Flaming Bess - Finstere Sonne
 

Flaming Bess - Finstere Sonne / Dark Sun
Arcana Multimedia (2005)
DoCD 30 / 151:48

Gleich beim ersten Hören der CD, sprich die ersten Töne, reißt mich die neue CD von Flaming Bess sofort mit. Nach vier Jahren harter Arbeit hat die zum Quintett angewachsene Band ihr neues Werk „Finstere Sonne / Dark Sun“ fertig gestellt. Und die lange Zeit hat sich gelohnt, denn herausgekommen ist eine faszinierende DoppelCD mit zwei fast identischen Scheiben. Der Unterschied liegt im Erzählen der Fantasygeschichte. Auf CD 1 wird sie in deutsch und auf CD 2 in englischer Sprache vorgetragen, während die Musik auf beiden gleich ist. Und dieses Mal haben sie, im Gegensatz zu ihrer Veröffentlichung „Fata Morgana“, den Sprachpart nicht selbst übernommen sondern - wie schon bei ihren beiden Alben aus 1979 und 1980 - einen Erzähler (je einen für die englische und die deutsche Version) vor’s Mikro gezerrt. Das hat sich absolut bezahlt gemacht, denn so wird die Geschichte noch besser transportiert. 
 

 

 

Die beiden CDs bestehen aus jeweils 14 Titeln, die in drei Kapitel aufgeteilt sind sowie einem Bonustrack. Aber eigentlich sind die Stücke wie ein einziger Track aufgebaut, denn sie gehen nahtlos ineinander über, so dass ein großes, kompaktes Werk entstanden ist. Die unterschiedlichsten Geräusche bilden dabei die Brücken zwischen den einzelnen Tracks. Es gibt soviel zu hören, dass es hier den Rahmen sprengen würde, alles zu nennen. Mal klingen Passagen wie Genesis, dann meint man Alan Parsons herauszuhören um im nächsten Moment von asiatisch anmutenden Sounds umgarnt zu werden. Oder es geht wie im gesungenen Titel „Endloses Nichts“ jazzig zu, mit elektronischen Effekten wie sie Jean Michel Jarre auf seinen Alben etablierte. Auch wenn die Band drei Sängerinnen verpflichtet hat, so überwiegen doch die Instrumentalstücke. Auch die Geschichte wird nur jeweils zu Beginn der drei Kapitel sowie am Ende vorgetragen, so dass sie das Konzept ergänzt, aber nicht dominiert, was sehr treffend umgesetzt wurde.

Der neue Mann an Bord heißt Claas Reimer und hat der Band, wenn man so will, eine Frischzellenkur verpasst, ist er doch deutlich jünger als der Rest der Band. Irgendwie haben die Stücke mehr Groove und klingen unglaublich modern und frisch. Gleichzeitig versprühen die Songs aber den unvergleichlichen Flair, der schon die ersten Alben so unwiderstehlich machte. Klar, wir finden hier mehr Elektronik wie auf den Vorgängeralben, aber die fünf schaffen es, einen warmen Sound mit herrlichen Melodien zu erzeugen.

Mit dem 4 ½-minütigen Bonusstück „Iganu“ findet sich ein Latin angehauchtes Stück, das etwas aus dem Gesamtkonzept hervorsticht. Dieser Song klingt ziemlich kommerziell und zeigt eine andere Seite von Flaming Bess.

Ihnen ist mit diesem Album ein Werk gelungen, das es absolut in sich hat. Beim Hören lässt mich der Rhythmus nicht los, die herrlichen Melodien, Soli und Progsounds erzeugen bei mir mehrere wohlige Schauer. Im Vergleich zum Vorgängeralbum „Fata Morgana“ ist das neue Album viel kompakter geworden. Befanden sich auf „Fata Morgana“ einzelne Stücke, die keinen direkten Bezug zueinander hatten, so kann man „Finstere Sonne“ als eigentlichen Nachfolger der beiden Erfolgsalben „Tanz der Götter“ und „Verlorene Welt“ sehen. Gut dass die Jungs ihre Instrumente noch nicht an den Nagel gehängt haben. Ein absolut geiles Teil, dass ich jedem Progfan wärmstens ans Herz legen kann. Aber auch Freunde guter elektronischer Instrumentalmusik kommen voll auf ihre Kosten.

Stephan Schelle, Januar 2005

 
   

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