Johannes Schmoelling - 20
 

Johannes Schmoelling - 20
Viktoriapark Records / Spheric Music (2020)
(
4 Stücke, 30:00 Minuten Spielzeit)

In Elektronikmusik-Kreisen muss man den Namen Johannes Schmoelling nicht mehr groß vorstellen, hat der studierte Tonmeister und Organist doch in der Zeit bei Tangerine Dream (1979 bis 1985) maßgeblich zum Sound und der Musik der Elektroniklegende beigetragen. In dieser Zeit entstanden einigen Meisterwerke wie „Tangram“, „White Eagle“ oder „Logos“. Tangerine Dreams erfolgreichstes Stück, die Titelmelodie zum Schimanski-Tatort „Das Mädchen auf der Treppe“ erschien ebenfalls in dieser Zeit. Ab 1986 widmete sich Johannes dann seiner Solokarriere, die mit dem viel beachteten Werk „Wuivend Riet“ seinen Anfang nahm.

 

 


Im Jahr 2000 gründete Johannes Schmoelling dann sein eigenes Label mit dem Namen Viktoriapark, das mit der Wiederveröffentlichung seines Solowerkes „White Out“ startete. Seither sind 20 Alben erschienen. Darunter auch einige Kollaborationen mit anderen Musikern wie zum Beispiel mit Jerome Froese oder Robert Waters. Den 20. Geburtstag der Labelgründung (Johannes selbst ist seit 40 Jahren in der Elektronikmusik unterwegs) feiert Johannes Schmoelling nun mit einer EP, die entsprechend dem Jubiläum den schlichten Titel „20“ trägt und am 11.09.2020 erscheinen wird.

Auf der 30minütigen EP befinden sich vier Stücke, die in Kollaboration mit anderen Musikern entstanden sind, allerdings deutlich den Einfluss erkennen lassen, den Johannes auf Tangerine Dream gehabt hat. Zwei Stücke sind mit Jonas Behrens und jeweils eins mit Kurt Ader und Lambert Ringlage entstanden.

Mit Jonas Behrens hat Johannes Schmoelling die Stücke „Mountain Blue“ und „The Stumble“ eingespielt. Das siebeneinhalbminütige „Mountain Blue“ eröffnet dann auch die CD. Erste Klangbilder starten in das Stück, das von basslastigen Synthiesounds unterlegt ist. Nach einer halben Minute kommen Flächen hinzu und nach weiteren 15 Sekunden setzt dann ein Sequenzerrhythmus ein. Die Beiden bauen diese Sounds und Rhythmen zu einer sehr schönen Einheit zusammen auf der dann eine Melodielinie platziert wird. Nach ungefähr dreieinhalb Minuten ändert sich das Bild und herrliche Sounds, die an Tangerine Dream der 80’er Jahre erinnern, kommen auf. Wer die Musik von TD dieser Epoche mag, der wird diese Passage lieben. Traumhaft schieben sich die Klänge unter die Haut.

Das 4:39minütige „The Stumble“ beginnt zunächst mit abgehackten Sounds, die im ersten Augenblick nach Popmusik klingen. Und in der Tat ist dieses Stück recht eingängig. Vom Sound erinnert es eine Spur an die Düsseldorfer Kraftwerk, trägt allerdings eine eigene Handschrift.

Mit Kurt Ader ist das achteinhalbminütige „Kaleidoscope“ entstanden. Zunächst sind einige Sounds zu hören, die an ein Echolot erinnern. Doch nach wenigen Momenten kommen herrliche Arpeggios auf, die sich zu einer melodischen Melange entwickeln. Klänge die wie verfremdeter Gesang wirken, setzen die Beiden dann darauf, was eine ganz eigene Stimmung erzielt. Dann kommt eine wunderbare Melodie auf. Das erinnert wieder an TD der 80’er. Das Stück entwickelt sich immer weiter und nimmt den Hörer auf eine traumhafte Reise mit. Stimmen, die durch Echoeffekte im Raum hin- und herschweben, haben sie in der Mitte des Stückes eingebaut. Dies ist quasi der Break, denn nun setzt ein Sequenzerrhythmus ein und Synthieakkorde, die einem die Gänsehaut auf den Körper zaubern, bestimmen nun das Bild. Dieser zweite Part ist einfach grandios.

Der letzte, 9:19minütige Track mit dem Titel „Ancient Ride“ hat Schmoelling zusammen mit dem Elektronikmusiker und Inhaber des Spheric Music-Labels, Lambert Ringlage, eingespielt. Flächige Synthiesounds leiten zunächst in dieses Stück. Nach wenigen Momenten erklingt eine sanfte, melancholische Melodie. Nach gut anderthalb Minuten startet dann der Sequenzer und es entwickelt sich erneut ein hinreißendes Stück, das nach gut fünf Minuten seine Struktur verändert und wieder diesen tollen warmen TD-Sound der 80’er Jahre bietet. Das ist so perfekt gemacht, dass es kaum jemand anderes als Johannes Schmoelling hinbekommt. Er besitzt ein unglaubliches Gefühl für wundervolle Harmonien und Melodien.

Wo der Name Johannes Schmoelling draufsteht, da ist Qualität drin. Das ist auch auf seiner Jubiläums-EP zum 20jährigen Bestehen seines Labels Viktoriapark zu hören. Eine tolle EP mit herrlichen Stücken, deren Klangqualität hervorragend ist und beweist, (ohne die guten Beiträge seiner Kollaborateure zu schmälern) welchen Stellenwert er bei Tangerine Dream in der ersten Hälfte der 80’er Jahre hatte.

Stephan Schelle, September 2020

 
   

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