Imaginary Landscape – Auf der Suche nach der verlorenen Stille
 

Imaginary Landscape – Auf der Suche nach der verlorenen Stille
SynGate Records (2023)

(
12 Stücke, 75:05 Minuten Spielzeit)

Hinter dem Album „Auf der Suche nach der verlorenen Stille“ von Imaginary Landscape stecken die beiden Elektronikmusiker Hans-Dieter Schmidt (Synthesizer, Electronics, Piano, EWI) und Michael Hoffmann (Drums, Percussion, Electronics). „Auf der Suche nach der verlorenen Stille“ ist das dritte Album von Imaginary Landscape und ist im Herbst 2023 erschienen.

 

 


In der Innenhülle des vierseitigen Booklets ist zu lesen: „Von einem der auszog, die verlorene Stille zu finden“, so könnte man die Geschichte hinter dem neuen Album von Imaginary Landscape beschreiben. Vielleicht auch mit dem Zusatz „und er konnte sie nirgendwo finden“. Es geht hier also nicht um meditative Klänge, die zur Versenkung einladen. Vielmehr gehen die Musiker der Frage nach, wo man noch Stille finden könnte - leben wir ja in einer Zeit, in der wir nicht nur unseren Zivilisationsmüll, sondern auch unsere Geräuschkulisse bis in die entlegensten Gebiete mitnehmen. Auch wenn die Erkenntnis, dass es eigentlich keine absolute Stille gibt, nichts Neues ist (man denke nur an John Cages Selbstversuch in einem schalltoten Raum), wird jeder Versuch auch in der Natur diese zu finden, ad absurdum geführt. So entsteht ein Klangbild mit field recordings und durchaus ruhigen Passagen, die aber immer wieder von kommentierenden, kontrastierenden Elementen unterbrochen oder aufgebrochen werden.

Ein Dutzend Stücke finden sich auf dem Album, deren Laufzeiten zwischen 4:01 und 8:29 Minuten Spielzeit betragen.

Es beginnt mit dem 6:34minütigen „Im Nirgendwo“. Sehr melodisch und sanft mit Harfenähnlichen Klängen zu denen sich dann der Klang des EWI (ein mit dem Mund geblasenes elektronisches Instrument) gesellt, beginnt das Album. Das hat etwas loungiges und auch leicht jazziges, geht aber sehr gut ins Ohr und lädt zum Relaxen ein. Nach zweieinhalb Minuten kommen dann rhythmische Elemente an Drums und Percussion auf, die den jazzigen Charakter unterstützen (wirkt ansatzweise wie eine Kakophonie).

Weiter geht es mit dem 8:29minütigen „Auf den Straßen“. Passend zum Titel haben die beiden Fieldrecordings von einer Straße zu Beginn einfließen lassen, was sich dann in eine Art Rauschen verwandelt. Dann kommen perkussive Elemente hinzu, was zunächst recht experimentell klingt. Es dauert gut zwei Minuten bis weitere Klänge aufkommen, ohne den leicht experimentellen Charakter zu durchbrechen. Immer wieder werden Klangtupfer – wie zum Beispiel von einem Windspiel – eingefügt. Nach dreieinhalb Minuten weicht das Rauschen und es kommen Klangskulpturen auf, die recht experimentell anmuten.

Vogelgezwitscher leitet dann in den 5:45minütigen Track „Von draußen und drinnen“ ein. Dazu werden flächige Synthesizerklänge gespielt, was einen sehr beruhigenden Effekt erzielt. Gewürzt wird das Ganze mit perkussiven Einwürfen. Zwar besitzt das Stück Harmonien, eine Melodie schält sich aber nicht heraus, so dass relaxte Klangbilder entstehen.

Danach geht es in die Nacht. Das 5:13minütig Stück „In sternenklarer Nacht“ wirkt durch seine Flächen, der Pianomelodie und den sanften Percussion (z.B. wird mit dem Besen über die Becken gestrichen) wie ein Abendspaziergang, bei dem man die Sterne am Himmel beobachten kann.

Das 7:28minütige „Im Zwischenraum“ beginnt mit flächigen, harmonischen Sounds, die leicht anschwellen und zunächst meditativ dahinziehen. Das hat auch ein wenig spacigen Charakter. Nach zwei Minuten nimmt das Volumen zu. Düstere Klänge, die wie eine Art Sturm klingen, werden eingebaut und auch ein leichter Anflug einer Melodie zeigt sich nach gut vier Minuten. Nach einer weiteren Minute kommen dann experimentellere Klangformationen auf.

Ein Windspiel weist dann in den 6:27minütigen Track „In eisiger Kälte“. Hier haben die beiden die Stimmung eines kalten Wintertages gut eingefangen. Da rauscht der Synthesizer während sanfte Harmonien, gefolgt von experimentellen Schlagzeugrhythmen eingebaut wurden.

Mysteriös beginnt dann der 6:59minütige Track „Tief im Zauberwald“. Da bauen die Beiden dann eine recht düstere Stimmung auf. Das 4:01minütige „Nah und fern“ zeigt sich dann von einer helleren Klangfarbe und ist auch melodischer mit passender Rhythmusstruktur. Es folgen vier weitere Tracks, die ebenfalls Stimmungsbilder zeichnen.

Auf dem neuesten Werk von Imaginary Landscape, das sind anno 2023 Hans-Dieter Schmidt und Michael Hoffmann, geht es über weite Strecken doch recht experimentell zu. Die Beiden bauen in ihren Stücken Stimmungsbilder auf. Harmonien und Melodien sind eher Mangelware, daher empfehle ich vor dem Kauf in das Album hineinzuhören.

Stephan Schelle, März 2024

 
   

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