Gert Emmens - Metamorphosis
 

Gert Emmens - Metamorphosis
Groove Unlimited (2010)
(6 Stücke, 73:37 Minuten Spielzeit)

Eigentlich hatte sich der niederländische Elektronikmusiker Gert Emmens von der aktiven Bühne der elektronischen Musik schon längst verabschiedet, doch seine Liebe zur Musik hat ihn nicht ruhen lassen und so kam im Herbst 2010 bereits sein zehntes Album bei Groove Unlimited heraus. Es trägt den Titel „Metamorphosis“. Zunächst fällt auf, dass der CD ein für Elektronikverhältnisse ungewöhnliches umfangreiches achtseitiges Booklet beschert wurde. Es zeigt pro Track eine Grafik.

 


Ruud Heij hatte Erik im Sommer 2009 seinen Arp Sequenzer geliehen und genau dieser inspirierte Erik zu neuen Stücken, die daraufhin im Sommer 2009 entstanden sind. Bis zur Veröffentlichung dauerte es dann aber noch gut ein Jahr, da Erik erst seinen abschließenden Teil der „Nearest Faraway Place“-Trilogie abschließen wollte, dessen dritter Teil bekanntlich im Mai 2010 herausgekommen ist.

Den Arp Sequenzer hat Erik bei fast allen Stücken der CD (die Ausnahme bildet das mit 2:26 Minuten Laufzeit kürzeste Stück des Albums) verwendet. Und dieser Sequenzer bildet dann auch für die einzelnen Stücke die Grundlage, auf denen Gert seine traumhaften Harmonielinien ausbreitet. Zunächst aber beginnt es blubbernd im ersten Track „Stratagem Of Morality“, so als würde man sich unter Wasser befinden. Dann kommen die ersten Synthieharmonien, die gleich unter die Haut gehen – zumindest bei den Hörern, die Gerts Stil mögen (und da gehöre ich zweifelsfrei  auch zu) – aus den Boxen geschwebt. Dieser erste etwas mehr als 14minütige Track kommt zunächst ohne Rhythmen aus und verbreitet erst einmal eine wohlige Stimmung. Nach mehr als drei Minuten schwellen die Synthieklänge bedrohlich an (es ist ein fast Sirenenartiger Sound auszumachen), damit bereitet Gert den Hörer auf den kommenden Stilwechsel vor, der dann auch ab Minute fünf einsetzt. Jetzt erklingt der Sequenzer und es entwickelt sich ein Gänsehaut treibendes Stück, wie man es von Gert kennt und erwartet. Gert versteht es dem ganzen auch noch eine tolle Melodie zu verabreichen.

Auch beim zweiten Stück handelt es sich um einen Longtrack, denn „Collision“ bringt es auf eine Länge von fast 18 Minuten. In diesem Stück hebt der Hörer zunächst in sphärische Höhen ab, denn Gert lässt die Synthnieklänge nur so dahinschweben. Das dauert jedoch nur eine Minute, dann kommen ein Rhythmus und eine etwas melancholisch wirkende Melodie hervor, die sanft durchs Ohr geht. Nach gut drei Minuten ändert sich die Stimmung, sobald der Sequenzer wieder seine Arbeit verrichtet. Jetzt haben wir einen pulsierenden Sequenzerrhythmus auf dem ebenfalls zarte Melodiefolgen den Titel in den sanften Gefilden halten. Nach gut sieben Minuten wird es dann etwas rhythmischer und dynamischer. Und zum Ende hin lässt Gert die Sequenzerläufe gar nach Tangerine Dream-Art der 80’er Jahre marschieren, aber nicht ohne seine typischen Synthiesounds darauf zu setzen.

„Emapthy“ ist mit seinen 7:07 Minuten schon eher als kurz zu bezeichnen, hat aber auch genug Substanz um sich hervorragend in das Gesamtbild einzufügen. Ein hoher, pfeifender Synthiesound liegt phasenweise auf den Sequenzerläufen, was ganz hervorragend zusammenpasst. Gert ändert während des Stückes aber die Klangfarbe des Synthies, was den Titel wiederum abwechslungsreich gestaltet.

Das nur 2:26minütige „Emotive Disparity“ stellt eine sphärische Brücke zwischen zwei Stücken dar, bei dem die Sequenzer mal ausgeschaltet bleiben. Es folgt mit dem Titel „Pace Of Voyage“ ein weiterer Longtrack von 15:36 Minuten Länge. Dieser Titel startet mit marschierenden, pumpenden Rhythmen. Das assoziiert bei mir eine Art marschierende Truppe vor dem geistigen Auge. Die Sequenzer bekommen dann aber eine wärmere Klangfarbe und Gert lässt wieder die Harmonien in den Vordergrund treten. Ein typischer rhythmisch und harmonischer Emmens halt.

Mit dem 16minütigen „Opaque Divergence“ beendet er dann sein Album. Es rauscht zunächst (wie bei einer Brandung), dann setzen die Synthieflächen ein und leiten in einen – wieder Gänsehaut treibenden – epischen Track über, bei dem die Gedanken nur so davon schweben. Ein tolles Stück. Die Sequenzer lässt Gert erst in der zweiten Hälfte ihren Dienst verrichten und zum Ende entlassen uns die Wellen der Brandung in eine entspannte Atmosphäre.

Wer Gert Emmens Musik mag, der wird mit der neuen Veröffentlichung nicht enttäuscht. Herrliche Harmonielinien und Melodiefolgen setzt er auf einen faszinierenden Sequenzersound. Das ist Gert Emmens, so wie man ihn mag. Eine CD, die ich wieder sehr empfehlen kann.

Stephan Schelle, Dezember 2010

 
   

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