Filter-Kaffee - 106 Filter-Kaffee, das sind die beiden Berliner Elektronikmusiker Mario Schönwälder und Frank Rothe. Die Beiden haben im Februar 2024 ihr mittlerweile siebtes gemeinsames Album auf den Markt gebracht. Logischerweise haben sie es „106“ betitelt. Während sie sich auf dem Vorgänger „105“ aus dem Jahr 2021 noch einem Thema, nämlich Steinen, gewidmet hatten, sind es dieses Mal wieder verschiedene Themen, die sie musikalisch umgesetzt haben. |
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Den
Anfang macht das 6:54minütige „The Murky Shadow Kingdom Of Hades“ (eine
Anspielung auf den Tangerine Dream Titel „The Big Sleep In Search Of
Hades“ vom 1976’er „Stratosfear“-Album?). Musikalisch findet sich
allerdings - bis auf die Mellotronklänge - keine Verbindung zu dem Stück,
wohl aber ist eine musikalische Verwandtschaft zu Tangerine Dream
auszumachen. Mit mystischem Glockengeläut beginnt das Stück um dann in
einen sehr atmosphärischen Part mit Sequenzerrhythmus überzugehen. Das ist
perfekt gemacht und nimmt sofort gefangen, da sich die Harmonien in den Gehörgängen
einschmeicheln, während der Rhythmus pulsiert. Weiter
geht es mit dem 15:06minütigen „Den Tilltagande Stromen“, das mit etwas
düsteren Klängen beginnt, sich dann aber doch recht schnell in hellere
Atmosphären bewegt. Nach etwa einer Minute kommt eine sanfte Harmoniefolge
auf, die immer weiterentwickelt wird und mit Effekten versehen ist. Die
ersten fünfeinhalb Minuten schwebt das Stück förmlich dahin, bis ein
Sequenzerrhythmus sich herausschält, der den Track untermauert und spannend
hält. Weitere Sounds und Harmonielinien kommen nach etwas mehr als acht
Minuten hinzu und sorgen für ein hypnotisches Flair. Nach gut 10:45 Minuten
kommt dann noch ein sehr ungewöhnlicher und bisher nicht gehörter –
toller - Rhythmussound auf. Mit
8:15 Minuten Spielzeit ist „Im Nebel der zerfliessenden Zeit“ der zweitkürzeste
Track des Albums. Gestartet wird wieder mit recht mysteriösen Sounds, die
zunächst wie eine Fata Morgana wirken und so eine mögliche zerfließende
Zeit oder Zeitschleife gut musikalisch umsetzen. Es kommen flächige
Harmonien hinzu, ohne aber diese mysteriöse Stimmung aufzuheben. Ein Stück
in dem die Beiden Stimmungsbilder zeichnen. Mysteriös
startet dann auch das 15minütige „Kaltwasserhahn“, das erst nach 1:40
Minuten in einen herrlichen Part mit Sequenzerrhythmus und tollen Harmonien
und Synthchören, die wieder an Tangerine Dream der Endsiebziger/frühen
80’er Jahre erinnern, wechselt. Dabei bringen sie aber genug eigene
Handschrift in diesen Track mit ein. Hier haben sie sich als Gastmusiker den
Gitarristen Thomas „Tom“ Köhler hinzu geholt, der den Spirit von Edgar
Froese perfekt rüberbringt. Für mich das Highlight des Albums. Ein
treibendes Stück das die Herzen der Freunde Sequenzer orientierte Musik höher
schlagen lässt. Mit
dem 14:33minütigen „Die Weltmaschine“, das auf einer Maschine des Österreichers
Franz Gsellmann basiert, die er im Zeitraum 1958 und 1981 gebaut hat, geht
es dann weiter. Die Maschine besitzt zwar keine eigene Funktion ist, hat
aber ein Eigenleben und ist ein künstlerisches Objekt. Ein Bild der
Maschine ziert das Cover der CD. Die ersten Klänge des Stückes wirken wie
der Soundtrack zu einer mystischen Maschinerie. Erst nach gut vier Minuten
kommt dann in diese Klanggebilde langsam ein perlendes, rhythmisches
Element. Sobald dann noch ein weiterer Sequenzerrhythmus nach etwa fünfeinhalb
Minuten addiert wird, wird es wieder hypnotisch und harmonisch. Nach einigen
Momenten kommen Harmonien auf, die wieder sehr stark an frühe Tangerine
Dream erinnern. Diese Phase zieht sich bis kurz vor Ende hin, wo dann erneut
mystische Klänge aufkommen, die den Track beenden. Den
Abschluss bildet dann das 15:16minütige „The River Of Decision“. Der
Track startet mit echohaften Klängen und Mellotronsounds. Nach einigen
Momenten kommen Synthchöre auf und unterstützen die Klangmysterien der
ersten fünf Minuten. Dann startet ein fetter Sequenzerrhythmus, der die nächsten
sieben Minuten dominiert. Dies kombinieren sie unter anderem mit einem
weiteren, helleren Sequenzerrhythmus um dann nach einigen Momenten eine
Mellotronmelodiefolge hinzuzufügen. Auch dieser Track verströmt den Spirit
der „Berliner Schule“. Vor allem der fette Sequenzerrhythmus haut einen
förmlich um. Sanft klingt das Stück dann aus. Mit
„106“ bewegen sich Mario Schönwälder und Frank Rothe deutlich auf den
Spuren der „Berliner Schule“ und hier im Besonderen den 70’er/80’er
Jahren von Tangerine Dream. Freunde sequenzerorientierter Elektronikmusik
kommen dabei voll auf ihre Kosten. Stephan Schelle, März 2024 |
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