Eberhard Schoener – Bali-Agung
 

Eberhard Schoener – Bali-Agung
made in germany music (mig) (1975 / 2010)
(8 Stücke, 39:27 Minuten Spielzeit)

Das deutsche Label made in germany music (mig) hat sich den Backkatalog eines der innovativsten deutschen Dirigenten und Musiker vorgenommen. Die Rede ist von Eberhard Schoener, der in den 70’er Jahren durch seine Kombination aus Klassik, Rock, Elektronik und Weltmusik hervortrat und damit neue Wege beschritt. Ende Oktober 2010 erscheinen nun die ersten beiden Alben dieser Wiederveröffentlichungen in remasterter Form. Den Beginn macht das 1975’er Album „Bali-Agung“.

 


Der klassisch ausgebildete Violinist und Operndirigent Eberhard Schoener sucht und suchte immer neue musikalische Wege, was ihn unter anderem bereits 1968 zur elektronischen Musik brachte. Bereits in diesem Jahr richtete er in den Bavaria Studios ein Labor für elektronische Musik ein. Er brachte als erster deutscher Musiker ein Album mit Meditationsmusik heraus. Das war dann auch der Eintritt in einen neuen Musikkosmos, den er in den 70’ern mehrfach durchschritt.

Richtig kennen gelernt hatte Eberhard die indonesische Insel Bali durch den Schweizer Maler Theo Meier. Dieser stellte auch den Kontakt zu dem balinesischen Fürsten Agung Raka dar. Damit war ein Grundstein für die Zusammenarbeit zwischen asiatischen und europäischen Musikern gelegt. Schoener, der durch Agung Raka in die Gamelan-Musik eingeweiht wurde, war gleich von dieser – für westliche Ohren – ungewöhnlichen Musik angetan. Gamelan bezieht sich sowohl auf eine Musikrichtung als auch auf das verwendete Instrument. Die meisten Gamelan-Instrumente werden mit einem Hammer aus Holz oder Horn geschlagen. Sie bestehen hauptsächlich aus Metallophonen mit Klangplatten aus Bronze, Gongs und Trommeln. Je nach Stil kommen Flöten und Xylophon hinzu.

Im Jahr 1975 reiste Eberhard Schoener mit seinem Moog zusammen mit dem Schlagzeuger Pete York, der ebenfalls sein Instrument im Gepäck hatte, nach Bali, um gemeinsam mit dem Gamelanorchester von Saba Musik aufzunehmen. Das Ergebnis findet sich auf dem Album „Bali-Agung“ wieder. Die CD bietet das Originalalbum, das nun in remasterter Form vorliegt.

Nach dem recht elektronischen Opener „Tjandra“ ist der zweite Track „Rawana“ sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig, klingt er doch wie ein balinesischer Dialog mit Kriegsgeschrei von Eingeborenen, in dessen Hintergrund nur sehr sanft elektronische Sounds die Szenerie unterlegen. Da dies aber nur knapp drei Minuten dauert, ist es gut zu verschmerzen. Danach geht es mit Gamelanklängen im mehr als zehnminütigen „Nadi“ zunächst recht asiatisch zu. Ergänzt werden diese Klänge durch Akustikgitarre (gespielt von Siegfried Schwab) und elektronischen Sounds. Vor allem zum Ende hin wird dieser Track durch abgehackte Sequenzerrhythmen auf eine fesselnde Art hektisch. Ein faszinierendes Stück Musik.

Mit dieser Veröffentlichung gehörte Eberhard Schoener zu den Vorreitern der Weltmusik. In der Musik werden auf eindrucksvolle Weise elektronische Klänge und westliche Rhythmen mit den balinesischen Klangwelten verwoben, so dass etwas völlig Neues entsteht. Das ist meditative Musik, die ihrer Zeit weit voraus war und auch heute noch zeitlos klingt.

Der Veröffentlichung wurde noch eine DVD spendiert, in der ein Dokumentarfilm enthalten ist. Schoener hatte bei seinem 75’er Besuch in Bali einen Kameramann dabei, der diese Doku filmte. Daraus wurde ein Beitrag, den das Fernsehen seinerzeit ausstrahlte. Zwar ist der Aufnahme ihr Alter anzusehen, doch zeigt sie in faszinierender Art und Weise, wie zwei unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen und durch die Musik ein gemeinsames Verständnis entwickeln.

Die Wiederveröffentlichung von „Bali-Agung“ ist klanglich ausgesprochen gut gelungen, denn die Musik wirkt sehr transparent und dynamisch. Daneben ist der Dokumentarfilm „Bali Agung oder die andere Zeit“ ein sehr schönes Zeitdokument, das mit einfühlsamen Worten die Begegnung zwischen Asien und Europa schildert. Eine lohnenswerte Anschaffung für Freunde elektronsicher und Weltmusik gleichermaßen.

Stephan Schelle, Oktober 2010

 
   

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