Level Pi – Electronic Sheep
 

Level Pi – Electronic Sheep
Eigenvertrieb www.level-pi.de (2008)
(6 Stücke, 65:36 Minuten Spielzeit)

Uwe Cremer macht unter dem Namen Level Pi seine Instrumentalmusik und veröffentlichte im Jahr 2006 ein sehr beachtenswertes Debüt mit dem Titel „Entrance“. Auf diesem Debüt bot er eine Mixtur aus Psychedelic-, Space- und Krautrock, bei der neben elektronischem Gerät auch die E-Gitarre im Vordergrund stand. Seither sind zwei Jahre vergangen und jetzt, Ende 2008, legt Uwe seinen Nachfolger unter dem Titel „Electronic Sheep“ nach.

 


Der Titel lässt schon Schlüsse auf die Musik des Silberlings zu, denn Uwe hat sich dieses Mal mehr auf die Synthies und Sequenzer fokussiert. Schrieb Jürgen Gallotz-Duckar in seiner Rezension des Debüts noch das Uwe die oben erwähnten Stilrichtungen eingeatmet hat, so zeigt er auf „Electronic Sheep“ das ihn die großen Namen der traditionellen Elektronikmusik ebenfalls lange begleitet und beeinflusst haben, denn aus den sechs Stücken, deren Laufzeiten zwischen 6:08 und 16:31 Minuten liegen, verbreitet sich nicht nur ein Hauch „Berliner Schule“, sondern sie zeigen auch noch andere Einflüsse wie beispielsweise die von Jean Michel Jarre.

Die CD beginnt mit dem 15:24minütigen Track „String Theorie“ in dem Uwe faszinierende Sounds und Flächen bietet, die sehr stark an den Stil des Godfathers of Electronic, nämlich Klaus Schulze, angelehnt sind. Wunderbare Harmonien bilden den Unterbau, auf dem sich dann mal zirpende, dann wieder sequenzerartige Synthies im Gleichtakt bewegen. Und auch ein Schlagwerk darf im weiteren Verlauf nicht fehlen. Dieser Track gefällt mir als Schulze-Freund natürlich ausgezeichnet.

In „S.E.T.I.“ ändert sich allerdings die Stimmung, denn hier werden streckenweise, auf recht experimentelle Art, Stimmungen erzeugt. Mal kommt ein Anflug einer Melodie oder ein Rhythmus zum Vorschein, um im nächsten Moment in eine recht futuristische Stimmung überzugehen. Das ist dann doch nicht ganz meine Spielwiese, bietet aber im Gesamtkontext eine gewisse Abwechslung.

Melodischer wird es dann im achteinhalbminütigen „Elfenstaub“, das für mich eine Mixtur aus dem Eindhovener Stil á la Ron Boots und Jean Michel Jarre darstellt. Da kommen elektronische Rumbarhythmen und flirrende Synthies zum Einsatz, die man von Jarre kennt. Allerdings klingt der Track nicht wie ein Jarre-Clon, sondern Uwe spielt mehr mit den Stilmitteln des Franzosen um sein eigenes Ding zu machen. Dieser Track gefällt mir auch wieder ausgesprochen gut.

Das etwas mehr als zehnminütige „Dishwasher“ ist wieder so ein eher experimentelles Klanggebilde, das ähnlich dem Track „S.E.T.I.“ eine futuristische, teils bedrohliche Stimmung erzeugt. In Track Nummer 5 wechseln wir dann in die „Traumphase“. Im Traum können wunderschöne Bilder oder auch Albtraumartige Sequenzen für unterschiedliche Stimmungen sorgen. Uwe hat sich bei diesem Stück für die erste Variante entschieden. Ein sanfter Rhythmus unterlegt eine sehr eingängige Melodielinie, die schnell ins Ohr geht und mich an die englische Elektronikfraktion á la Wavestar & Co. erinnert. Wieder so ein Stück, in das ich mich fallen lassen kann.

Den Abschluss der CD bildet dann mit „Theta Null“ das längste Stück des Albums. Weit entfernt heulende Synthies lassen mich zunächst an den ersten Teil des Films „Alien“ denken, wo die Astronauten auf diesem unwirklichen Planeten umherstreifen. Langsam bauen sich aber Flächen und Akkorde auf, die Uwe auf einem gleichmäßigen, monoton wirkenden Sequenzerrhythmus legt. Nach etwas mehr als fünf Minuten zieht dann aber der Sequenzer an. Diese Art von pulsierenden Synthies ist genau mein Ding. Mit hypnotische Sequenzerrhythmen, so wie sie auch von der „Berliner Schule“ bekannt sind, gepaart mit einem Sound, der mich an Soundtracks á la John Carpenter erinnert, steigert Uwe diesen Track langsam aber stetig. In einem Synthie- und Schlagzeugkonglomerat im letzten Drittel des Tracks, das neben den Zügen elektronischer Musik auch Krautrockähnliche Elemente enthält, endet dieser dann wieder in einer ruhigen Passage. „Theta Null“ ist ein gelungener Ausstieg aus dem Album.

Mit „Electronic Sheep“ zeigt Uwe Cramer aka Level Pi ein weiteres musikalisches Gesicht, das in dieser Form mehr auf der traditionellen Elektronik beruht. Kritiker werden bei dieser Scheibe zu bemängeln haben, dass sich Uwe zwischen den einzelnen Stilrichtungen nicht entscheiden konnte. Auf der anderen Seite zeigt es aber auch seine Vielseitigkeit. Ich finde, dass Uwe mit seinem neuen Silberling ein guter, vor allem stilistisch etwas anderer Nachfolger seines Debüts gelungen ist. Mir hat das Album jedenfalls gut gefallen. Soundbeispiele gibt es im Übrigen auf seiner Page www.myspace.com/levelpi.

Stephan Schelle, Januar 2009


Hier eine weitere Meinung zur CD:

Die CD ist als Hommage an die frühe Elektronikszene angelegt, um mit dem Musiker selbst zu schreiben: „wie ein gemütlicher Abend (...), an dem man erst Klaus Schulze hört, dann bekommt man Lust auf Tangerine Dream, danach legt man z.B. Cluster auf, Michael Rother usw.“

Das Konzept funktioniert wunderbar. Wer sich in dieser Musik und Zeit auskennt, wird in den einzelnen Titeln genau die genannten Musiker und nach Belieben auch andere vor seinem geistigen Auge vorüberziehen sehen, ohne das die Musik als einfaches Plagiat daherkommt. Uwe Cramer schafft es, den Klang, die Sounds und die typischen Merkmale der genannten herauszuarbeiten und mit seinen Ideen zu füllen. Beim Opener denke auch ich unwillkürlich an Klaus Schulze, bei „Elfenstaub“ an Jarre und bei „S.E.T.I.“ an frühe Johannes Schmoelling-Aufnahmen. Gerade dieser von Stephan „experimentell“ genannte Titel, sowie „Dishwasher“ (Uwe’s Geschirrspülmaschine gibt den Rythmus vor) sind für meine Ohren die eher spannenden, weil Uwe Cramer damit die „Hommage“-Schiene verlässt und eigenständiger wird.

Bis dahin ist also alles im grünen Bereich. Mich stört allerdings das Schlagzeug, besonders im ersten Track klingt es wirklich wie live gespielt, aber leider stellenweise deswegen, weil Sequenzen und Schlagzeug für mein Empfinden nicht synchron laufen und manche Breaks etwas „holprig“ sind. Viel besser wirkt es, wenn er nur die Becken leise und perkussiv einsetzt. Also die Trommeln raus, dann wirkt es für meine Ohren deutlich besser.

Trotzdem: die „Zeitreise“ funktioniert prima. Mit einem oder zwei Gläschen Rotwein und dieser CD hat man einen sehr vergnüglichen Abend mit E-Musik, ohne groß in der Sammlung wühlen zu müssen.

Andreas Plaeschke, Januar 2009

 
   

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