Michael Brückner – Endless Mind Portal
 

Michael Brückner – Endless Mind Portal
Eigenvertrieb (2011)
(11 Stücke, 215:43 Minuten Spielzeit)

Das die Helden der Berliner Schule eine Inspirationsquelle für den hessischen Elektronikmusiker Michael Brückner sind, das schreibt er im Begleittext seiner 3CD-Box „Endless Mind Portal“. Er schreibt auch, dass er diesen Musikern großen Respekt zollt und ihnen seine Musik widmet. Entstanden sind die Stücke der 2011’er CD „Endless Mind Portal“ aufgrund der Tatsache, das Michael einige – wie er angibt - exzellente Musiker auf der Internetplattform EM Portal getroffen hat. Ohne dieses Zusammentreffen wäre diese CD-Box nicht erschienen.

 


Das sich Musiker und speziell auch die der Elektronikszene von bekannten Schriftstellern und ihren Werken haben inspirieren lassen, ist nicht neu und so trifft dies auch auf die Stücke der CD „Endless Mind Portal“ zu. Michael hat sich bei seiner Musik auf diesem Album von einigen seiner favorisierten Autoren beeinflussen lassen. Darunter finden sich Namen wie James Graham Ballard, Olaf Stapeldon, H.P. Lovecraft und Wiliam Hope Hodgson.

Michael hat das Album so aufgebaut, dass die fünf Hauptstücke, deren Laufzeiten sich zwischen 19:13 und 30:20 Minuten Spielzeit bewegen, auf den ersten beiden Silberlingen zu finden sind. Darüber hinaus hat er noch sechs weitere Stücke mit zum Teil Remixen aber auch neuen Tracks als Bonus auf CD 2 und CD 3 verteilt. Diese Bonusstücke haben Laufzeiten zwischen 5:13 und 30:20 Minuten.

CD 1 beginnt mit dem 20minütigen Track „In Search For The Portal“. Mystisch zischende und zirpende Synthieklänge bestimmen die ersten drei Minuten. Dann kommen weitere Flächen hinzu und eine sanfte – wie von einem Luftzug durchzogene – Stimmung kommt auf. Es bleibt aber die ganze Zeit mystisch und der Track bewegt sich eher im Bereich der experimentellen Musik. Melodien oder Harmonien sucht man hier vergebens. Es folgt das 23:30minütige „Discovery And Exploration Of The Portal“, das ebenfalls recht mystisch beginnt. Das Stück wirkt wie eine große Klangcollage, denn auch hier ist weit und breit keine Melodie auszumachen.

Fast futuristisch wirkt das dritte Stück „Through The Portal“, das es auf 19:13 Minuten Spielzeit bringt. Ebenfalls mystisch und als Klangcollage angelegt, zeigt dieses Stück doch weitaus technisch wirkendere Sounds. Man hat das Gefühl in einer technischen Anlage zu stecken. Nach gut dreieinhalb Minuten kommen dann aber Harmonien hervor, die sich langsam zu einer Melodie formieren um dann doch schnell wieder in Collagenartige Passagen überzugehen. Nach gut 13 Minuten schält sich dann ein Sequenzerrhythmus aus dem Hintergrund hervor und Harmonien treten auch wieder ans Tageslicht. Jetzt hat der Track etwas von „Berliner Schule“, wenn auch verziert mit rauschenden Flächen. Das ist jetzt aber absolut hypnotisch und klingt gut und mündet gar in eine Pianolinie.

Nach dieser ersten recht experimentellen CD bietet Michael auf dem zweiten Silberling wesentlich eingängigere Stücke. Zwar startet das erste 30:20minütige Stück „Inside The Endless Mind“ auch noch recht experimentell und mit Flächen die davonrauschen. Doch sobald Hannah Brückner (Michaels Tochter?) einen Text in deutscher Sprache liest, bricht der melodische Elektronikmusiker aus Michael heraus. Erste Chöre weisen darauf hin, dass es jetzt ganz anders zur Sache geht. Das klingt zunächst erhaben und orchestral. Später liest Michael noch einen englischen Text und dann nimmt der Track so langsam nach mehr als acht Minuten Fahrt auf, denn Sequenzerrhythmen ziehen auf und machen aus dem Stück eine unwiderstehliche Nummer, die sich langsam entwickelt aber sehr intensiv gestaltet ist.

Daran fügt sich das zunächst sehr voluminöse und orchestral aufgebaute „Leaving The Endless Mind (For Just A Little While)“ an, das mit 21:19 Minuten zu Buche schlägt. Nach etwas mehr als vier Minuten kommt eine sanfte Melodielinie hervor, die Michael sanft fortführt und entwickelt. Und nach neun Minuten hat man durch die Synthies und das Schlagzeug gar den Eindruck eine Rockband zu hören. Das steht in krassem Gegensatz zu der Musik von CD 1 und zeigt wieder mal die Vielseitigkeit von Michael Brückner. Danach wechselt er aber wiederum Struktur, Rhythmik und Klangfarben.

Der erste Bonustrack auf CD 2 ist „The Endless Mind – Chill Mix“, dehnt Michael auf 18:46 Minuten aus. Ab jetzt wird es für Freunde elektronischer Harmonien besonders interessant, denn dieses Stück schiebt sich sanft aber mit Macht unter die Haut. Michael lässt hier sanfte Klänge und Melodien die wirklich sehr chillig ausgefallen sind, von der Leine. In diesen Track kann man sich wirklich fallen lassen. Auch „Störtebecker (Live) – Part 1“ weist Harmoniebögen auf und reicht in die Ecke der „Berliner Schule“. Mit seinen 5:13 Minuten ist der erste Teil schon mal ganz gut ausgearbeitet, zumal er auch einige schöne Effekte beinhaltet.

Mit dem zweiten Part von „Störtebecker (Live)“, der es auf 5:45 Minuten bringt, startet dann die dritte CD. Ich finde, dass dieser Part, der direkt an den ersten anschließt, Michael noch besser gelungen ist, da er zwar die Motive des ersten Parts aufnimmt, aber im letzten Drittel einen unwiderstehlichen Rhythmus enthält, der den Grundstein für diesen Track bildet. Das erinnert ein wenig an Ron Boots. Schade ist hier allerdings, dass Michael beide Parts auseinander gerissen hat.

Ein recht flottes Stück ist dann „Mynnie“ mit seinen 15:22 Minuten. Das erinnert mich auch im ersten Viertel weitläufig an die Neue Deutsche Welle (was den Rhythmus anbelangt). Im Mittelteil wird es dann sphärisch, um dann im letzten Drittel wieder in den Rhythmus des Beginns – der noch besser ausgearbeitet ist – zurückzudriften. Das Stück hat was Fesselndes.

Das folgende „Berlin Schoolboy“ muss wohl nicht kommentiert werden, denn hier treffen einige Elemente der „Berliner Schule“ aufeinander. Ein sehr abwechslungsreiches Stück das einfach nur Spaß macht und bei dem das Schlagzeug sehr organisch klingt. Dieses Stück hat Michael auch bei der Schwingungen Gartenparty zusammen mit Tommy Betzler am Schlagzeug live gespielt. Mit dem alternativen Mix von „Inside The Endless Mind“ endet dann das Album.

Michael hat auch mit „Endless Mind Portal“ ein klasse Werk abgeliefert, bei dem er aber hauptsächlich experimentell und collagenartig vorgegangen ist. Die CD kann ich ebenfalls empfehlen, da sie einige Facetten von Michael aufzeigt und sowohl Stimmungsbilder zeichnet wie auch melodische Momente aufweist.

Stephan Schelle, August 2013

 
   

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