Harald Nies - Multiverse
 

Harald Nies - Multiverse
MellowJet Records (2023)

(
10 Stücke, 69:51 Minuten Spielzeit)

Während Harald Nies in 2020 gleich zwei Alben veröffentlichte, hat es bis zu seinem Nachfolger mehr als zwei Jahre gedauert. Derzeit erschafft Marvel im Kino mit seinem MCU Quantenwelten und Multiversen, da passt der Name von Harald Nies neuem Album gut in die Zeit, denn sein 17. Soloalbum trägt den Titel „Multiverse“. Aber die Bedeutung ist dann doch eine andere.

 

 


Es wäre falsch zu behaupten, dass sich der Spacerock-Musiker Harald Nies auf seinem neuen Album „Multiverse“ neu erfindet. Aber, und um ganz ehrlich zu sein, ist das auch manchmal gut so. Viel mehr verfeinert der Musiker seinen ganz eigenen Sound. „Multiverse“ ist elektronischer und besitzt diesen tiefen und unheimlich entspannenden Flow. Auch wenn über Haralds Musik der Begriff „Spacerock“ schwebt, so ist dies im Grunde genommen Klassische Elektronische Musik mit Elementen des Spacerock. Der Künstler zeigt immer wieder, wie viele Facetten dieses Genre besitzt und wie gut sich musikalische Genialität mit einfachen, monotonen Sequenzen mischen lässt. Von der ersten Sekunde an taucht man in die faszinierenden Klangwelten ein, die nicht nur viel Spaß machen, sondern einen den Alltag für einen Moment vergessen lassen.

Harald Nies bedient nicht nur elektronische Tasteninstrumente und programmiert Sounds und Rhythmen, er spielt darüber hinaus auch E-Gitarre, was die Stücke immer wieder bereichert. Auf seinem neuesten Album finden sich zehn Tracks mit Laufzeiten von 5:36 bis 9:05 Minuten Spielzeit. Die Stücke gehen aber alle nahtlos ineinander über, so dass gefühlt ein fast 70minütiger Track zu hören ist.

Zu Beginn nimmt uns Harald mit ins All, denn der erste, siebenminütige Track nennt sich „Space“. Das Stück ist aber alles andere als reine Spacemusik, vielmehr verpackt Harald das Ganze in ein sehr rhythmisches Gewand und macht daraus einen Song orientierten Track. Dabei kann man sich zwar auch eine Szenerie im All vorstellen, doch ist der Rhythmus recht dynamisch und so bin ich gedanklich eher bei einer schnellen Autofahrt.

Auch das folgende, 5:36minütige „Time“ ist von melodischen und rhythmischen Strukturen durchzogen. Das ist recht eingängig und enthält nur ansatzweise spacige Elemente. Das 7:28minütige „Matter“ zeigt sich dann aber von einer eher schwebenden und spacigen Seite. Es beginnt mit einigen Harmonien und wechselt dann nach gut einer Minute in einen etwas rhythmischeren Part, der aber einen gewissen Zeitlupenartigen Charakter aufweist. Hier hinein platziert Harald dann wunderbare Gitarrenklänge. Ein sehr schöner sanfter Track.

Aber schon im folgenden, 8:46minütigen „Energy“ wird es dann wieder rhythmischer. Unterschiedliche Stimmungsbilder zeichnet dann das 6:29minütige „Information“, das zunächst recht düster beginnt sich dann aber in einen Part mit herrlicher, sanfter, fast schon hymnenhafter Melodie wandelt. Das hat jetzt wieder etwas spaciges. Perlend und sehnsuchtsvoll wirkt dagegen das 6:16minütige „Laws“, dem Harald dann nach anderthalb Minuten einen pumpenden Beat verpasst und einige Sounds hinzufügt, die an Jean-Michel Jarre erinnern, ohne diesen aber zu kopieren. Ein klasse Track.

Dem schließt sich dann das melodische „Constants“ an, das zwischen ruhigen Phasen mit Pianoklängen und rhythmischen, rockigen Parts, bei denen auch ein Gitarrensolo eingebaut wurde, wechselt. Klasse ist auch das mit einem stoisch pumpenden Beat versehene „Parallel“, das sowohl verträumte wie auch hymnische und druckvolle Elemente enthält. Tanzbar wird es dann im 6:41minütigen „Alternative“. Ein fesselnder Track, der mit fetten Sounds aufwartet. Das macht richtig Spaß. Dann endet das Album mit dem 9:05minütigen „Worlds“ sanft rockend mit spacigen Klängen.

Harald Nies hat mit „Multiverse“ ein abwechslungsreiches Elektronikalbum eingespielt, bei dem sich sanfte, spacige und dynamisch, rockige Passagen abwechseln. Dabei legt er aber immer wert auf eingängige Melodien und eine Song orientierte Struktur. Die einzelnen Tracks hat er dabei so geschickt miteinander verbunden, dass ein gefühlter Longtrack entstanden ist. Daher sollte man das Album auch in einem durchhören.

Stephan Schelle, Mai 2023

 
   

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