Klaus Schulze feat. Lisa Gerrard – Dziekuje Bardzo – Vielen Dank
 

Klaus Schulze feat. Lisa Gerrard - Dziekuje Bardzo - Vielen Dank
SPV (2009)
(6 Stücke, 171:55 Minuten Spielzeit)

Das Jahr 2008 war sicherlich „das Jahr“ für den Elektronikmusiker Klaus Schulze. Nicht nur dass er mit der außergewöhnlichen Sängerin Lisa Gerrard (Dead Can Dance) unter dem Titel „Farscape“ ein Doppelalbum produziert hat, nein, er ging seit fünf Jahren auch wieder erstmals live auf die Bühne. Den Beginn machte im Sommer das sensationelle Konzert auf der Loreley beim 3. Night Of The Prog Festival, gefolgt von zwei weiteren Konzerten im November 2008 in Berlin und Warschau. SPV hatte bereits das Loreley-Konzert als DVD und CD veröffentlicht und sorgt Ende Mai dafür, dass auch diese beiden denkwürdigen Konzerte, die Klaus zusammen mit Lisa Gerrard gegeben hat, auf CD nachempfunden werden können.

 

 


Beide Konzerte, die am 12. und 13. November stattfanden, sind auf drei CDs verteilt. Dabei wurde nicht chronologisch vorgegangen, vielmehr startet CD1 mit den Stücken „Shoreless Two“ und „Bazyliky NSJ“ und CD 2 mit „Gosdpell“ mit dem Konzert, das die beiden am 13.11.2008 in der Basilika Ojcow Salezjanów im polnischen Warschau gegeben haben. CD2 und 3 gehen dann mit dem Berliner Konzert, Ort des Geschehens war das Schiller Theater, vom 12.11.2008 mit den Titeln „Shoreless Two“, „Ocean Of Innocence“ und „Spanish Ballerina“ weiter.

Wer Klaus Schulze und seine Musik bzw. ihn  live kennt, der weiß, dass sich seine Auftritte musikalisch nie ähneln und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die beiden Auftritte nicht identisch sind und auch andere Melodien und Sounds zu dem Loreley-Auftritt aufweisen, auch wenn Lisa wieder mit auf der Bühne stand.

Die CD startet auf dem ersten Silberling mit dem 28minütigen Stück „Shoreless Two“, bei dem Klaus zunächst mit Samples arbeitet, so wie er es Anfang der 90’er auch machte. Da mischt er zunächst Tenorstimmen mit Chören und Streichern zu einem wilden opernhaften Mix. Wer auf seine Sequenzer orientierte Musik steht (wie ich), der muss aber nicht lange warten, denn nach gut achteinhalb Minuten (Zeiten stimmen hier nicht mit der DVD überein, da auf der CD die Ansprachen fehlen) starten herrliche Flächen und Sequenzerläufe einen unwiderstehlichen Schulze-Track, so wie ich ihn liebe. Ein Stück mit Gänsehautcharakter.

Im zweiten, mit 41:34 Minuten längsten Stück des Warschau-Konzertes, das den Titel „Bazylika NSJ“ trägt, tritt dann Lisa Gerrard auf die Bühne. Klaus beginnt das Stück mit einem einzigen Synthieton, der sich im Hintergrund hält, während Lisa ihr Instrument, die Stimme, auf diesem Klang schweben lässt. Dann ergänzt Klaus dies durch Synthiechöre, was diese zusammen mit Lisa’s Stimme zu einem - teils sakrale wirkenden - Dialog werden lässt. „Bazylika NSJ“ ist ein Stück, das durch seine ungeheure Intensität (vor allem von Lisa’s Gesang, der mal zart, dann wieder sehr zerbrechlich wirkt) getragen wird. Vor allem wenn Klaus nur sanfte Flächen und Harmonien spielt, unterstützt er Lisa, die in diesen Parts recht dominant wirkt. Sobald Klaus seine Rhythmussequenzen einstreut, wechseln allerdings die Hauptrollen. Den Abschluss des Konzertes bildet dann das 20minütige Stück „Godspell“, das am Beginn von CD 2 steht. Auch in diesem Stück ergänzen sich Lisa und Klaus perfekt. Die sakrale Atmosphäre, die beide erzeugen, passt perfekt in den äußerlichen Rahmen der Basilika.

Unmittelbar nach „Godspell“ startet mit dem Stück „Shoreless One“ (ca. 33 Minuten) das Berliner Konzert, das einen Tag zuvor im Schiller-Theater stattgefunden hat. Klaus, der dieses Stück ebenfalls allein spielt, wählt hier einen anderen Ansatz, als bei „Shoreless Two“. Zwar kommen auch einige Tenor artige Stimmen in seinem Set vor, doch sind diese wesentlich dezenter gehalten, als es im zweiten Teil der Fall ist, dadurch wirkt dieser Beginn wesentlich sanfter und eingängiger. Bei diesem Part dauert es etwas mehr als sieben Minuten bis sich Klaus zu einem Stilwechsel aufmacht und den Track, ähnlich wie in Part Two, zu einem unwiderstehlichen Sequenzer orientiertem Elektronikstück macht. Das ähnelt von der Struktur her nur ansatzweise an Part Two. Ebenfalls ein toller, Gänsehaut treibender Track.

CD 3 startet mit „Ocean Of Innocence“, bei dem Lisa wieder ans Mikro tritt. Bei diesem Stück breiten die beiden ihren musikalischen Dialog über mehr als 41 Minuten aus. Zunächst beginnt Klaus mit bedrohlich klingenden Synthies, die ein wenig an die Atmosphäre des ersten Terminator-Filmes erinnern. Nach etwa zwei Minuten setzt dann Lisa’s Gesang ein. Ähnlich wie bei „Bazylika NSJ“ ändern sich auch in „Ocean Of Innocence“ die Strukturen, Melodie- und Rhythmuspassagen, so dass der Track über die volle Länge seine Spannung behält. Zum Ende hin zaubert Klaus aus seinen Synthies noch Klänge, die wie ein Löwenknurren anmuten.

Mit dem sechseinhalbminütigen Stück „Spanish Ballerina“ endet die CD. Der Titel passt gut, denn nachdem Lisa zunächst im Alleingang recht sakral in den Track einsteigt, taucht zur Mitte des Stückes plötzlich ein Sound, wie von einer Akustikgitarre auf und es entwickelt sich eine recht mediterrane Stimmung. Lisa, die ja keinen Text sondern nur Wortlaute singt, klingt hier ebenfalls recht spanisch.

Das achtseitige Digipack sowie das beiliegende 12seitige Booklet enthalten eine ganze Reihe von Konzertfotos, die einen Eindruck der stimmungsvollen Auftritte widerspiegeln. Mit „Dziekuje Bardzo - Vielen Dank“ hat SPV ein weiteres spannendes und intensives Elektronikalbum von Klaus Schulze und Lisa Gerrard herausgebracht, das ganz in der Tradition von „Rheingold“ und „Farscape“ steht. Wer Schulze mag, für den ist dieses Album wieder ein Pflichtkauf, alle anderen Elektronikfreunde werden aber ebenso ihre Freude an diesem sehr schönen Album haben.

Stephan Schelle, Mai 2009

 
   

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