Michael Brückner – Test Of Time
 

Michael Brückner – Test Of Time
SynGate Records / Wave (2022)
(8 Stücke, 75:36 Minuten Spielzeit)

Im Herbst 2022 veröffentlicht der umtriebige Elektronikmusiker sein neuestes Werk „Test Of Time“. Der Zusatz „by Michael Brückner“ sowie das Cover-Artwork von Andreas Schwietzke assoziieren, dass es sich hier um ein Konzeptalbum oder die Vertonung einer Science Fiction-Story handelt. Doch weit gefehlt. Schaut man genauer ins Booklet, dann sieht man, dass die Stücke bereits im Jahr 2012 entstanden sind und Michael sie zurückgehalten hatte.

 

 


Nun haben die Stücke aber den Test der Zeit bestanden und Michael hat sie zum Glück der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Michael schreibt dazu im Booklet:

„Anfang 2012 bekam ich ein neues Spielzeug, einen brandneuen Laptop, der immer noch mein Haupt-Produktions-Werkzeug ist. Zusammen mit dem Laptop kamen Berge von Software und virtuellen Synthesizern, die mir mehr Optionen boten, als ich bis dahin je hatte. Sofort begann ich in diesen Pool der Möglichkeiten einzutauchen und komponierte albumreife Tracks - überwiegend sequenzerbasiert und mit treibenden Beats, die ich mit für meine stärksten Kompositionen aus dieser Zeit halte.

Als ich die Chance hatte, auf SynGate Records mein erstes Album herauszubringen, glaubte ich jedoch, dass gerade diese Tracks für das Label weniger geeignet waren und hielt sie somit erst mal für später zurück. Ich teilte sie jedoch mit einigen engen Freunden und Hörern und als ich mit einem von ihnen kürzlich plauderte, bemerkte er, dass gerade diese Stücke diejenigen waren, die er über die Jahre am meisten gehört habe. Offensichtlich haben sie den Test der Zeit bestanden“

Los geht es mit dem 7:12minütigen „Rickendale 1963“. Flirrende Sounds leiten in den Track ein, die sich nach wenigen Momenten in pulsierende Rhythmussequenzen transformieren. Dazu gibt Michael noch eine rhythmische Prise vom Drumcomputer, eine Prise Trance und würzt das Ganze mit herrlichen Harmonien und Melodiebögen. Freunde der moderneren Sequenzer orientierten Musik bekommen hier schon mal einen tollen Track, der sich auch für eine schnelle Autofahrt eignet. Am Ende hat Michael dann noch ein kleines, witziges, musikalisches Gimmick eingebaut.

Spacig und psychedelisch zeigt sich zu Beginn das 11:11minütige „UFO Over Hertzberg“. Nach etwas mehr als einer Minute kommen dann aber schöne rhythmische Elemente auf. Nach weiteren Minuten entwickelt sich eine schöne Melodie, die mit Sounds verwoben ist, bei denen man sich gut startende oder fliegende UFOs vorstellen kann. Im zweiten Teil kommen dann herrlich perlende Synthklänge hinzu. Eine hypnotische Reise in einem musikalischen Flugobjekt.

Es folgt das 7:12minütige „Test The Time - Part 1“. Ein wunderschöner Track, dessen Rhythmus und Sounds mich an einigen Stellen an das Musikprojekt Supermax, das Ende der 70’er Jahre im Discobereich sehr erfolgreich war, erinnert. Hier wird aber alles andere als Disco geboten, vielmehr ist es ein sanfter Rhythmus, der das Stück vorantreibt, auf den Michael dann seine Melodien entspinnt.

Michael schafft es in Stücken wie dem 9:35minütigen „Pleijaad“ verschiedene Melodien und Strukturen perfekt miteinander zu kombinieren. Durch leichte Variationen in der Rhythmik und der Melodik erzeugt er eine hypnotische Stimmung bei der kein Bein ruhig bleibt. Leise und etwas flirrend beginnt dann das 9:32minütige „Away“, das nach wenigen Momenten in einen symphonischen Part überzugehen scheint. Dann kommen aber nach etwa anderthalb Minuten rhythmische Sequenzermuster und Sounds auf, die an Klaus Schulzes Phase um 1995 herum erinnern. Das ist aber sehr eigenständig und gut gemacht.

Mit sehr elektronischen Rhythmen beginnt dann das achtminütige „Baaslandt“. Dahinein webt Michael dann nach einiger Zeit sehr harmonische Flächen. Das klingt außergewöhnlich aber fesselnd. „Test Of Time - Part 2“ ist 10:48 Minuten lang und bietet pulsierende sowie vom Drumcomputer erzeugte Rhythmen. Dann kommen wieder Schulze ähnliche Flächen auf, die einfach nur hinreißend sind. Ein traumhaftes Stück.

Leicht Technoartig beginnt dann das letzte Stück, das 11:54minütige „They Are Coming!“. Ein sehr rhythmischer Track mit futuristischen Sounds.

Zum Glück hat sich Michael Brückner dazu entschlossen, die Stücke, die er bereits 2012 mit der Software seines neuen Laptops eingespielt hat, endlich zu veröffentlichen. Zeitlose Tracks, die sich recht rhythmisch zeigen und auch sehr schöne Melodien und Harmonien beinhalten, finden sich auf dem Album. Wer melodische, rhythmische Elektronikmusik mag, der kann hier bedenkenlos zugreifen.

Stephan Schelle, Dezember 2022

 
   

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