Klaus Schulze – La Vie Electronique 2
 

Klaus Schulze – La Vie Electronique 2
spv / revisitedrec (2009)
(23 Stücke, 232:36 Minuten Spielzeit)

Zeitgleich mit dem ersten Teil der 3-CD-Boxen „La Vie Electronique“ erscheint der zweite Teil bei spv/revisitedrec. Zeitlich schließt diese Veröffentlichung nahtlos an den ersten Teil an, denn die Musik auf den CDs wurde von Klaus Schulze in den Jahren 1972 bis 1975, für viele Elektronikfans die Blütezeit der „Berliner Schule“, mitgeschnitten.

Dem Hörer werden hier keine CD-füllenden Einzeltracks geboten, vielmehr kommen die Stücke auf den Silberlingen nicht über die 42 Minuten hinaus und bewegen sich hauptsächlich zwischen 8 und 20 Minuten.

 


Gleich im ersten Stück der ersten CD, „North Of The Yukon“ macht sich im Gegensatz zu Vol.1 ein verbesserter Sound bemerkbar. Irgendwie klingt die Aufnahme schon transparenter und dynamischer als auf dem ersten Dreierpack, was auch für die folgenden Stücke zutrifft. Auf „Nightwind“ kommt ein Gitarrensound zu den elektronischen Klängen hinzu und Klaus Musik klingt hier wesentlich melodischer. Dieses Stück ist in Zusammenarbeit mit Hans-Jörg Stahlschmidt entstanden. Der Track stellt quasi eine Blaupause für die zukünftige Ausrichtung in Schulze’s Musikkosmos dar. Sehr Gitarren- bzw. Spinett-betont geht es in „Minuet“ zu, das eine Mischung aus elektronischen Sounds und barockem Flair bietet. Auch hier ist Stahlschmidt mit von der Partie.

„Signs Of Dawn“ ist ein toller Track, der durch seine flirrenden, pumpenden, teils metallisch klingenden Synthiesounds und epischen Harmonieflächen besticht. Dazu wird, wie Klaus es bei einigen anderen Titeln auch schon tat, eine erzählende männliche Stimme in den Hintergrund gemischt. Faszinierend!!!!

CD 2 bietet mit „Das große Identifikationsspiel“, „Titanensee“ und „Electric Love Affair“ drei Longtracks aus dem Jahr 1973. „Das große Identifikationsspiel“ mit seinen 42 Minuten Spielzeit dürfte wohl der schwierigste Track des Albums sein, besteht er doch lediglich aus Stimmungserzeigenden Sounds, die sehr experimentell sind. Harmoniefolgen sucht man hier vergeblich. Das klingt wie die Vertonung eines Filmes. Auch wenn „Titanensee“ ähnlich aufgebaut ist, so finden sich in diesem 27minütigen Track doch wieder einige Harmonielinien und sakral angehauchte Passagen. Bei „Electric Love Affair“ zischt es und brummt das elektronische Gerät im Hintergrund (scheint nicht gewollt zu sein). Langsam entwickelt sich aber eine Melodielinie und man hat hier schon den Eindruck, dass auf kalte synthetische Klänge warme Harmoniebögen treffen, die einer Liebesaffäre gleich kommen.

Nach der eher experimentellen zweiten CD geht es auf Silberling Nummer drei schon wieder musikalischer und melodischer zu. „Land der leeren Häuser“, das mit Gesang versehen ist, wahrscheinlich von Hans-Jörg Stahlschmidt, der ebenfalls an dieser Produktion beteiligt war, ist der erste Beweis dafür. Sehr rhythmisch, mit psychedelischen Elementen versetzt, stellt sich „Studies for Organ, Keyboards and Drumsets“ dar. Bei diesem Stück zeigt sich das Klaus nicht nur ein guter Organist an seiner Farfisa-Orgel ist, sondern auch ein verdammt guter Schlagzeuger, denn er bedient hier in einer faszinierenden Art neben Bongos auch ein Drum-Set. Nach dem sphärischen „Momento Mori“ beschließt dann das fünfteilige, im Jahr 1975 aufgenommene „Blaue Stunde“ die dritte CD dieses Sets. Dieser Track ist Faszination pur, bewegt er sich doch im Umfeld von Alben wie „Timewind“ und „Picture Music“.

Hielt Teil eins der Serie noch unveröffentlichtes Material bereit, so finden sich in diesem Set ausschließlich Tracks die bereits in der „Ultimate Edition“-Box herausgekommen sind. Wer die Boxen nicht hat, der sollte hier aufgrund der Qualität der Tracks auf den CDs eins und drei zugreifen, alle anderen müssen selbst entscheiden, ob die neue Zusammenstellung und das wieder sehr gelungene Booklet, in dem dieses Mal der Amerikaner Darren Bergstein die ausführlichen Linernotes schrieb, Grund genug für den Kauf sind.

Stephan Schelle, Januar 2009

 
   

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