Javi Cánovas – Hidden Path
 

Javi Cánovas – Hidden Path
Groove Unlimited (2014)

(
6 Stücke, 70:47 Minuten Spielzeit)

Der aus Spanien stammende Javi Cánovas ist ein neuer Name in der Elektronikszene. Im Frühjahr 2014 erschien sein Album „Hidden Path“ beim niederländischen Elektroniklabel Groove Unlimited. Aufgenommen hat Javi die sechs Tracks mit Laufzeiten zwischen 4:09 und 17:01 Minuten Länge (fünf der Tracks liegen allerdings jenseits der neuneinhalb Minuten-Marke) auf der sonnigen Insel Teneriffa. Entstanden ist die Musik in der Zeit von November 2013 und Januar 2014.

 

 


Was kann uns also erwarten? Sonnendurchflutete Chillout-Music? Gestartet wird mit dem längsten Track des Albums, „After Midnight“. Sehr mystisch wabern die ersten Klangkaskaden zu Beginn des Longtracks aus den Boxen. Es dauert gut drei Minuten bis sich langsam einige Flächen und Harmonien aus diesen ersten recht mystischen Klangfarben entwickeln. Und plötzlich kommen Sounds, die nach analogem Equipment klingen (wie zum Beispiel Mellotron-Sounds) ans Tageslicht. Und auch ein Sequenzer beginnt damit seine Arbeit zu verrichten und den Track langsam in Richtung „Berliner Schule“ zu assimilieren. Aber auch typische Sounds, wie wir sie von britischen Bands her kennen (z. B. RMI) sind hier auszumachen. Der Track nimmt immer mehr Konturen an und spricht vor allem durch die sehr schönen Rhythmusmuster – die man aber auch schon von anderen Acts her kennt – an. Je länger das Stück voranschreitet, umso mehr entwickelt es sich. Auch wenn der Rhythmus stetig voranschreitet, so weiß dieser erste Track von Javi doch zu überzeugen.

Dem folgt dann das fast zwölfminütige „Coverage“, das gleich mal mit einigen Flächen beginnt. Zunächst lässt Javi auch hier mehr als zweieinhalb Minuten verstreichen, bis sich zu den Flächen und Harmonien, die sich unter die Haut schieben, die Sequenzerrhythmen den Takt vorgeben. Der Spanier versteht es dieses Stück durch die Steigerung der Dynamik und Rhythmik zu einem äußerst fesselnden und hypnotischen Track aufzubauen. Das macht Spaß, auch wenn es nicht neu ist. Aber warum muss man auch immer das Rad neu erfinden, wenn eine gelungene Interpretation auch zu dem gewünschten Erfolg führt?

Das gut 14minütige „The Outsider“ steht als nächstes an. Das Stück beginnt sehr spacig und futuristisch. Zunächst fehlen hier noch Melodien oder Harmonien, vielmehr erzeugt Javi am Anfang des Stückes eine etwas unheimliche Stimmung. Nach nicht ganz drei Minuten geht es dann langsam mit Harmoniefolgen los. Etwa eine Minute später kommen dann Sequenzer und Melodien zum Vorschein, die wiederum an britische Acts wie Airsculpture, Redshift & Co. erinnern. Auch in diesem Stück treibt Javi die Musik mit der Zunahme von Dynamik und Rhythmus weiter an. Ein sehr schöner treibender Track mit einer verspielten Melodielinie. Die Mellotronsounds sorgen wieder für ein gewisses nostalgisches Feeling ohne aber antiquiert zu wirken.

Auch das 14minütige „Nature Of The Inexistence“ bietet den gleichen Aufbau wie die Vorgänger. Nach einem zunächst recht mystischen Beginn kommen nach gut zweieinhalb Minuten erste Harmonien auf, die dann ab Minute Vier in einen herrlichen Sequenzer orientierten Teil übergehen. Es entwickelt sich langsam aber stetig das Highlight des Albums, denn die Rhythmusmuster nehmen wirklich sofort gefangen. Zum Ende hin wird es dann noch mal in den letzten Minuten eher spacig/psychedelisch.

Das mehr als neunminütige „Credence“ ist, nach der wiederum recht mystischen Einleitung, eine recht melodiöse Nummer. Hier ist der Rhythmus dezenter, dafür aber flirren und schweben die Synthiesounds angenehm durch den Raum. Javi variiert hier einige Harmonien und schafft so einen sehr spannenden Track. Ein weiteres Highlight des Albums. Den Abschluss bildet dann das mit 4:09 Minuten kürzeste Stück. Gleichzeitig fällt „Through The Mountains“, so der Name, auch ein wenig aus dem Rahmen, stellt es doch eine sehr eingängige und melodische Pianoballade dar. Im weiteren Verlauf unterlegt Javi die Pianoklänge mit einigen Synthieflächen, so dass der Titel auch wieder eine Spur Tangerine Dream-Flair aufweist.

Mit „Hidden Path“ ist dem Spanier Javi Cánovas ein gutes Elektronikalbum im Stile der „Berliner Schule“ bzw. seiner britischen Vertreter gelungen. Wer diese Spielart mag, der liegt mit dem Album Goldrichtig.

Stephan Schelle, September 2014

 
   

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