Hagen von Bergen – Jetzt
 

Hagen von Bergen – Jetzt
BI-ZA Records (2009)
(9 Stücke, 70:30 Minuten Spielzeit)

Hinter dem Pseudonym Hagen von Bergen verbirgt sich der aus dem deutschen Ort Bergen stammende Elektronikmusiker Frank Schüßler. „Jetzt“ aus dem Jahr 2009 ist die dritte Veröffentlichung (nach „Early Tapes“ und der MaxiCD „Ravenloop“) von Frank. Stilistisch legt er sich bei der Produktion in keinster Weise fest, so dass Schubladendenken hier nicht angebracht ist. Er macht Elektronikmusik in seinen unterschiedlichen Arten und darum ist die CD „Jetzt“ auch sehr abwechslungsreich geraten.

 


Los geht es mit „Intro / November“. Zu Beginn hört man Geräusche, so als ob ein sinfonisches Orchester einen kurzen Ton spielt und daraufhin eine Flasche geöffnet und der Inhalt in ein Glas geschüttet wird (wird mehrmals wiederholt). Das mutet zunächst sehr seltsam an. Dann kommen rauschende und an ein hölzernes Windspiel erinnernde Klänge hinzu. Nach gut einer Minute werden perkussive Elemente hinzugefügt und eine bedrohliche Stimmung zieht auf. Weitere Effekte und Klangtupfer werden eingestreut, eine Melodie- oder Harmonielinie fehlt aber zunächst noch. Nach zwei Minuten kommen dann elektronische Sounds- und Harmoniemuster auf. Frank spielt mit den Klängen und baut sie wie ein Mosaik zusammen, was aber nach innerer Zerrissenheit klingt. Auf jeden Fall ist das hochgradig spannend und wird, je länger es andauert, melodischer. Zum Ende hin wird der siebenminütige Track aber mit recht kühlen Klangfarben ausgeblendet.

Mit einer klassisch anmutenden und simplen Melodie wartet dann „Swami Brim Borium“ auf. Zu den Melodien mischt Frank Tierstimmen, die wie aus einem Vogelhaus eines Zoos klingen. Nach gut einer Minute kommt ein stampfender Beat hinzu und die Synthieklangmuster werden rauer. Jetzt entwickelt sich der Track zu einer Synthese aus Elektronik und Popmusik. Allerdings wechselt Frank die Rhythmusstrukturen und zerlegt so den Track in unterschiedliche Parts, die zwischen Melodie und treibender Rhythmik hin- und herpendeln. Wie ich finde, eine wirklich gelungene Mischung.

Darauf folgt das Stück „Cafe BI-ZA 2“, des mit dunklen Synthieflächen und einer rauen Rhythmik beginnt. Dazwischen streut Frank Geräusche, die an einen Auslöser einer Kamera erinnern. Nach einigen Sekunden kommen aber Harmonien zum Tragen und der Track entwickelt sich mit einem sehr schönen Rhythmus zu einem eingängigen Stück. Orientalische Klänge werden eingewoben und so versprüht der Track ein ganz eigenes Flair, das vor allem durch den stetigen Rhythmus getragen wird.

„All About Sigrid“ ist in drei Parts unterteilt, die alle für sich angewählt werden können. Los geht es mit „Top Sigrid“, das durch ungewöhnliche Klänge (wie bei einem Zug der über Schienen fährt) beginnt und dann einen treibenden Rhythmus bekommt, der in Richtung Electro weist. Frank hat hier sehr rhythmische Elemente zusammengefügt, die richtig gut abgehen. Ein Track der durchaus zum Tanzen einlädt, auch wenn er sich über elf Minuten nur langsam entwickelt. Das strahlt auf jeden Fall eine hypnotische Wirkung aus. Der zweite Teil nennt sich „Sigrid’s Service“ und bringt es auf zehn Minuten. Dieser Track ist recht düster gehalten und beinhaltet weder Harmonien noch Melodien. Das kann einem beim Hören schon etwas Angst machen. Abgeschlossen wird „All About Sigrid“ von dem knapp siebenminütigen „Sigrid & Roy“. Nach anfänglichen Klangspielereien entsteht ein treibender Track mit Dancecharakter. Ein tolles Stück, bei dem es schwer fällt ruhig zu bleiben.

Auch das folgende „Airbrush“ hat einen pumpenden Beat aufzuweisen und darüber hinaus eine eingängige Melodielinie zu bieten. Das erinnert schon mehr an die traditionelle Elektronikmusik, verbunden mit einem treibenden Rhythmus. Das recht kühle, mit zahlreichen Effekten unterlegte „Cafe BI-ZA 1“ sowie das rhythmische und abwechslungsreiche „Trommelzwirbel“ (schöne Melodien durchziehen das Stück, aber auch Passagen, die an Zirkusmusik erinnern werden kurzerhand eingestreut) beschließen dann das Album.

Mit „Jetzt“ hat Hagen von Bergen alias Frank Schüßler ein Album vorgelegt, das sehr abwechslungsreich ist. Die Rhythmen durchziehen alle Stücke, ansonsten bietet Frank unterschiedlichste Klänge und Harmonien. Insgesamt hat er aber ein sehr homogenes Album geschaffen, das mich in einigen Phasen auch an Musiker der Marke Sven Väth erinnert. „Jetzt“ sollte man unbedingt jetzt mal antesten.

Stephan Schelle, September 2013

 
   

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