Cosmic Ground - Live
 

Cosmic Ground - Live
Sunhair Music (2017)
(
4 Stücke, 77:51 Minuten Spielzeit)

Dirk Jan Müller ist nicht nur die Konstante bei der deutschen Band Electric Orange, sondern geht unter dem Namen Cosmic Ground auch seinen musikalischen Vorlieben im Alleingang nach. So sind bisher drei Studioalben entstanden, auf denen er auf den Spuren der „Berliner Schule“ wandelte und beste elektronische Musik herausgebracht hat. Das ist in der Szene nicht unbemerkt geblieben und so wurde er zum alljährlich stattfindenden niederländischen Elektronikfestival E-Live im Oktober 2016 eingeladen.

 

 


Von diesem Gig sowie seinem Auftritt beim 9. Psychedelic Network Festival, das im November 2016 im Cairo in Würzburg stattfand, wird im Sommer 2017 ein Mitschnitt veröffentlicht, der den schlichten Titel „Live“ trägt. Dirk Jan Müller beweist mit dieser Veröffentlichung, dass er in der Lage ist, seine Musik auch live perfekt umzusetzen. Unterstützung bekam er dabei von Horst „Sunhair“ Porkert.

Die CD mit den vier Stücken, die allesamt die 18-Minuten-Marke übersteigen, ist in einem Jewelcase verpackt und mit einem 16seitige Booklet ausgestattet, das zahlreiche Fotos von den beiden Gigs zeigt.

Stilistisch bewegt sich Cosmic Ground – wie schon auf den Studioalben – im Umfeld der „Berliner Schule“. Und auch seine Instrumente, wie die Sequenzerwand, die man im Booklet sehen kann, macht dies deutlich.

Die CD beginnt zu Beginn des ersten 20minütigen Stückes „Dark Enck“ mit der Ansage von Festivalveranstalter Ron Boots. Seine kurze Ansprache und der Zuschauerapplaus lassen sofort Liveastmopshäre aufkommen, die ansonsten bei Elektronikstücken, die live mitgeschnitten sind, nicht zu hören ist. Es zischt und zirpt zunächst aus den Boxen und Mellotron artige Klangfarben sowie leicht sakrale Klangmuster starten in den Track, der nach etwas mehr als zwei Minuten in einen Part mit pulsierenden Sequenzerrhythmen übergeht. Ab jetzt ist man im Klangkosmos der „Berliner Schule“ sowie in dem von britischen Acts wie Airsculpture, Redshift & Co. gefangen. Langsam entwickelt sich das Stück und treibt immer weiter einem imaginären Höhepunkt entgegen. Das ist Elektronikmusik mit hypnotischer Ausstrahlung von der feinsten Sorte. In der Mitte kommen dann auch noch einige düstere Passagen hinzu.

Dem Titel nach wurde „Cairo Grind“, der zweite Track auf der CD, in Würzburg mitgeschnitten. Dieser beginnt mit einigen düsteren Sounds, Cosmic Ground lassen aber nach gut zwei Minuten den Sequenzer seine Arbeit aufnehmen und spendieren ihm daneben einen Rhythmus der nach orientalischer Perkussion klingt. Diese Kombination aus ethnischen und elektronischen Rhythmusmustern machen dieses 19minütige Stück aus. Im weiteren Verlauf gesellen sich noch Harmonien und Arpeggios hinzu.

Die jeweils um die 19 Minuten langen „Unground I“ und „Unground II“ schließen sich dann an. Wo diese aufgenommen wurden ist dem Booklet nicht zu entnehmen. „Unground I“ zeigt sich in den ersten Minuten von einer düsteren und ruhigen Seite. Nach gut sechs Minuten kommen dann schwebende Klänge auf, in die man sich fallen lassen kann. Erst nach gut zehn Minuten starten dann die Sequenzer und es wird wieder rhythmischer wie zu Zeiten von Tangerine Dream in den 70’ern. Ab jetzt ist wieder das Drücken der „Berliner Schulbank“ angesagt. In den letzten Minuten wird es dann mit einigen schrägen Klangformationen ein wenig psychedelisch. In „Unground II“ mischen Cosmic Ground leicht düstere Klangfolgen mit hymnischen Sounds, wunderbar, sanft dahinziehenden Harmoniebögen und flirrenden Synthies. Eine hochgradig spannende Mischung.

Mit „Live“ beweist Dirk Jan Müller erneut sein Gespür für elektronische Musik im Stile der „Berliner Schule“ und zeigt, dass er diese Musik auch live hervorragend rüberbringen kann. Ein sehr schönes Album nicht nur für die Freunde der „Berliner Schule“.

Stephan Schelle, Juli 2017

 
   

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