Computerchemist – That Wich Prevails
 

Computerchemist – That Which Prevails
Eigenvertrieb / Bandcammp (2019)

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5 Stücke, 59:05 Minuten Spielzeit)

Im Februar 2020 erschien das neueste Album des in Ungarn lebenden Dave Pearson, der unter dem Namen Computerchemist seine elektronische Musik veröffentlicht. Das Werk trägt den Titel „That Which Prevails“. Dave spielt dabei Keyboards, Bass, Lead-Gitarrren, Sequencer und Schlagzeugprogrammierung. Daneben hat Zsolt Galántai im Titeltrack das Schlagzeug eingespielt. 

 

 


Bisher war mir Dave aka Compterchemist bzw. seine Musik nicht bewusst über den Weg gelaufen. Eigentlich unverständlich, veröffentlicht er doch seit Jahren hervorragende Musik über Bandcamp. „The Which Prevails“ ist bereits sein neuntes Soloalbum. Darüber hinaus ist er auch noch mit anderen Musikern Kollaborationen eingegangen. Eine davon, die CD „2911.“ vom Audio Cologne Project, bei dem er zusammen mit Uwe Cremer (Level Pi) gemeinsame Sache machte, habe ich bereits im Musikzirkus-Magazin besprochen. Jetzt also endlich ein Soloalbum von Dave Pearson zur Rezension.

Während die CD-Version fünf neue Stücke enthält, ist die Downloadversion noch um einige Boni erweitert. Das sind das Stück „The Pink Beams Of Light, He Said“ (ein Tribute an den Schriftsteller Philip K Dick), das bisher nur auf der Jack Hertz-Compilation „The Human Condition“ erschienen war, sowie zwei Remixe des Stückes „That Which Prevails“. Außerdem ist noch ein einstündiges Interview für die OWMR Radioshow „Atmospheres“ mit Bruce Gall dabei. Ich beschränke mich in der Rezension auf die CD-Version.

Fünf Stücke, mit einem gehörigen Flair der „Berliner Schule“ (hier vor allem Tangerine Dream) bietet Dave. Wenn man sich die Rückseite des Covers mit den Credits anschaut und sich darin Dave bei Tangerine Dream bedankt, dann ist das auch kein Wunder. Wer allerdings jetzt einen TD-Clone erwartet, der liegt falsch, denn Dave zitiert zwar seine Vorbilder, bietet aber genügend Substanz für einen eigenen Stil.

Den Anfang macht das 17:32minütige „The Circumstances Beyond One’s Control“. Flächige Sounds starten zunächst in den Opener, der nach wenigen Momenten mit einem Sequenzerrhythmus aufwartet und leichtes TD-Feeling erzeugt, ohne aber zu kopieren. Das Stück entwickelt sich langsam, indem Dave weiter Harmonien einbaut und nach etwas mehr als zwei Minuten noch einen Schlagzeugrhythmus hinzufügt, der sehr organisch klingt. Mit dem Schlagzeug kommt ein krautiges Element in seinen Sound. Ab ca. Minute Drei kommen dann Sounds auf, die nun sehr stark nach TD klingen, vor allem durch die Gitarrensounds. Das kennt man und doch macht Dave sein eigenes Ding daraus. Diese Elemente und Klänge behält er dann gut zwölf Minuten bei. Dann kommt ein Break mit bedrohlich klingenden Sounds, die in einen flotten, vom Sequenzer bestimmten Part übergehen. 

„Time Is A Great Healer (Parts III - IV)“ ist mit seinen 5:23 Minuten Spielzeit der Shorttrack des Albums. Herrliche Melodiebögen, die ganz im Stil der Endsiebziger-Phase von TD liegen, kommen nun zum Tragen. Dahinein platziert Dave ein sehr schönes E-Gitarren-Solo. Das klingt alles sehr verträumt. Eine wahre Elektronikballade.

Das Titelstück bringt es dann auf 14 Minuten Spielzeit. Die ersten Orgelklänge wirken wie aus den rockigen 70’er Jahren entliehen und ins Hier und Jetzt transformiert. Dazu gibt es akzentuierte Rhythmen von Zsolt Galántai am Schlagzeug. Nach und nach steigert sich der Rhythmus, unterlegt von elektronischen Sounds. Das wirkt wie Krautrock der frühen 70’er Jahre. Dieser Sound zieht sich hypnotisch und teils ekstatisch über die volle Länge hin.

Tangerine Dream hatten ja schon in den späten 60’er Jahren Kontakt zu Salvadore Dali. Der Titel „A Dali-esque Dreamer“ könnte eine Hommage daran sein, denn in der Tat kommen hier wieder sehr stark TD-Sounds und Melodien auf, die einem sofort bekannt vorkommen. Dieses Mal stammen sie aus der späten 70’er / frühen 80’er Phase. Diese Sounds kombiniert Dave dann mit einem treibendem Schlagzeugrhythmus sowie weiteren Beats, was das Stück zum einen vertraut aber andererseits auch neu erscheinen lässt. Ein tolles Stück mit einem gehörigen Groove.

Den Abschluss des Albums bildet dann das elfeinhalbminütige „The End Of Times“. Hier zeigt sich Dave mit einem eigenen Stil, der Flächen mit einem variationsreichen Sequenzerbeat vereint. Darauf setzt er dann einige Melodiebögen. Nach gut sieben Minuten transformiert sich der Track in ein treibendes Rockstück, denn Gitarre und Schlagzeug sind nun härter angelegt. Das passt aber ganz hervorragend.

„That Which Prevails“ ist ein tolles Elektronikalbum von Computerchemist aka Dave Pearson. Darauf verbindet Dave elektronische Musik mit Rockmusik, die streckenweise an die 70’er Jahre angelehnt ist.

Stephan Schelle, September 2020

 
   

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