nach mehr als neun Minuten entwickelt das Stück durch seine atmosphärischen zum Teil streicherartigen Flächen eine schwebende Wirkung. Es wirkt jetzt gar nicht mehr düster sondern weiß zu gefallen, da es zum Träumen und dahinschweben einlädt. So lassen wir uns über 25 Minuten dahin treiben.

 Track eins geht nahtlos in Track zwei über, der vom Sound und den Harmonien anfangs gleich bleibt, zu dem sich jetzt aber einige Sequenzerloops hinzugesellen. Auch bei dieser Fortführung treibt man in Gedanken weiter. Durch Variationen der Klänge und der Lautstärke erzeugen Detlef und Mario eine gewisse tranceartige Stimmung. Sehr langsam entwickelt sich das Stück. Erst werden nur Nuancen verändert, dann kommen später wieder Harmonien und die Sequenzerloops hinzu.

Track drei beginnt etwas behäbig und bringt zusätzlich ein Schlagzeug, das von Bas B. Broekhuis, der mit den beiden seit Jahren befreundet ist, gespielt wird.

Sicherlich sind die drei Parts von Noir etwas düsterer als die bisherigen Keller & Schönwälder-Veröffentlichungen, da besonders die rhythmischen Sequenzerläufe fehlen, aber nichts desto trotz bilden sie eine stimmige Einheit, deren Faszination man sich kaum entziehen kann.

Die letzten beiden Stücke der CD sind die kürzesten, sie überschreiten die 5:30 Minuten nicht und sind dem großen griechischen Elektroniker Vangelis gewidmet. Erkennbar ist das zuerst an den Titeln, die Dédier à Papathanassiou E. Vangelis - Movement One und Two lauten. Zwar beginnt der erste Titel eher Vangelis-untypisch, doch nach einigen Momenten erklingen Sounds und Melodien, die an den großen Griechen erinnern. Der tiefe Grundton ist auch bei diesem Stück allgegenwärtig. Movement Two schließt ohne Unterbrechung an den ersten Part an. Bei diesem Track sind die beiden aber etwas experimentierfreudiger. Es wurden skurrile Klänge auf die Scheibe gebannt, die etwas sperrig wirken. Hier fehlt dann jede Melodie und Harmonie, vielmehr weben sie Soundgemälde, die bis in den Himmel hinaufzuragen scheinen. Beide Titel stellen meines Erachtens eine Mischung aus Vangelis düsterem El Greco und dem sperrigen Beaubourg dar. Die beiden stellen aber keinen Bruch im Gesamtgefüge der CD dar, was auch an dem nahtlosen Übergang zwischen Track drei und vier liegt, vielmehr passen sie stimmungsmäßig gut ins Gesamtkonzept der CD. Insgesamt ist den beiden wieder ein außergewöhnliches Album gelungen, das ihre ganze Vielfalt zeigt.

Stephan Schelle, Oktober 2003 

 
   

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