Kontroll-Raum - Check In Mit Kontroll-Raum betritt eine neue Formation, bestehend aus altbekannten Elektronikmusikern die Bühne. Bas Broekhuis und Mario Schönwälder, zwei Drittel des seit vielen Jahren beliebten und erfolgreichen Trios B,K&S sowie Frank Rothe, der zusammen mit Mario Schönwälder das Duo Filter-Kaffee darstellt, haben sich zusammengeschlossen um das faszinierende synthetische, polyrhythmische Album „Check In“ mit zahlreichen Einflüssen aus den verschiedensten Spielweisen der elektronischen und psychodelischen Musik einzuspielen. |
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Sieben
Tracks mit Laufzeiten von 7:12 bis 12:50 Minuten Spielzeit sind in dieser
Zeit entstanden, die es auf das Album gebracht haben. Sobald man den
Kontroll-Raum betreten hat, startet das Trio mit dem 7:12minütigen Stück
„Gentlemen, Start Your Engines!“. Und in der Tat starten die Jungs noch
recht gemächlich mit leicht wellenförmigen und dann maschinell klingenden
Sounds. Das wirkt zunächst sehr psychedelisch und wird dann von monumental
klingenden Klängen nach etwa anderthalb Minuten abgelöst. Die von Bas
gespielte Percussion wird dezent platziert und unterstreicht den
psychedelischen und sehr hypnotischen Charakter. Harmonische Flächen, die
von rhythmischen Elementen unterlegt sind, bestimmen das Bild dieses ersten
Tracks, der so gar nicht nach B,K&S oder die „Berliner Schule“
klingt. Mit diesem Opener beschreiten die Drei neues Terrain. Der
zweite Track nennt sich „Escape 38“. Aber keine Angst, der 11:36minütige
Track ist kein Grund für eine Flucht aus dem Album. Mystische Sounds eröffnen
diesen Longtrack, bei dem man sich in einem Science Fiction-Soundtrack wähnt.
Nach gut einer Minute kommt dann ein Sequenzerrhythmus auf und 40 Sekunden
später gesellen sich dann herrliche Flächen und Soundskulpturen hinzu, die
in dieser Form nun an Klaus Schulze’s Musik erinnern, wobei hier auch
Elemente aus verschiedenen Schaffensphasen des Elektronikpioniers
auftauchen. Für Freunde Sequenzer orientierter Musik von Schulze ein Fest.
Kontroll-Raum kopieren den Stil aber nicht einfach sondern nutzen ihn in
ihrer ganz eigenen Art und Weise, in dem sie weitere Sounds und Klangfarben
(was auch mal loungig anmutet) hinzufügen und mit der Dynamik spielen. Ein
klasse Track, bei dem man bei jedem Hördurchgang weitere Elemente heraushört.
Auf
11:17 Minuten bringt es das Stück „Raum 23“, das
technologisch/futuristisch startet. Da sind zunächst kaum Harmonien
auszumachen, da die erste Phase aus rhythmischen Elementen besteht. Erst
nach mehr als anderthalb Minuten kommen dann harmonische Strukturen auf, die
allerdings erneut recht psychedelisch wirken. Der Rhythmus ist dabei recht
repetitiv gehalten. Und doch machen die Sounds Spaß und fesseln auf eine
ganz eigenwillige Art. Es schimmern durch Gitarren ähnliche Sounds sogar
leicht rockige Klänge, die allerdings nie den Charakter der elektronischen
Musik verfälschen. Das ist erneut außergewöhnlich und bedeutet für die
Drei ein neues musikalisch Spielfeld bis dann nach gut viereinhalb Minuten
ein Synthierhythmus mit Flächensounds verbunden wird, der einen wieder
gefangen nimmt. „Pour
Alain“ nennt sich das vierte, neunminütige Stück. Hier kommen herrliche
Flächen und ein schöner, sanfter Sequenzerrhythmus anfangs zum Einsatz.
Nach 2:24 Minuten spendiert das Trio diesem Track einen unterkühlten
Rhythmus, der dem Stück nun ein wenig mehr Drive verleiht. Das Ganze baut
sich recht langsam auf und erinnert ab ca. dreieinhalb Minuten Spielzeit
durch Sound und Percussion wieder etwas an Klaus Schulze. Durch weitere
Aufschichtung von Sounds und einige Synthsoli entwickelt sich dieser Track
zu einem spannenden Stück Musik. Die
nächsten drei Stücke, beginnend mit dem fast elfminütigen „For A
Roadmovie“ knacken nun die Zehn-Minuten-Marke. Der Beginn des Stückes
erinnert zunächst ein wenig an den Schulze-Stil, bekommt aber durch die
Harmonie- und Melodielinien ab Minute 1:35 eine andere Richtung. Ein Stück
(trotz des rhythmischen Unterbodens) zum Abheben, das sich ebenfalls im
weiteren Verlauf entwickelt. Nach sechs Minuten kommen dann Gänsehaut
treibende flächige Harmonien auf. Mit
12:50 Minuten Spielzeit ist „C9 05-05“ der längste Track des Albums.
Spacige Klangformationen führen in diesen Longtrack hinein und wechseln
dann nach nicht ganz zwei Minuten in weite Flächen. Ein Szenario von einem
Weltraumtrip macht sich vor meinem geistigen Auge breit bis dann nach etwa
Minute Drei ein treibender Rhythmus aufkommt, dem ab Minute 4:22 eine
Melodielinie spendiert wird. Auch hier bewegen sich die Drei nun im Umfeld
der „Berliner Schule“, allerdings mit einem eigenen Akzent. Den
Abschluss bildet dann der passende Titel „Check Out“, der mit 10:07
Minuten zu Buche schlägt. Hier starten die Drei noch mal recht
psychedelisch und lassen nach wenigen Momenten einen Part folgen, der von
hymnischen und spacigen Klängen bestimmt wird. Es dauert gut 2:45 Minuten
bis sich dann ein pulsierender, druckvoller Rhythmus herauskristallisiert.
Die Klangmotive und Rhythmen sind hochgradig spannend gehalten und werden
nach etwas mehr als dreieinhalb Minuten von einer sich wiederholenden,
melodischen Klangfolge verziert. Flächen werden eingebaut und die Dynamik
variiert. Wieder so ein faszinierender Track mit hohem Spannungsbogen, der
im weiteren Verlauf auch sehr melodische und sogar leicht rockige Passagen
beinhaltet. Auch
wenn die Stücke des Albums nur durch das hin- und herschicken von Dateien
und Fragmenten entstanden sind, so wirken sie doch sehr homogen und zeigen,
dass sich Broekhuis, Rothe und Schönwälder ein ums andere Mal aus ihrer
Komfortzone bewegt haben. Ein Album und Sound, den ich so streckenweise
nicht erwartet hätte. Qualitativ sind die Stücke hochwertig was Aufbau,
Sound und Produktion angeht. Ein tolles Album, das viele Elektronikfreunde
überraschen wird, die Filter-Kaffee und B,K&S kennen. Weiter so. Stephan Schelle, April 2021 |
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