Lorenzo Montanà – Black Ivy
 

Lorenzo Montanà – Black Ivy
FAX Records (2009)
(11 Stücke, 63:22 Minuten Spielzeit)

Mit der CD „Black Ivy“ betritt ein neuer Elektronikmusiker die Szene. Sein Name, Lorenzo Montanà. Ob das nun ein Künstlername oder sein wirklicher Name ist, lässt sich aus dem Booklet nicht entnehmen. Gerade Debütalben können besonders faszinieren und gefangen nehmen, haben sich die Künstler dabei doch lange ins Zeug gelegt, um - ohne Druck von Außen - ihr „Baby“ besonders gut aussehen zu lassen. Gerade wenn er sich Zeit lässt und nicht auf die Schnelle sein Produkt auf den Markt bringen will, kann ein Musiker so aus einer ganzen Reihe von Kompositionen aussuchen und die besten auswählen.

 


„Black Ivy“, das beim renomierten FAX-Label am 15.06.2009 herausgekommen ist, ist so ein Debütalbum, das gleich beim ersten Durchgang schon faszinieren kann. Thematisch geht es auf dem Album um „den Mikrokosmos der Flora, Seen und alter Landschaften… den Klang des Pflanzensaftes und mikroskopischer Lebensformen“. Wer nun aber so ein esoterisches Gesäusel oder atmosphärische Soundwolken vermutet, der liegt völlig falsch. Lorenzo bietet vielmehr unterschiedliche elektronische Stilarten, mischt sie auf dem Album aber sehr stimmungsvoll zusammen.

Beim Opener „Erasing You“ das als einer von zwei Songs von Chelonis R. Jones gesungen wird, war ich zunächst etwas irritiert. Der Song pendelt irgendwo zwischen sanftem Popsong, Electronica und vertrackten, experimentellen Rhythmusstrukturen. Bei mehrfachem Hören erschließt sich dieser Song dann aber doch recht schnell. Von diesem Track darf man sich aber beim ersten Hören nicht irritieren lassen, denn die weiteren Stück bieten mehr Harmonien und herrliche Melodiebögen.

Das mit 2:44 Minuten recht kurze „Jehr Water“ zeigt schon eine erste Richtung auf, wo es hauptsächlich auf diesem Album hingeht. Elektronische Harmonien werden mit Rhythmen, die mich ein wenig auch an Spyra erinnern, kombiniert. „Insect Invasion“ klingt in den ersten Tönen nach John Carpenter-Soundtrack, wird aber schnell durch unterkühlte Elektronikbeats und sehr schöne Synthiemelodien und -harmonien ergänzt. So könnte für mich auch eine Kollaboration in reduzierter Form von Schiller und Spyra klingen. Das könnte auch der Sound für eine Reise durch die neonbeleuchtete Großstadt sein.

„Sap“ ist ein sehr schönes, sanft dahin gleitendes Stück. Dann folgt mit „Kirkuk Lake“ das zweite gesungene Stück. Diese Mal wird eine Art Sprechgesang von  einer gewissen Julie geboten, die  damit den Song in eine Art französische Elektronik-Popnummer verwandelt, garniert mit einem Hauch Kraftwerk-Rhythmus. Dieser Track sticht stilistisch aus dem Album heraus und doch passt er ins Gesamtbild.

„Sap 2“ ist mit seinen 8:07 Minuten ein äußerst spannender Track, zeigt er doch unterschiedlich Rhythmus- und Melodiestrukturen und spielt darüber hinaus mit unterschiedlichen Lautstärken. Ein tolles Stück, das sich schwer beschreiben lässt. Nach dem recht rhythmischen „Dionaea“ kommt mit „Mysteries Of Nature“ ein sehr getragenes, sanft schwebendes Stück, das sich im weiteren Verlauf strukturell verändert, was mir gut gefällt. Beim Titelstück kommen dann auch noch einmal Rhythmusstrukturen zum tragen, die mich an Kraftwerk erinnern, ohne das der Track wie ein Stück der Düsseldorfer Legende klingt. Zu eigenständig geht Lorenzo hier vor. Auch die folgenden zwei Stücke sind rhythmisch, aber wie alle anderen Titel auch, halten sich die bpm im Rahmen.

„Black Ivy“ ist ein gelungenes Debüt von Lorenzo Montanà, das den Freunden von Spyra gut schmecken wird, gibt es doch einige Parallelen  zum Gewinner des Schallwelle-Preises 2008 in der Kategorie „Bester Musiker“. Ein einzelnes Stück hervorzuheben ist schwer, mir gefällt die komplette CD mit ihren unterschiedlichen Facetten. Ein gelungenes Debüt, bei dem man auf den Nachfolger gespannt sein darf.

Stephan Schelle, Juni 2009

 
   

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