Michael Brückner - Footprints
 

Michael Brückner - Footprints
Cyclical Dreams / Eigenvertrieb / Bandcamp (2020)
(5 Stücke, 77:46 Minuten Spielzeit)

Nur kurze Zeit nach Veröffentlichung des Albums „Servant Of The Secret Fire“ erscheint gleich ein weiteres Album des Elektronikmusikers Michael Brückner. Dieses „Footprints“ betitelte Werk enthält fünf Stücke die in der Zweit zwischen 2015 und 2020 entstanden sind und sich im Umfeld der „Berliner Schule“ bewegen. 

 

 


Neben der CDR-Version gibt es auch noch eine digitale Variante, die man über Bandcamp downloaden kann. Wer das Album per Download erwirbt, der bekommt außer den fünf Tracks noch drei weitere Bonustracks dazu. Ich bespreche hier aber die CDR-Version.

Als 2015 der Elektronikpionier Edgar Froese (Tangerine Dream) verstarb, wurde Michael von Christian Fiesel gebeten ein Froese-Tribut-Stück für ihn zu erstellen, dass dann in der Sendung gespielt werden sollte. Einige Wochen später wurde eine erneute Anfrage durch einen anderen Moderator an Michael gestellt. Das Ergebnis war „Everlasting Footprints“ (man achte auf die Initialen EF), das die CD eröffnet und mit 22:20 Minuten Spielzeit den längsten Track des Albums darstellt. Eine alternative Version dieses Stückes mit gleicher Laufzeit hat Michael ans Ende der CD gestellt. Beide Versionen unterscheiden sich allerdings von denen, die über den Äther gingen.

Michael Brückner hat sein neuestes Album mit dem Titel „Footprints“ dem verstorbenen Edgar Froese (Tangerine Dream) gewidmet, der ihn musikalisch stark geprägt hat. Und in der Tat hat Edgar Froese zahlreiche und große Fußspuren in der musikalischen Landschaft hinterlassen. Michael hat aber ganz eigene Musik eingespielt, die in einigen Momenten nur ansatzweise an Tangerine Dream erinnern und darüber hinaus eine ganz eigene Handschrift aufweisen. Herausgekommen ist ein tolles Album mit wunderbaren Harmonien und tollen Sounds, das von der ersten bis zur letzten Minute fesselt. Wie gewohnt eine Brückner-Veröffentlichung von hoher Qualität.

„Everlasting Footprints“ ist mit seinen 22:20 Minuten Spielzeit der längste Track des Albums, der in zwei Varianten vorliegt. Neben der „normalen Version“ ist sie auch als alternative Version auf dem Album enthalten. Die beiden Versionen bilden den Anfang und das Ende. Dazwischen liegen drei weitere Tracks, deren Spielzeit alle um die elf Minuten liegen.

Los geht es aber erst einmal mit „Everlasting Footprints“. Blubbernde Synties werden zu Beginn von einem Piano-Akkord durchbrochen. Dann kommen Flächen und Mellotronsounds auf, die sich nun zu einem melancholischen Klanggebilde transformieren, das eine Spur „Berliner Schule“ versprüht. Das erinnert an die 70’er Phase von TD. Nach gut zwei Minuten ändert sich dann das Klangbild und Michael entwickelt nun einen mystischen und faszinierenden Track voller Atmosphäre, bei dem auch Gitarrenlicks dezent, aber sehr akzentuiert eingesetzt werden, die von herrlichen Synthiesounds umspült werden. Dem folgt dann ein hymnischer Part, der wiederum in eine Phase übergeht, die von einer Mellotron getragenen Melodie verziert wird. Der Track entwickelt sich daraufhin immer weiter und steigert langsam die Rhythmik und Dynamik. Das ist ein tolles Stück für Freunde der „Berliner Schule“.

Ich springe nun zum letzten Track, der alternativen Version von „Everlasting Footprints“. Hier sind keine Pianoklänge zu Beginn zu hören und der Track wirkt insgesamt etwas zurückhaltender arrangiert, was die Rhythmik und Gitarren (verströmen hier mehr floydiges Flair) betrifft. Beide Varianten sind aber hervorragend gelungen.

Dazwischen finden sich dann die Tracks „The Sequence Of Memories“, „Carbon“ und „Space Suit“. „The Sequence Of Memories“ beginnt zunächst mit flirrenden Synthiesounds und Sequenzerrhythmen. Dann kommen pulsierende Klänge auf, die sich zu einem hypnotischen Part entwickeln, der dann nach weniger als drei Minuten mit herrlichen, harmonischen Flächen unterlegt wird. Jetzt fliegen die Gedanken und heben einen aus dem Hier und Jetzt. Da stört auch nicht der dröhnendere Part, der nach einigen Momenten einsetzt. Michael ist damit wieder ein faszinierendes Stück gelungen.

„Carbon“ bietet ebenfalls recht rhythmische Elemente, die wie Percussion anmuten. Dazu kommen wieder herrliche Melodie- und Harmoniebögen. Dann nach etwa anderthalb Minuten wird es spaciger, sobald dem Stück der Rhythmus entzogen wird und die Synthies atmosphärisch durch den Raum schweben. Nach fast vier Minuten ändert sich das Bild erneut und die Flächen und der Beat kommen wieder zum Vorschein. Nun aber noch treibender und es entwickelt sich eine intensive Atmosphäre, die wiederum hypnotische Wirkung zeigt und deren Dynamik sich zum Ende hin steigert.

Dann findet sich noch das elfminütige Stück „Space Suit“ auf dem Album. Dem Titel entsprechend bietet Michael hier spacige Sounds, die einem Weltraumstreifen als Soundtrack dienen könnten. Diese werden aber auch mit rhythmischen Elementen unterlegt, denen später eine schöne Harmoniefolge spendiert wird. Im Mittelteil wird es dann etwas experimentell, denn hier hat Michael einige mysteriöse Flächen eingebaut, um dann aber wieder in den wunderbar rhythmischen Part zurückzukehren. Und es wird zum Ende hin gar noch recht sakral mit einigen Synthiechören, die sich unter die Rhythmusmuster schieben.

Hört man sich die beiden letzten Veröffentlichungen von Michael Brückner an, dann zeigt sich die Bandbreite in der er sich musikalisch auszudrücken versteht. Es ist schon unglaublich, welche musikalische Vielfalt in ihm steckt. Dieses Album kann ich jedenfalls all denjenigen ans Herz legen, die für harmonische, melodische und rhythmische Elektronikmusik mit einem Schuss „Berliner Schule“ ein Faible besitzen. Ein tolles Werk.

Stephan Schelle, Oktober 2020

 
   

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