Colin Rayment – Equiblibrium
 

Colin Rayment – Equiblibrium
SynGate Records (2022)

(5 Stücke, 50:33 Minuten Spielzeit)

In 2022 veröffentlichte der britische Elektronikmusiker Colin Rayment sein neuestes Album unter dem Titel „Equilibrium“. Das Album brachte ihm bei der Schallwelle-Preisverleihung 2023 eine Nominierung, die schließlich zu einem fünften Platz in der Rubrik „Bestes Album international“ führte. In der Kategorie „Eigener Weg“ konnte er bei der Preisverleihung sogar einen zweiten Platz belegen. Das zeugt von der Qualität der Musik des sympathischen Musikers, der bei der Preisverleihung viele neue Fans bekam.

 

 


Das SynGate-Label gibt zum Thema des Albums folgende Hinweise: Wo ist die Linie zwischen Realität und Unbewusstem? Bist Du immer in der Lage, zu erkennen, wo die Linie zwischen bewusster Wachheit und dem Übergang zum Traum ist? Manchmal ist diese feine Linie unmöglich auszumachen, der Übergang dazwischen fein ausbalanciert, „hypnagog“. Könnte dies das perfekte Gleichgewicht sein?

Fünf Stücke mit Laufzeiten von 6:39 bis 15:18 Minuten Spielzeit enthält die CDR, die im Jewelcase auf dem SynGate Unterlabel Wave erschienen ist. Das Erste was bei dieser Produktion aber ins Auge sticht, ist das tolle Layout/Foto des Covers, das sich damit von vielen Produktionen hervorhebt.

Das Album beginnt mit dem längsten Track, dem 15:18minütigen „Phases Of Equilibrium“. Schwebende Synthflächen geleiten in diesen Track, der nach wenigen Momenten einige Sitar ähnliche Klänge mit Streichersounds verbindet. Dann kommt ein leicht pulsierender Rhythmus auf und bietet einen Track, der sich in Richtung „Berliner Schule“ bewegt. Herrliche Flächen und Harmonien breiten sich so, unterlegt von rhythmischen Elementen, vor den Ohren der Hörer aus. Im weiteren Verlauf fügt Colin dann auch noch einige etwas härtere Klänge hinzu, die nach einer E-Gitarre klingen. Das hat etwas Hypnotisches. Einige Klangfolgen wirken dabei abstrakt und doch sehr harmonisch und wohltuend. Colin variiert in diesem Longtrack die Dynamik und es wechseln sich rhythmische mit sehr ruhigen, fast schon ambienten Passagen im Mittelteil ab. Im letzten Drittel kommen dann wieder die rhythmischen Elemente des Anfangs zum Tragen. Damit hat er einen recht monumental wirkenden Track an den Anfang gestellt.

Als nächstes folgt dann das 9:47minütige „Composure In A Dreamlike State“. Der Beginn ist zunächst sehr spacig gehalten. Flötenartige Klänge und recht düster wirkende Sounds wechseln sich in der ersten Minute ab. Danach startet ein Sequenzerrhythmus und nach weiteren Momenten kommen helle, fast schon flirrende Sounds und danach ein druckvoller Beat hinzu. Das Stück entwickelt sich langsam weiter und addiert weitere Sounds und Harmoniefolgen hinzu. Das klingt sehr mystisch und betörend und nimmt die Hörer in andere Welten mit.

„Motion In A Sensory Plane“ kommt auf eine Spielzeit von 8:28 Minuten und beginnt mit teils wabernden Klängen und Flächen, die wie eine Fata Morgana in der Wüste flimmern. Nach einigen Momenten kommen wieder rhythmische Muster auf und ein perlender Synthiesound bestimmt nun das Bild, während sich flirrende Rhythmen und einige basslastige, langgezogene Flächen darunterlegen. Auch hier nutzt Colin wieder -E-Gitarrensounds, die dem Ganzen die besondere Note verpassen. Das Stück entwickelt so eine ganz besondere Strahlkraft.

Mit 6:39 Minuten Spielzeit ist „Counterbalance“ das kürzeste Stück des Albums. In den ersten Momenten sind surrealistische Klangformationen zu hören, die von flächigen Sounds nach ca. einer Minute abgelöst werden. Ab Minute 1:40 wird es dann spannender, denn Colin startet nun den Sequenzerrhythmus, der an- und abschwillt. Es entsteht nun eine recht spacige Atmosphäre, die durch einen Rhythmus aus dem Drumcomputer und einer sehr eingängigen Harmoniefolge ergänzt wird. Ein Stück wie für einen Weltraumtrip gemacht.

Der Schlusstitel „Calmness In Symmetry“ bringt es dann nochmal auf 10:22 Minuten Länge. Mit sanften, fiebrigen Klängen startet Colin in dieses Stück. Nach etwas mehr als drei Minuten kommen unterkühlte Sounds hinzu, die jetzt eine eigenartige Stimmung erzeugen. Ab Minute 4:30 entwickelt sich das Ganze dann aber heller und eine Melodielinie zeichnet sich heraus und verbindet sich mit perlenden Klangmustern. Auch dieses Stück baut Colin langsam auf und fügt immer mehr Klänge, Rhythmen und Harmonien zusammen. Das ist hochgradig spannend inszeniert und steigert von Minute zu Minute die Dynamik.

Mit „Equilibrium“ ist Colin Rayment ein wunderbares Elektronikalbum gelungen, das die gute Platzierung bei der Schallwelle-Preisverleihung bestätigt. Die Stücke haben einen hohen Spannungsbogen und trotz einiger Annäherungen an die „Berliner Schule“ doch reichlich frische Klänge, Harmonien und Rhythmen zu bieten.

Stephan Schelle, März 2023

 
   

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