Klaus Schulze – La Vie Electronique Vol. 9
 

Klaus Schulze – La Vie Electronique Vol. 9
mig / made in germany music (2011)
(10 Stücke, 233:25 Minuten Spielzeit)

Seit der achten Ausgabe der „La Vie Electronique“-Reihe von Klaus Schulze ist eine Pause von gut einem Dreivierteljahr eingetreten (sie erschien im August 2010), doch die ist am 25.03.2011 beendet, wenn Vol. 9 auf den Markt kommt. Musikalisch sind wir mit dieser Zusammenstellung aus den früheren limitierten Editionen in den 80’er Jahren angekommen. Die Aufnahmen auf dieser drei CDs umfassenden Ausgabe stammen aus den Jahren 1982 bis 1985.

 


CD 1 dokumentiert ein komplettes Konzert, das Klaus Schulze am 21.10.1982 zusammen mit Rainer Bloss (mit ihm sind damals einige Alben wie „Audentity“, „Dziekuje Poland“, „Drive Inn“ und „Aphrica“ entstanden) in Budapest gab. Das Konzert umfasst die drei Stücke „Ludwig Revisited“, das eine Variante des auf dem Album „X“ enthaltenen „Ludwig II. von Bayern“ darstellt, „Peg Leg Dance“ und „Die spirituelle Kraft des Augenblicks“. Die Titel der Stücke sind meist zu einem späteren Zeitpunkt von Klaus Manager Klaus D. Müller, kurz kdm, entstanden.

Während „Ludwig Revisited“ noch die klassische Note von Schulze aufweist (aber auch schon einige kühle Rhythmen aus dem Rhythmus-Computer beinhaltet), zeigt sich das fast 40minütige „Peg Leg Dance“ viel rhythmischer, mit Synthielinien die schon auf das ein Jahr später erscheinenden Album „Audentity“ hinweisen. Das Stück ist von recht unterkühlten Sounds bestimmt und zeigt eine Weiterentwicklung des Elektronikpioniers. Im Verlauf des Stückes nimmt der Rhythmus zu und mündet in einer fast schon ekstatischen Form.

„Die spirituelle Kraft des Augenblicks“ war die Zugabe, die auf der CD mit einigen Worten von Klaus eingeleitet wird. Recht futuristisch wirkt das Stück zunächst und klingt im weiteren Verlauf recht rockig mit jazzigen Versatzstücken. Es klingt, als ob es von einer Gruppe gespielt werde.

Auf CD 2, dessen Stücke zwischen 1983 und 1985 entstanden sind, zeigt sich Klaus von einer sehr rhythmischen, aber auch experimentellen Seite. Hier wird deutlich, dass Schulze sich an keine Trends gehalten hat, sondern strikt seinen Weg fortgeführt hat. Er machte immer das, was er für richtig hielt. Mit dem etwas mehr als 21minütigen „Seltsam statisch“ geht es recht monoton los. Der Rhythmus ist zunächst recht steril und wirkt in den ersten zweieinhalb Minuten ohne weitere Sounds recht hypnotisch auf den Hörer. Je länger der Track dauert, umso faszinierender wird er, ohne dass sich der Rhythmus verändert.

Es folgt das 34minütige „Verblüffe sie!“, das im ersten Part (es ist in vier Parts unterteilt) eine ähnlich monotone, hypnotische Rhythmusstruktur, aufweist, während der zweite („Kaukasischer Keller“) etwas experimentell und verschroben mit unterschiedlicher Sounds und Rhythmen daherkommt. Part 3, „Artificial Life“, hat was von einer Zugfahrt, denn der Part stampft stoisch wie eine Bahn dahin. Das abschließende „Lune Malade“ ist ambienter. Zum einen ist die Aufnahme von Dynamik und Lautstärke wesentlich reduzierter als die anderen drei, zum anderen ist trotz des später einsetzenden Rhythmus doch eine gewisse meditative Ausstrahlung vorhanden.

„Kompromisslose Inventions“, beginnt mit einem Orgelsound, der zunächst wie eine Kreissäge klingt. Hier reiht Klaus einige Klangcollagen aneinander, was den Track wiederum in die experimentelle Ecke drückt. Nicht gerade leichte Kost. Abgerundet wird die zweite CD von einem siebenminütigen Interview aus dem Jahr 1984.

Disk 3 besteht im Wesentlichen aus den beiden Stücken „National Radio Waves“ und „The Midas Touch“. Daneben gibt es einen Auszug aus einem weiteren Interview aus 1984, das vier Minuten lang ist. „National Radio Waves“ bringt es auch 53 Minuten und ist in sieben Parts unterteilt. Part 1 „Soundscapes“ ist dem Titel entsprechend wieder so ein experimentelles Stück, das aus Collagen besteht. Ab dem zweiten Part „On The Wire“ wird es durch den einsetzenden Rhythmus etwas strukturierter und melodischer. Auch dieses Stück befindet sich – wie auch „The Midas Touch“ – stilistisch im Umfeld von Werken wie „Audentity“ oder „Drive Inn“. Das liegt vor allem auch an der zeitlichen Nähe, in der die Aufnahmen entstanden sind.

Wer die Musik von Klaus Schulze des Zeitraums von „Audentity“ mag, der bekommt mit der neunten Ausgabe von „La Vie Electronique“ reichlich Futter für die Ohren. Wie immer hat mig die Silberlinge in ein achtseitiges Digipack mit einem informativen 20seitigen Booklet verpackt. Eine gelungene CD, für diejenigen, die die limitierten Ausgaben der 10 – 50 CD-Boxen nicht besitzen.

Stephan Schelle, März 2011

 
   

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