Lamp – The Three Towers
 

Lamp – The Three Towers
Groove Unlimited (2012)
(3 Stücke, 57:47 Minuten Spielzeit)

Michael Shipway scheint nach einer mehrjährigen Pause wieder Spaß am Musikmachen zu haben. Wie anders lässt es sich erklären, dass er nach seinem letztjährigen Soloalbum „Voyage To Venus“, im April 2012 neben dem sechsten Album seines Projektes VoLt, das er zusammen mit Steve Smith ins Leben gerufen hat, gleichzeitig mit einem neuen Projekt namens Lamp auf den Markt kommt? Das neue Projekt verbindet seine Synthesizermusik mit E-Gitarre, die von Garth Jones eingespielt wurde. Das Album „The Three Towers“ ist das Debüt der beiden Musiker, das sehr viel versprechend ausgefallen ist.

 


Was bei J.R.R. Tolkien die zwei Türme in seinem Roman „Der Herr der Ringe“ sind, das sind „The Three Towers“ für Shipway & Jones alias Lamp. Die Musik baut auf einer Fantasystory auf, die bei erscheinen des Albums (wann es offiziell herauskommt, ist noch ungewiss - die CD gab es vorab schon beim E-Day im April  2012 zu erwerben) auf der Internetseite www.mslmusic.co.uk/bernodine zu lesen sein wird. Der Untertitel der CD lautet „The Universe As Seen By Bernodine“.

Drei Stücke mit Laufzeiten zwischen gut 18 und 20 Minuten Länge bietet das wunderbare Album. Die CD startet mit dem 20minütigen „The Tower Of Breganze“ (That Rises From The Ocean Bed). Zunächst geht es recht verhalten mit einigen Synthieklängen los (oder ist das bereits die E-Gitarre?). Das ist noch nicht aufregend, baut aber schon mal eine gewisse Spannung auf. Nach zwei Minuten kommen sanfte Harmonien auf, die von Michael beigesteuert werden und immer noch ist es recht verhalten und bietet nichts Besonderes. Nach etwas mehr als drei Minuten baut sich eine weitere Melodie vom Synthie auf. Das kennt man von den Produktionen, bei denen Michael Shipway beteiligt ist. Nach etwa sechs Minuten kommt ein Rhythmus dazu, der mich ein wenig an Alan Parsons „The Raven“ erinnert und ab jetzt wird es intensiv und Gänsehaut treibend. Dieser Rhythmus, eine unterlegte Synthiefläche und die E-Gitarre sorgen jetzt für hypnotische Momente. Das ist wirklich Sinne beraubend. Und diese Stimmung nimmt von Sekunde zu Sekunde immer mehr zu. Das ist aber nur der Beginn für noch weitere Höhepunkte.

Der zweite Track nennt sich „The Tower Of Aurumshade“ (That Is Born Of The High Mountains) und ist mit knapp 18 Minuten der kürzeste Track des Albums. Mit Flächen und Gitarrenmuster beginnt das Stück absolut verträumt und romantisch. Ich kann vor meinem geistigen Auge förmlich die verschneiten Bergspitzen sehen, in deren luftiger Höhe der Turm liegt, um den ein langsamer Schwenk bzw. Flug vor meinem Auge erfolgt. Das ist majestätisch und erhaben. Nach etwas mehr als fünf Minuten kommt dann ein Sequenzerrhythmus hinzu und es entwickelt sich ein wunderbarer Track, der einfach faszinierend ist. Ab Minute zehn wird es dann etwas bedrohlicher, ohne das die Faszination abreißt. Zum Ende hin steigern sich Rhythmus und Dynamik und auch die Gitarrenarbeit von Garth Jones wird eine Spur rockiger, bleibt aber immer atmosphärisch.

Zuletzt kommt dann „The Tower Of Diameter“ (That Lies In Shadow And Binds Them). Mystisch und teils bedrohlich, so wie Teile des Soundtracks von „Blade Runner“ beginnt dieses mehr als 19minütige Stück. Diese düstere Stimmung verfliegt wenn nach etwas mehr als drei Minuten der Rhythmus einsetzt. Der Startschuss für einen erneuten hypnotischen Track ist gegeben. Einiges hört sich darin nach Ashra an und doch ist es ganz anders. In der zweiten Hälfte wird es gar tanzbar, wenn ein unglaublicher Rhythmus einsetzt. Das hat etwas unglaublich fesselndes. Dieser Track ist - wenn das überhaupt möglich ist - mein Lieblingsstück. Die beiden Musiker haben mit dieser CD für mich einen Link aus der Realität in eine andere Sphäre geschaffen.

Mit „The Three Towers“ meldet sich ein neues Musikprojekt in der Elektronikszene, dass durch fesselnde Sounds und eingängige Melodien besticht. Hier haben sich erneut zwei tolle Musiker gefunden, die gerade in der Kombination etwas Besonderes zu schaffen in der Lage sind. Ein wirklich tolles Album das in der Kategorie „bestes Album international“ des Schallwelle-Preises ganz oben im Ranking dabei sein wird, da bin ich mir sicher. Hohe Empfehlungsstufe.

Stephan Schelle, Mai 2012

 
   

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