Christian Fiesel - Follow Me South
 

Christian Fiesel - Follow Me South
Cyclical Dreams (2021)

(
9 Stücke, 72:19 Minuten Spielzeit)

Vor nicht mal einem Monat ist das Album „Searching For The Donkey“ von The Sperrgut Brothers erscheinen, eine Kollaboration von Christian Fiesel und Hagen von Bergen, da erscheint auch schon das nächste Solowerk von Christian Fiesel. Es trägt den Titel „Follow Me South“ und enthält neun Stücke mit Laufzeiten von 2:31 bis 24:09 Minuten Spielzeit. Allerdings gehen die Stücke nahtlos ineinander über, so dass ein mehr als 70minütiger Longtrack entstanden ist. Das Werk ist über den folgenden Bandcamp-Link zu bekommen: https://cyclicaldreams.bandcamp/album/follow-me-south-cyd-0021

 

 


Christian sagt selbst zum Album: Das Album ist wie gewohnt düster und trägt fast schon sakrale Züge. Es wurde im Jahr 2018 in einer für den Musiker persönlich schwierigen und zehrenden Zeit konzipiert und eingespielt. Es handelt von nicht weniger als dem Weg durch die eigene Hölle und die Untiefen des eigenen Fühlens. „Follow Me South“ - hier nicht im Sinne von „Folgen Sie mir in den Süden“ sondern im Sinne „Folgen Sie mir hinab (in den eigenen Abgrund)“. Eine Art Soundtrack zum eigenen Niedergang. Es gibt viele klangliche Referenzen zu den frühen Werken der „Berliner Schule“ wie z. B. dem Tangerine Dream-Album „Phaedra“ oder „Atem“, aber auch klassischen Neutönern wie György Ligetis „Atmospheres“.

Ganz so düster wie es die Erläuterungen von Christian Fiesel darstellen ist das Werk dann doch nicht geworden und der Hörer/die Hörerin müssen nicht befürchten nach dem Album in Suizidgedanken zu verfallen.

Mit dem 5:46minütigen „Melting Ice“ startet Christian Fiesel in seinen persönlichen „Niedergang“ mit Klangmalereien, die eine eigentümliche aber nicht bedrohliche Atmosphäre verströmen. Alles wirkt wie in einem Fiebertraum. Dem folgt dann das 6:12minütige „Gliding Not Sliding“ mit einfühlsamen Mellotron-Sounds und Flächen, was in seiner Gesamtheit an die „Berliner Schule“ erinnert und recht harmonisch wirkt. Flatternde und zirpende Sounds verzieren diesen Track und heben den melodischen Part aus der Komfortzone.

Sakrale Synthiechöre, die nach einer Orgel klingen, und angenehme Harmonien bestimmen dann das Bild im 6:28minütigen „Follow Me North“. Hier durchziehen aber erneut einige darüber gelegte Klänge die Harmonien. Chöre kommen dann im 2:31minütigen „If You Need To Know“ auf, was den sakralen Charakter unterstreicht. Das endet dann in einer vom Piano bestimmten Szenerie, die dann auch gleich in das nächste Stück, das 24:09minütige „The Earth After“ überleitet. Pianotupfer und harmonische Flächen werden miteinander verbunden während sich im Hintergrund leicht rhythmische Elemente bewegen. Nach vier Minuten ändert sich dann die Atmosphäre und es kommen neue Sounds und eine Melodielinie auf, in die sich dann wieder Orgel artige Sounds mischen. Das wirkt teilweise recht hymnisch. Nach gut acht Minuten wechselt das Ganze dann in einen pulsierenden Rhythmus, der durch den Sequenzer erzeugt wird. Dies ist aber nur eine kurze Überleitung zur nächsten, ruhigen Passage, die den Rest des Stückes - nur gelegentlich von weiteren Sounds unterbrochen - bestimmt.

Surreale Klänge kommen dann im 5:27minütigen „To The Dance“ auf, das  im weiteren Verlauf neben flächigen Sounds auch pulsierende Rhythmusmuster zeigt. Im letzten Drittel schweben die sich nur leicht verändernden Klänge dann durch den Raum. Diese ruhige Stimmung nimmt dann das fünfminütige „Last Exit To Heaven“ auf, in dem die Klangmotive durch den Raum schweben. Das 9:31minütige Stück „Fingers“ bietet dann leicht verstörende Klangmuster während das abschließende, siebenminütige „Singing A Song At The Bonfire“ ruhig dahin ziehende Flächen bietet, auf die dann wiederum einige flatternde Sounds - wie Fremdkörper - gelegt wurden.

Klanglich hat kein Geringerer als Joachim Heinz „Eroc“ Ehrig (ex-Grobschnitt, Solomusiker und der Master-Experte Deutschlands) das Album gemastert. Das bedeutet eine Produktion auf höchstem Niveau.

Bei den Werken von Christian Fiesel sucht man vergebens nach Melodien, vielmehr legt der Musiker Wert auf Stimmungsbilder, die er mit seinem elektronischen Instrumentarium kreiert. Auf „Follow Me South“ finden sich die gewohnt düsteren Klänge, die aber ein ums andere Mal auch durch sehr schöne Passagen aufgehellt werden. Diese erinnern beispielsweise an die Frühwerke von Tangerine Dream.

Stephan Schelle, März 2021

 
   

CD-Kritiken-Menue