Cygnotic Realm – Through The Gates Of Nocturnal Sleep
 

Cygnotic Realm – Through The Gates Of Nocturnal Sleep
Oscilllation (2010)
(9 Stücke, 70:34 Minuten Spielzeit)

Im Jahr 2008 per Myspace über das 2007’er Werk „Reflections From The Future“ von Cygnotic Realm, hinter dem sich der Münchner Markus Lindwurm verbirgt, gestoßen, traf kürzlich das neueste Werk des Elektronikmusikers bei mir ein. „Through The Gates Of Nocturnal Sleep“ nennt es sich. Das Albumkonzept umfasst die Thematik einer inneren Katharsis … und ’nocturn’ soll hier als weiterführende Symbolik der inneren Dunkelheit interpretiert sein. Es gibt viele Formen des Todes und Reiche dazwischen. Das Album begleitet die Phasen des Übergangs, der Metamorphose, die der Hörer auch immer für sich selbst interpretieren und reflektieren soll.

 


Markus Inspirationen liegen neben Bands aus dem Rockbereich auch in der traditionellen Elektronik. Zu nennen sind hier vor allem große Namen wie Jean-Michel Jarre, Kraftwerk, Klaus Schulze oder Tangerine Dream. Daneben nennt er aber auch den bekannten Regisseur und Musiker John Carpenter sowie Acts aus dem Psychedelic Trance wie Astral Projection, MFG, GMC und Shpongle als seine Bezugsquelle. War „Reflections From The Future“ noch recht spacig angelegt, so zeigt sich Markus auf dem neuen Werk eher rhythmisch.

Wer bei dem düsteren Thema nun ein düsteres Album erwartet, der liegt falsch. Los geht es mit dem fast fünfminütigen „Indigo Clouds“, das mit einem stampfenden Beat und herrlich flirrenden Synthies aufwartet. Eine eingängige Melodie folgt, die mich zum Beispiel auch an Jan Hammer, aber auch an andere Musiker der traditionellen Elektronikmusik erinnert.

Der zweite Track „Knight Moves“ hat mit seinen fast 13 Minuten Spielzeit dann schon Longtrack-Format. Hier wird zunächst der Rhythmus ausgeblendet und sanfte Harmoniebögen eröffnen das Stück. Aber schon nach nur 30 Sekunden stampfen die Rhythmussequenzen wieder aus den Boxen und eine Mischung aus traditioneller Elektronik, Electropop und Wave mit einem Schuss Industrial macht sich breit. Auch wenn das Stück stetig vorangetrieben wird, ist es mir doch eine Spur zu langatmig geraten. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Das neunminütige „East Of Eden“ hat wieder Rhythmusstrukturen auf denen sich das Stück ausbreitet. Hier kommen aber auch hymnisch  wirkenden Elemente hinzu. Da sich hier einige strukturelle Windungen ergeben, behält das Stück über die volle Länge die Spannung aufrecht. Das gefällt mir gut.

In „Through The Gates“ kippt die Stimmung und es wird dann doch etwas düsterer. Lorilee Chastain (englischer Text) und Stefanie Mendoni (deutscher Text) sowie Markus Lindwurm selbst sorgen mit ihren Texten für eine unwirkliche Stimmung. Mit diesem Stück rückt Cygnotic Realm in die Nähe der „Berliner Schule“. Sphärisch und experimentell (so als würde man durch eine Traum- oder Zwischenwelt wandeln) schließt sich „Nocturnal Sleep“ an, das den Rhythmus und das Flair vom vorangegangenen Stück aufnimmt und um pumpende Beats sowie einige Melodielinien ergänzt. Die drei Stimmen sind hier auch wieder zu hören.

„Cerebral Standby“ ist mit seinen elf Minuten wieder ein Longtrack. Das Stück wirkt ebenfalls düster und geheimnisvoll. Während es in der ersten Hälfte recht gemächlich voranschreitet, bietet es im zweiten Teil einen Rhythmus, der den Track damit anhebt. „Sublight Assimilated“ klingt nach experimentellem Electro-Wave mit einem Hauch von Industrial. Das ist mir aber auch zu langatmig ausgearbeitet. Besser und freundlicher geht es dann wieder in „Beyond The Light“ zu, das vor allem wieder recht melodiös erscheint. Das Album endet dann in dem Epilog „Heimkehr“, das wie eine Erzählung wirkt. Markus spricht einen Text, der auf Elektronikklanggebilden gelegt ist.

„Through The Gates Of Nocturnal Sleep“ hinterlässt bei mir eine zwiespältige Meinung. Teilweise zeigen sich gute Sounds und Stimmungsbilder, auf der anderen Seite sind einige Tracks für meine Begriffe zu langatmig ausgearbeitet worden, so dass die Konzentration verloren geht. Elektronikfreunde sollten vor dem Kauf die CD antesten.

Stephan Schelle, Februar 2011

 
   

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